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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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auf, zerrte Ärmel heraus, Säume, Aufschläge. Der leichte Kapuzenmantel, den sie noch im vergangenen Jahr manchmal getragen hatte, blassblau - ja, er würde gehen. Sie zog ihn hastig über. Er reichte nicht weit genug hinunter, mehr als eine Handbreit Kleid sah hervor; aber sie würde in dieser Eile nichts Besseres finden, und die Taschen waren groß genug, um die Spieluhr darin unterzubringen. Während sie noch mit den Ärmeln kämpfte, hörte sie, wie die Musik von draußen um eine Winzigkeit leiser wurde. Warte, bat sie stumm. Warte. Ich komme. Warte auf mich.
     
    Es war eine Qual, die Bodentreppe schrittchenweise hinunterzuschleichen, bei jedem Knacken, jedem Knarren anhalten zu müssen, zu lauschen mit zusammengepressten Lippen. Als sie es endlich bis zur Bodentür geschafft hatte, hörte sie das Stubenmädchen Frieda irgendwo dahinter vor sich hin summen - Frieda, die immer noch im Kinderzimmer mit den Kleidern auf sie wartete! Einen Moment überlegte sie fieberhaft, ob sie es fertigbringen würde, hinüberzugehen, sich umkleiden zu lassen, ganz so, als wäre nichts vorgefallen - nichts vorgefallen! Aber sie wusste nur zu gut, es war unmöglich. Und es würde auch zu lange dauern, viel zu lange. Frieda war eine gute Anziehhilfe, aber sie brauchte immer endlos mit den Schnüren und Knöpfen, selbst bei einem jungen Mädchen. Unmöglich. Sie musste hinunter, so schnell wie sie nur konnte. Sonst würde der
Drehorgelmann fort sein, er würde die Melodie in seiner Orgel mit sich genommen haben, und sie würde niemals, niemals erfahren, was es war, das er ihr sagen wollte - was es bedeutete, dass er sie spielte, diese, ausgerechnet diese Melodie!
    Der Gedanke war ihr unerträglich. Der Mantel musste reichen, um das Kleid zu verdecken, wenn jemand sie sah. Und nachher konnte sie es vielleicht unbemerkt hinaufbringen, sagen, dass sie die Zeit vertrödelt hatte, wie so oft …
    Sie öffnete die Bodentür so leise wie möglich. Niemand war zu sehen; das Summen kam tatsächlich aus der Richtung ihres Kinderzimmers. Auf den Spitzen ihrer Stiefel schlich Mina den Flur entlang. Das harte Leder kniff ihr in die Zehen, aber sie gab keinen Laut von sich und hielt keinen Augenblick an, bis sie die Treppe zum Erdgeschoss erreicht hatte. Aber auch von unten hörte sie Stimmen.
    Sie biss sich auf die Lippen, weil sie sonst aufgeschrien hätte vor wütender Ungeduld. Waren die Eltern immer noch mit dem Gast im Speisezimmer? Sie strengte die Ohren an, bis sie das Gefühl hatte, dass sie ihr aus dem Kopf herauswüchsen. War es denn nicht längst Zeit für die beiden Männer, ins Herrenzimmer nach hinten zu gehen, während die Mutter sich mit dem Riechsalz auf ihr Sofa legte? Aber es waren eindeutig mehrere Stimmen. Mina blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
    Sie ging wenigstens drei Stufen auf Zehenspitzen hinunter und hockte sich dann hin, dicht an das Geländer geschmiegt. So sah man sie kaum von oben, und von unten war sie hinter den breiten Geländerstäben ebenfalls nicht zu erkennen. Etwas in ihr erinnerte sich fröstelnd; es war nicht das erste Mal, dass sie so an dieser Stelle saß. Mit
Mühe gelang es ihr, die dunklen Bilder wieder zu vertreiben, bevor die Wolke sich noch einmal auf sie senken konnte. Warte, bat Mina noch einmal eindringlich. Warte, bitte, warte auf mich.
    Die Minuten verstrichen, unwiederbringlich, eine nach der anderen.
    Endlich wurden die Stimmen leiser. Türen klappten, und sie hörte Schritte, Mamsells harte Keilabsätze und das leise Patschen von bloßen Küchenmädchensohlen. Geschirr klirrte; der Esstisch wurde abgeräumt, während die Herrschaften sich in die hinteren Zimmer zurückzogen, zu Portwein oder zu Riechsalz. Es dauerte nicht lange, dann verstummten auch die Schritte, und unten im Haus klackte die Tür zur Küche ins Schloss. Unter Mamsells strengen Augen würden die Küchenmädchen die nächste Stunde damit beschäftigt sein, den Abwasch zu besorgen.
    Mina wartete zur Sicherheit noch ein paar Minuten, obwohl alles in ihr danach schrie, sofort loszulaufen. Erst als es ganz still geworden war, richtete sie sich vorsichtig auf und ging weiter nach unten, Stufe für Stufe, Schritt für Schritt.
    Im Flur quietschten die glatten Fliesen leise unter ihren Sohlen. Die Vordertür lockte, der direkte Weg auf den Hof; aber das alte Holz ihrer Flügel knarrte viel zu laut, und unten gingen die Küchenfenster zur Freitreppe hinaus. Gegen das Drängen und Ziehen in ihrer Brust wandte sie sich

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