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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wegtrugen.
    »Was?« flüsterte Dirk kaum laut genug, daß der alte Mann es hören konnte.
    »Sie sind scharf auf Metall«, sagte der alte Mann leise mit einem wissenden Nicken. »Schau dir ihre Rüstungen und Waffen an.«
    Das tat Dirk, und da fiel es ihm auf. An keinem Tsurani konnte man Sonnenlicht auf Metall funkeln sehen. Ihre Rüstungen und Waffen schienen allesamt aus geschickt bearbeiteten und lackierten Tierhäuten oder aus Holz zu bestehen, aber nirgendwo waren Schnallen, Klingen oder Spangen aus Metall zu sehen. Von den kreuzweise verschnürten Sandalen bis hin zu den großen, schimmernden Helmen schienen die Tsurani keinerlei Metallgegenstände zu besitzen.
    »Was bedeutet das?« flüsterte Dirk.
    »Ich weiß nicht, aber ich bin sicher, wir werden es herausfinden«, antwortete der alte Mann.
    Die Tsurani setzten ihre Bestandsaufnahme von Lord Pauls Haushalt fast bis zum Sonnenuntergang fort, dann befahl man allen, ihre persönlichen Habseligkeiten zusammenzusuchen und in die Scheune oder Küche zu gehen, da die Tsurani die Unterkünfte des Gesindes bewohnen würden. Daß der Tsuranioffizier beschloß, im selben Gebäude wie seine Männer zu bleiben, und Paul und seine Tochter allein in dem großen Haus wohnen ließ, fand Dirk verwirrend.
    Es war nur das erste von vielen Vorkommnissen, die Dirk im Lauf des folgenden Jahres verwirrend finden sollte.
     
    Alex lag mit einem zur Fratze des Schmerzes verzerrten Gesicht zusammengekrümmt da, während Hamish brüllte: »Steh nicht auf!«
    Der Tsuranisoldat, der ihn in den Bauch geschlagen hatte, stand über ihm, die Hand keinen Zoll vom Schwertgriff entfernt. Alex stöhnte wieder, und wieder brüllte Hamish den jungen Mann an, daß er liegenbleiben sollte.
    Dirk stand in der Nähe der Scheune, die Diener im Umkreis schauten ängstlich zu und rechneten jeden Moment mit dem Schlimmsten. Die Tsurani hatten sich in den zwei Monaten seit ihrer Ankunft in Weißbergen als strenge, aber gerechte Besatzer entpuppt, doch hin und wieder kam es zu einem Bruch der Etikette oder einer Ehrverletzung, die die Bewohner von Weißbergen überraschte, häufig mit blutigen Konsequenzen. Ein alter Bauer namens Samuel hatte sich vor einem Monat mit dem vergorenen Saft von Maiskolben betrunken und nach einem Tsurani geschlagen, der ihm befohlen hatte, wieder in sein Haus zu gehen. Samuel war vor den Augen seiner entsetzten Frau und der Kinder besinnungslos geschlagen und aufgehängt worden.
    Alex stöhnte weiter, gehorchte aber Hamishs Befehl, bis der Tsuranisoldat überzeugt schien, daß er sich nicht mehr bewegen würde. Der Soldat sagte etwas in seiner fremden Sprache, spuckte verächtlich auf den Arbeiter, drehte sich um und ging weg.
    Hamish zögerte einen Moment; dann liefen er und Dirk hin, um Alex auf die Füße zu helfen. »Was ist passiert?« fragte Dirk.
    »Ich weiß nicht«, sagte Alex. »Ich hab den Mann nur angesehen.«
    »Es lag daran, wie du ihn angesehen hast«, sagte Hamish. »Du hast ihn angegrinst. Wenn du mich so angesehen hättest, hätte ich nicht anders reagiert.« Der vierschrötige alte Soldat untersuchte Alex. »Ich hatte diese grinsenden Jungs auch satt, als ich in der Armee war, und hab selbst ein paar niedergeschlagen, bevor ich pensioniert wurde. Zeig diesen Mördern ein wenig Respekt, Junge, sonst hängen sie dich auf, nur weil sie es können und gerade ein langweiliger Tag ist.«
    Alex rieb sich die Seite und sagte: »Das werde ich nicht noch mal machen, kannst du mir glauben.«
    »Solltest du auch besser nicht«, sagte Hamish. Der alte Soldat winkte Drugen herüber, seinen Stellvertreter. »Sag allen, daß die Dreckskerle empfindlich zu sein scheinen. Muß etwas mit dem Krieg zu tun haben. Die Jungs sollen darauf achten, daß sie höflich bleiben und tun, was ihnen gesagt wird.«
    Drugen nickte und entfernte sich. Hamish untersuchte Alex noch einmal, dann sagte er: »Fort mit dir. Du wirst es überleben.«
    Dirk half Alex einige Schritte weit. Dann schien der Mann wieder fest auf den Füßen zu stehen, und Dirk ließ seinen Arm los. »Sie scheinen auf Grüße aller Art nicht gut zu sprechen zu sein«, sagte Dirk.
    »Ich glaube, sie haben es gern, daß man die Augen niederschlägt, oder so.«
    Dirk sagte nichts. Er hatte in Gegenwart der Tsurani meistens Angst und sah sie schon aus dem Grund nicht an. Wahrscheinlich, überlegte er, war das eine kluge Entscheidung gewesen.
    »Kannst du das Holz nehmen?« fragte Alex.
    »Klar«, sagte Dirk, bevor ihm klar

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