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Der siebte Kristall

Der siebte Kristall

Titel: Der siebte Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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irgendwo jenseits der Düsternis sicheres Gelände zu erreichen. Bevor sie noch in der Luft waren, würde der Sturm sie in den Schlamm stoßen.
    Selbst das verzweifelte Unterfangen, wenigstens Mythor vom Wehrturm zu holen, erschien ihr nun tollkühn und vermessen. Sie erblickte ihn auf dem Turm, neben ihm der Wälse und die Rohnenfrau mit ihren Kindern. Agon winkte zum Zeichen, daß auch sie gesehen worden war. Doch den Drachen genau dort hinunterzubringen, verlangte mehr als menschliche Kraft und Geschicklichkeit.
    Tertish zerrte an den Steuerseilen. Der Sturm schmetterte die Gondel gegen die Drachenflügel, Luftlöcher entstanden und ließen sie wieder fallen, dem braunen Tod entgegen. Für einen schrecklichen Augenblick sah Tertish, wie sich rings um Carlumen ein riesiges Maul auftat, ein Höllenschlund.
    Sie verscheuchte das Trugbild. Der Drachen flatterte jetzt fast über dem Turm, doch viel zu hoch. Tertish hörte Mythor rufen.
    Und plötzlich schien etwas in ihr zu sein, das ihr eingab, wie sie dem Wüten des Sturmes gebieten und jede neue Bö für sich ausnützen konnte. Mit einem mal war sie der Drachen, spürte die Gräten des Gerüsts und die Seile wie ihre eigenen Glieder. Und sie war auch der Sturm, ahnte jeden seiner Hiebe voraus und wußte, wie sie sie zu beantworten hatte.
    Die Amazone vollbrachte Übermenschliches. Mehr als einmal sah sie sich dicht über dem Morast, streckten sich ihr gierige Auswüchse entgegen. Doch sie fiel nicht. Sie rief die Winde herbei und lenkte sie allein mit der Kraft ihres Willens. Irgendwann griffen Agons Hände nach den herabhängenden Stricken und legten sie um eine Zinne. Mythor kämpfte um jeden Zoll freien Bodens, obgleich seine Beine ihn nicht mehr tragen wollten. Doch um ihn herum war ein weißes Licht. Tertish sah es zwar, reihte es jedoch in die Reihe der unwirklichen Bilder aus einer Traumwelt ein, in die sie geraten war. Die Lichtgötter selbst schienen hier einzugreifen und jene Kräfte zu bannen, die die Mächte der Finsternis gegen Carlumen schickten. Auch der Sturm legte sich in dem Augenblick, da Mythor als letzter in die Gondel kletterte. Vorher hatte er eines der Rohnenkinder nach dem anderen ihrer Mutter hinaufgereicht. Im Korb brach er zusammen.
    Agon griff anstelle von Tertish in die Seile. Das Steuern des Drachens nun in den lauen Winden bedeutete keinerlei Schwierigkeit mehr. Die Dunkelmächte schenkten ihm keine weitere Beachtung und schienen dafür die Schlammungeheuer zu noch größerer Raserei anzuspornen.
    Einige begannen sich aus dem Ozean zu lösen und schoben sich wie riesige Quallen an Carlumen hinauf. Dort aber nahmen nun die Rohnen den Kampf auf, mit brennenden Fackeln bewaffnet. Sie kämpften Seite an Seite mit den Kriegern:
    »Sie sind von Scham erfüllt«, sagte Agon. »Was der falsche Mythor ihnen antat, ließ sie den Glauben an ihre Retter verlieren. Was der echte Mythor auf sich nahm, um eine Frau und ihre beiden Kinder dem sicheren Tod zu entreißen, mag ihnen den Glauben an sich selbst zurückgegeben haben.«
    »Auch wenn wir alle zusammenstehen«, brachte der Sohn des Kometen unter Mühen hervor, »können wir diesen Kampf nicht gewinnen.«
    Es war um so bitterer, als sich seine verzweifelte Hoffnung zwar erfüllt hatte, Shaya möge zu seinen Gunsten eingreifen. Daß ihr Licht und damit die Kraft nun aber wieder aus ihm gewichen war, war ein deutliches Zeichen dafür, daß sie ihre Grenzen kannte.
    Doch als die Gondel bei den Gefährten aufsetzte und helfende Hände sich Mythor entgegenstreckten, hörte er noch einmal ihre lautlose Stimme:
    Haltet aus! Hilfe ist bereits auf dem Weg, auch wenn es an euch ist, aus Feinden Freunde zu machen! Woher sie kommen, dort wartet der siebte Kristall auf dich, Mythor! Und nur wenn du ihn gewinnst, erlangst du auch die beiden zurück, die dein Schatten dir nahm!
*
    Carlumen sank nicht mehr weiter. Auf immer engerem Raum drängten sich die Gestrandeten zusammen. Auf einer vom Bug bis zum Heck reichenden Linie wurde gegen die vorrückenden Schlammquallen erbittert gekämpft. Mythor sah einige Krieger den Wurzelstock mit dem Trieb verteidigen. Er fragte sich, ob es ein Zufall war, daß Carlumen zur anderen Seite hin eingesunken war.
    Er kam zu neuen Kräften und schickte sich bereits an, in den Kampf einzugreifen. Tertish war auch schon wieder bei den Kriegern. Sie schwieg über das, was sie erlebt hatte, wenn auch wohl aus anderen Gründen als er.
    »Bleib!« flehte Fronja ihn an. »Willst du

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