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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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sie dir nicht, hörst du, was ich sage?«
    Mina starrte noch immer. Auf dem riesigen Kopf funkelte und blitzte etwas. Heller noch als der goldene Leib, so hell, dass es Mina fast blendete. Es bildete eine Form, hoch und mit vielen kleinen Spitzen; unmöglich, sie genauer anzusehen, weil die große Schlange keinen Moment still hielt. Und was war es, das sie eben gesagt hatte?
    Meine Krone …?

    Konnte das denn möglich sein? Eine Schlange mit einer Krone - ein Schlangenkönig wie in den Märchen?
    Sie sah der Schlange in die dunklen Augen, ohne nachzudenken, ohne es zu wollen. Etwas in ihr zuckte zurück, als der starre Blick in ihren tauchte; aber es war die Schlange, die wirklich nach hinten ruckte.
    Das Erstaunen war wie ein langer, tiefer Atemzug: Die große Schlange fürchtete sich vor ihr.
    »Nein, nein!« Sie zischelte so heftig, dass Mina die Worte kaum noch verstand. »Lass sie mir! Die verfluchten Spinnen haben mich geschröpft, für jeden Tautropfen, den sie mir fingen und brachten und verwebten, musste ich ihnen zehn Schuppen versprechen! Nein, wag es nicht, sie anzurühren!«
    Die Angst in Mina versickerte langsam. Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück.
    Verwirrt wand der Schlangenkönig sich hin und her.
    »Was soll das?«, fragte er, und seine Stimme bebte dabei ein wenig. »Was für eine Teufelei heckst du jetzt aus? Willst du wohl noch Verstärkung holen, wie die anderen schrecklichen Menschen, die da hinten nur darauf warten?«
    Er senkte den Kopf und schaute von unten, von der Seite her zu ihr auf. Seine Augen wurden schmal.
    »Ich könnte«, zischelte er, »ich könnte … nur, wenn du es nicht tust, natürlich … Wenn du sie nicht rufst und mich in Ruhe lässt … Es gibt so viele Schätze auf der Welt, nicht wahr? Ich könnte dir den Weg zu einem anderen sagen. Einem, der viel, viel besser ist als meine Krone.«
    Es war etwas Listiges in der Art, wie seine Augen sich in ihren Höhlen verbargen, darin, wie er den Kopf so schief hielt und sie unentwegt musterte. Aber er schien so voller
echter Sorge; und die rote Blume wiegte sich immer noch so leicht und sorglos neben dem Stein …
    Mina nickte, obwohl sie sich nicht ganz sicher war bei dem, was sie tat.
    Der Schlangenkönig bewegte aufgeregt den Kopf.
    »Ja, ja, das ist ein gutes Geschäft, nicht wahr? Und es ist nicht einmal sehr weit von hier, nicht weit … Wirst du es denn auch versprechen? Versprechen, mich nicht anzurühren, wenn ich es dir sage?«
    Wieder nickte Mina, aber zögernd diesmal. Ihre stumme Zunge lag wie ein Stück Holz in ihrem Mund.
    Der Schlangenkönig entrollte den schillernden Leib, ein Stück weit, bis die Schwanzspitze zum Vorschein kam. Sie pendelte in der Luft vor und zurück.
    »Dann wollen wir es so vereinbaren.«
    Die Schwanzspitze bewegte sich auf Mina zu, vorsichtig, zitternd.
    Sie tat das Einzige, was ihr einfallen wollte, und streckte beide Hände aus, die Handflächen nach oben gekehrt. Der Schlangenkönig öffnete beide Augen weit.
    »Mir scheint«, sagte er, und unter dem Zischen schwang so etwas wie Verwunderung, »du bist ein ehrliches Menschenmädchen.«
    Dann berührte der Schlangenschwanz ihre rechte Handfläche. Die Schuppen waren glatt wie Seide auf Minas Haut, sonnenwarm und trocken. Es war nur ein kurzer Moment, schnell wie ein Wimpernschlag. Und wieder rührte sich etwas in ihr, so schwach, dass sie den Gedanken kaum wahrnahm, bevor er schon wieder verflog:
    Ich wusste, dass er sich so anfühlen würde. Ich kenne das - Schlangenhaut … Nur, woher kenne ich es?

    »Gut«, sagte der Schlangenkönig, »wir haben ein Geschäft gemacht, du und ich. Und ich will auch meinen Teil halten. Wenn du links von unserer Wiese in den Wald zurückgehst, findest du einen alten Weg, oder zumindest die Reste von einem. Folge ihm, wenn du kannst, und du wirst deinen Schatz finden, Menschenmädchen.«
    Er blinzelte; die Tautropfenkrone auf seinem Kopf glitzerte, als er sich langsam wieder auf den Stein zurücksinken ließ.
    »Geh«, zischte er, »geh nur, geh. Finde deinen Schatz, aber nicht hier, nicht hier!«
    Neben ihm fuhr ein Windhauch durch die kleine rote Blume; sie neigte sich schwach, einmal zur einen, einmal zur anderen Seite. Dann stand sie wieder still.
    Zögernd machte Mina einen Schritt rückwärts, und dann noch einen. Die kleinen Wächterschlangen kamen ihr nicht nach.

    Die Tater folgten Mina. Es war wie eine stumme Absprache. Pipa verzog den Mund, Viorel runzelte verblüfft die schrägen Brauen;

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