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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wurde zum Gären beiseite gestellt, und um die Küche herum roch es unablässig würzig nach warmem Kuchen.
    Dirk hatte sich daran gewöhnt, Holz zu den Tsurani zu schleppen, und war nun dafür verantwortlich, daß alle Holzkisten auf dem Anwesen gefüllt waren, während Alex fast ausschließlich sägte. Alle nannten ihn nur noch »Holzjunge«, und nicht mehr bei seinem Namen.
    Dirk füllte auch den Holzstoß auf, und die ständige Arbeit machte seine Schultern breiter und ließ seine Muskeln von Woche zu Woche wachsen. Er konnte jetzt soviel heben wie die älteren Jungs und einige der Männer.
    Er stellte fest, daß sein Arbeitspensum stieg, als die Nächte kühler wurden, denn nun mußte er auch mithelfen, für den kommenden Winter zu planen. Die Schafspferche waren repariert. Die Herde mußte in der Nähe gehalten werden, da hungrige Raubtiere von den Bergen herunterkommen würden, um zu jagen. Auch die Kühe und Rinder würden von den Hochweiden heruntergetrieben werden müssen.
    Zäune mußten ausgebessert werden, der Wurzelkeller und das Kühlhaus bestückt. Die Winter in den Vorgebirgen von Yabon kamen schnell, und der Schnee lag nach dem ersten Fall meistens schon hoch und blieb bis zum Tauwetter im Frühling liegen.
    Dirk arbeitete hart und genoß die wenigen Augenblicke, die er erübrigen konnte, um sich zu entspannen, mit den älteren Jungs und den Burschen zu scherzen und mit Litia zu reden, einer alten Frau, die einst für Geflügel und Lämmer verantwortlich gewesen war. Sie war freundlich zu dem linkischen Jungen und erzählte ihm Geschichten, die ihm helfen konnten, die Welt zu verstehen, die sich täglich um ihn herum zu verändern schien.
    Dirk sah sich mit der Erkenntnis konfrontiert, daß seine Alternativen sich inzwischen auf herzlich wenige beschränkten. Vor der Ankunft der Tsurani hatte er die Chance gehabt, Hirte oder Bauer zu werden und vielleicht ein Mädchen kennenzulernen und an der Grenze von Lord Pauls Besitz eine Familie zu gründen, Land zu besitzen und einen Teil der Ernte zu bekommen. Oder er hätte die kleine Summe sparen können, die ihm über Kost und Logis hinaus gewährt wurde, um eines Tages den Versuch zu wagen, ein eigenes Gewerbe zu gründen; er kannte die Grundregeln der Steinbearbeitung und hätte vielleicht einen Maurer bezahlen können, damit er ihn als Lehrling nahm.
    Aber nun fürchtete er, dazu verdammt zu sein, bis an sein Lebensende Diener zu bleiben. Ein Lohn über Kost und Logis hinaus wurde nicht mehr bezahlt; die Tsurani hatten Lord Paul seinen gesamten Reichtum genommen - auch wenn das Gerücht ging, daß er zwei Drittel davon vor den Tsurani in Sicherheit gebracht hatte. Aber selbst wenn die Gerüchte stimmten, würde er das Risiko gehängt zu werden, nicht eingehen, nur um einem kleinen Dienerjungen den überfälligen Lohn zu bezahlen.
    Und es gab keine Mädchen in seinem Alter auf dem Anwesen, abgesehen von Lord Pauls Tochter.
    Das Mittwinterfest diente dazu, Mädchen aus der Stadt oder von den umliegenden Landgütern kennenzulernen, aber die Tsurani hatten Reisen zum Mittsommerfest verboten, und Dirk bezweifelte, daß sie es sich bis zum Winterfest anders überlegen würden. Lord Pauls Haushalt hatte Banapis am Mittsommertag allein gefeiert, ohne große Begeisterung, weil Essen und Trinken so schlecht und sie von der Außenwelt abgeschnitten waren.
    Wenigstens, dachte Dirk, würde der Mittwintertag ein wenig lebhafter werden, da sie einen großen Vorrat an Apfelwein angelegt hatten. Aber als er sich überlegte, wie mürrisch sein Vater werden konnte, wenn er getrunken hatte, fragte sich Dirk, ob das gut war. Hamish konnte sich im tiefen Winter in eine schwarze und blinde Wut hinein trinken, das war bekannt.
    Er verdrängte sein eigenes Elend, stürzte sich auf die Arbeiten, die der Tag bereithielt, und wurde vom ganzen Haushalt als schwer arbeitender, aber unscheinbarer Junge angesehen.
     
    Das Fest war ein blasser Abklatsch des vorangegangenen.
    Traditionell richteten es die Städte aus, und alle, die auf den benachbarten Landgütern wohnten, kamen zu den Festlichkeiten. Ein Bewohner der Stadt wurde auserkoren, die Rolle des Alten Wintermanns zu spielen, der auf einem von Wölfen gezogenen Schlitten in die Stadt kam, wobei die Wölfe normalerweise durch eine kunterbunte Schar von Hunden dargestellt wurden, was häufig zu komischen Verwicklungen führte. Er gab den Kindern Süßigkeiten, und die Erwachsenen tauschten kleine Geschenke aus. Danach aßen

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