Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
absolute Gewißheit in Bannors Stimme nicht unverzüglich auf. Erst als er dem Bluthüter aus dem Speisesaal und erneut durch die Hohlräume Schwelgensteins folgte, spürte er irgendein Extra in der Verneinung, irgend etwas, das Bannors normale Selbstsicherheit sogar noch überschritt. Das ›Nein‹ hatte Bannors Schritten geähnelt; auf gewisse Weise war es gespannter gewesen. Covenant konnte sich dafür keinen Grund ausmalen. »Was ist so wichtig an diesem Fremden?« Er zwang sich zu dieser Frage, während sie eine breite Wendeltreppe hinunterstiegen, die durch mehrere Ebenen der Herrenhöh verlief. »Was weißt du über ihn?«
Bannor überhörte die Frage. Als sie die Klause betraten, waren Hoch-Lord Elena, Lord Verement und vier andere Lords bereits eingetroffen. Der Hoch-Lord saß an seinem Platz am Ende der C-förmigen Tafel, den Stab des Gesetzes vor sich auf der steinernen Platte. Rechts davon saßen zunächst zwei Männer, dann zwei Frauen. Links von Elena saß nach zwei leeren Plätzen Lord Verement. Hinter den Lords hockten in der ersten Reihe der Galerie acht Bluthüter; im Rücken des Hoch-Lords hatten Blutmark Morin sowie die Herdwarte Tohrm und Borillar ihre Plätze eingenommen. Ansonsten allerdings war die Klause leer. Erwartungsvolle Gedämpftheit herrschte in der Ratskammer. Für einen Moment rechnete Covenant damit, Elena werde den Kriegsausbruch verkünden. Bannor geleitete Covenant zum Steintisch der Lords, zu einem Sitz zwei Plätze neben Lord Verement. Der Zweifler ließ sich auf dem steinernen Sessel nieder, rieb sich die frischen Stoppeln des geplanten Barts, als erwarte er vom Großrat, er wisse, was sie bedeuten sollten. Die Blicke der Lords ruhten auf ihm und bereiteten ihm Unbehagen. Er fühlte sich auf sonderbare Weise dadurch beschämt, daß seine Fingerspitzen die Struppigkeit seiner Wangen ertasten konnten. »Ur-Lord Covenant«, sagte der Hoch-Lord nach einem Augenblick des Schweigens, »derweil wir auf Lord Mhoram und Streitmark Troy harren, sollten wir gebührlich die Vorstellung nachholen. Wir haben in der Güte unserer Gastfreundlichkeit nachgelassen. Erlaube, daß ich dir jene im Großrat bekannt mache, die du noch nicht kennst.« Covenant nickte, froh um jede Abwechslung, die ihn von dieser Ballung von Blicken befreite. Elena begann zu ihrer Linken. »Hier sitzt Lord Verement, Gemahl Shetras, die du bereits gesehen hast.« Verement betrachtete mit finsterer Miene seine Hände und sah Covenant nicht an. Elena wandte sich nach rechts. Der Mann neben ihr war ein breitgewachsener Hüne; er besaß eine ausgeprägte Stirn und einen aufmerksamen, von einem kernigen blonden Bart umrahmten Blick. Seine Miene zeugte von tiefverwurzelter Freundlichkeit. »Hier siehst du Lord Callindrill, Faers Gemahl. Seine Gemahlin Faer ist eine der herausragendsten Meisterinnen der Kunst der Suru-pa-maerl .« Lord Callindrill lächelte Covenant halb scheu zu und neigte den Kopf. »Zu seiner Seite«, machte der Hoch-Lord weiter, »sitzen die Lords Trevor und Loerja.« Lord Trevor war ein dünner Mann mit unsicherem Gebaren, als sei er nicht so recht davon überzeugt, an die Tafelrunde der Lords zu gehören, Lord Loerja dagegen, seine Frau, erweckte einen soliden, mütterlichen Eindruck, war sich ihrer Machtausübung voll bewußt. »Sie haben drei Töchter, die unser aller Herzen erfreuen.« Beide Lords lächelten, aber während Trevors Lächeln sowohl Überraschung wie auch Stolz widerspiegelte, lächelte Loerja in stillem Selbstvertrauen. »Dahinter erblickst du Lord Amatin, Matins Tochter«, beschloß Elena die Runde. »Erst vor einem Jahr bestand sie an der Schule der Lehre die Prüfungen des Schwert- und Stabwissens und fand Aufnahme in den Großrat. Nun wirkt sie in den Schulen Schwelgensteins. Sie lehrt die Kinder.« Lord Amatin neigte anmutig das Haupt, eine zierliche, ernsthafte Person mit haselnußbraunen Augen, aus denen sie Covenant musterte wie ein Studienobjekt. Nach kurzer Kunstpause erging sich der Hoch-Lord in einer zeremoniell verbrämten offiziellen Begrüßung des Zweiflers auf der Herrenhöh, unterbrach den Ritus aber sofort, als Lord Mhoram in die Klause kam. Er betrat sie durch eine der nichtöffentlichen Pforten hinterm Tisch der Lords. Seine Schritte verrieten Ermüdung, und in seinen Augen stand fiebrige Konzentration, als habe er die ganze Nacht hindurch mit der Dunkelheit gerungen. In seiner Erschöpfung brauchte er seinen Stab, um sich zu stützen, als er links von Elena
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