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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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seinen Sitz einnahm. Sämtliche anderen anwesenden Lords beobachteten ihn, sobald er saß und unter mühsamen Atemzügen ins Leere starrte. Allmählich flößte ihre stumme Unterstützung ihm neue Kräfte ein. Der heiße Schimmer in seinen Augen erlosch, und er vermochte allem Anschein nach nun die Gesichter ringsum zu erkennen. »War dir Erfolg beschieden?« erkundigte sich Elena leise. »Kannst du das Krill herausziehen?«
    Nein. Mhorams Lippen formten das Wort, erzeugten jedoch keinen Laut.
    »Teurer Mhoram«, meinte sie mit einem Aufseufzen, »du mußt mehr auf dich selbst achten. Der Verächter gedenkt uns zu bekriegen. Für den drohenden Krieg bedürfen wir deiner unverminderten Kraft.«
    In all seiner Mattigkeit lächelte Mhoram sein verzerrtes, so menschliches Lächeln. Aber er schwieg. Bevor Covenant genug Entschlossenheit aufbrachte, Mhoram zu fragen, was es mit dem Krill auf sich habe, öffnete man den Haupteingang der Klause, und Streitmark Troy eilte die Treppe herab zur Tafel. Ihm folgte Schwertmark Quaan. Während Troy gegenüber Covenant Platz nahm, gesellte sich Quaan zu Morin, Tohrm und Borillar. Anscheinend waren Troy und Quaan aus dem Kreis des Kriegsheers gerufen worden. Sie hatten sich nicht die Zeit genommen, um ihre Schwerter abzulegen, und als sie sich setzten, klatschten deren Scheiden dumpf auf den Stein. Sobald sie saßen, kam Hoch-Lord Elena zur Sache. Sie sprach leise, aber ihre Stimme verbreitete sich tadellos klar durch die ganze Klause. »Wir haben uns auf so unvermutete Weise zusammengefunden, weil ein Fremder zu uns gekommen ist. Crowl, der Fremde steht unter deiner Aufsicht. Berichte uns von ihm.«
    Crowl war einer der Bluthüter. Er erhob sich von seinem Platz in der Nähe der breiten Treppe der Klause und trat vor den Hoch-Lord, um gleichmütig seinen Bericht vorzutragen. »Er durchdrang unsere Wache. Vor kurzer Zeit stand er plötzlich vorm Tor Schwelgensteins. Kein Späher oder Wächter bemerkte seine Annäherung. Er fragte nach den Lords. Auf unsere Auskunft entgegnete er, der Hoch-Lord wünsche ihn zu sprechen. Er ist anders als andere Menschen. Aber er trägt keine Waffen und sinnt nicht auf Übel. Deshalb entschieden wir, ihm Zutritt zu gewähren. Er harrt seiner Vorlassung.«
    »Warum haben die Späher und Wächter versagt?« wollte Lord Verement mit einer Stimme wissen, die klang wie das Krächzen eines Falken.
    »Der Fremde war unseren Augen verborgen«, antwortete Crowl ungerührt. »Unsere Wachen haben nicht versagt.« Sein unveränderlicher Tonfall wirkte wie eine Klarstellung dessen, daß die Wachsamkeit der Bluthüter außer Frage stehe.
    »Das ist tröstlich anzuhören«, erwiderte Verement. »Vielleicht erreicht eines Tages des Verächters gesamtes Heer ungesehen unsere Tore, und wir schlummern noch, derweil Schwelgenstein fällt.«
    Man merkte ihm an, daß er dazu noch mehr zu äußern beabsichtigte, aber Elena griff nachdrücklich ein. »Bringt den Fremden nunmehr herein.«
    Der Bluthüter oben auf dem Treppenabsatz schwang die hohen hölzernen Flügel des Portals auf. »Kommt dieser Fremde auf deinen Wunsch?« fragte Lord Amatin beim Hoch-Lord nach.
    »Nein. Nun allerdings wünsche ich in der Tat mit ihm zu sprechen.«
    Covenant sah zwei weitere Bluthüter die Klause betreten, den Fremden in ihrer Mitte. Er war von schlankem Wuchs und schlicht in ein Gewand von kremiger Färbung gekleidet; seine Bewegungen fielen beschwingt und lässig aus. Obwohl er nahezu Covenants Körpergröße besaß, wirkte er dafür viel zu jung. In der Art, wie sein lockiges Haar hüpfte, während er die Treppe herabstieg, tanzte ein Eindruck jungenhaften Gelächters mit, als amüsierten ihn die gegen ihn getroffenen Vorsichtsmaßnahmen. Covenant dagegen amüsierte sich keineswegs. Dank der neuen Dimension seiner Wahrnehmung erkannte er, warum Crowl behauptet hatte, der Junge sei ›anders als andere Menschen‹. In dem jungen, putzmunteren Fleisch staken Knochen, die Altheit auszustrahlen schienen – kein Alter; sie waren nicht krumm oder lahm, nicht morsch – aber die reinsten Fossilien. Sein Skelett zeichnete sich so eigenartig durch diese Altheit aus, diese Aura einer langen Zeitspanne, als wäre er selbst bloß fürs Gebein das Gefäß. Er existierte nicht trotzdem, sondern durch das Skelett. Sein Anblick verblüffte Covenant und verwirrte seine Wahrnehmungen, so daß seine Augen durch widersprüchliche Eindrücke von Gefahr und Glorie schmerzten, während er sich um ein

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