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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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Mina. Und träum den wunderbarsten Traum, den du dir vorstellen kannst.«
    Als sie gegangen war, um sich zwischen Nad und Zinni auf dem Moos auszustrecken, musste Mina überlegen, bevor sie verstand, was sie gemeint hatte. Dann zog sie ihr Bündel zu sich heran und öffnete es. Das Buch der Tante schmiegte sich in ihre Hand, kaum dass sie sie hineingesteckt hatte.
    Mina betrachtete den Einband. Im schwachen Licht der Lampe schienen die geschwungenen Buchstaben sich zu bewegen, als ob das Buch atmete. Selam. Es klang immer noch so rätselhaft, obwohl sie jetzt wusste, was es bedeutete. Blumensprache. Die Sprache der Blumen.
    Mina streckte sich aus und legte das Buch so, dass möglichst viel Licht darauffiel. Dann schlug sie es auf und stützte das Kinn in die Hand.
     
    »Liebes Fräulein«, sagte eine schnurrende Stimme, und etwas kitzelte Minas Wange. »Liegen Sie denn so wirklich bequem? Eine seltsame Haltung zum Schlafen, wie mir scheint. Und eine noch seltsamere, um darin aufzuwachen.«
    Hellgrünes, zartes Licht um sie her. Mina blinzelte. Tausendschön stand neben ihr im Moos, so nah, dass sie die vielfarbigen Sprenkel in seinen schimmernden Katzenaugen sehen konnte. Mühselig und steif richtete sie sich auf.

    »Sehen Sie? So ist es doch besser. Nicht so hart, möchte ich meinen. Was die Menschen immer glauben, für die sogenannte Bildung tun zu müssen …«
    Sie hatte auf dem Buch geschlafen. Aufgeschlagen lag es da, eine Seite zerdrückt, aber nicht zerrissen. Als sie die Hand an die Wange hob, fühlte sie die ungewöhnliche, tiefe Falte, die die Kante des Einbandes hineingedrückt hatte.
    »Nun ja«, sagte Tausendschön und musterte sie. »Vielleicht ist es gut, wenn Sie sich frühzeitig daran gewöhnen. Dann sind Sie nicht so unglücklich, wenn später das ganze Gesicht so aussieht.«
    Sein Schwanz wischte ihr über die Stirn, als er davonstolzierte. Mina kicherte und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    »Hast du das ganze Buch gelesen?« Zinni hockte sich hin und sah sie staunend an. »In einer Nacht?«
    Mina schüttelte den Kopf und zeigte es ihm mit dem Finger zwischen den Seiten. Etwa zur Hälfte hatte sie es geschafft. Und es war die seltsamste Lektüre gewesen. Irgendwo in ihrem Kopf schwirrten sie immer noch durcheinander: heiße Liebesschwüre, in Schleierkraut und Nelken gebunden. Frostige Ablehnung, zwischen Rosen versteckt. Stolzer Mut, in schlanke Blätter gehüllt. Freude, Trauer. Unentschlossenheit. Ein Wörterbuch, das Wörter nicht brauchte.
    Obwohl sie nicht mehr als ein paar Stunden geschlafen haben konnte, fühlte sie sich übermütig und leicht. Warum versuchte sie es nicht?
    Sie sah sich suchend zwischen den Bäumen um. Es wuchsen nicht viele Blumen im Wald, da waren nur die kleinen roten, die jetzt am Morgen so treu funkelten wie zuvor am
Abend. Aber an einem der Stämme duckte sich ein schmales Büschel Queckengras. Mina deutete darauf, dann auf das Buch, dann auf sich. Noch einmal. Dann sah sie Zinni erwartungsvoll an. Seine dunklen Augen rundeten sich in Verständnislosigkeit.
    »Es ist schön, Mina«, rief Lilja herüber, »dass du Beharrlichkeit zeigen und das Buch weiterlesen willst, aber vielleicht doch lieber erst nach dem Frühstück?«
    Mina schickte ihr ein strahlendes, erleichtertes Lächeln.
    »Was redet ihr?«, fragte Zinni und stupste sie an. »Mina, ist das ein Geheimnis? Ich will es auch wissen!«
    »Dann«, sagte Lilja und schüttelte das Tischtuch auf, »ist es kein Geheimnis mehr, mein Augenstern.«
    Sie zwinkerte Mina zu.
     
    Vielleicht war es am Nachmittag, als Mina merkte, wie die Bäume sich langsam lichteten. Nach dem Frühstück waren sie den Blumen gefolgt, wie am Tag zuvor, und der Wald hatte sie mit seinen sanften Wundern umgeben, wie er es vorher getan hatte. Es war nicht so, als ob die Bäume spärlicher wuchsen; sie schienen leicht zur Seite zu rücken, jeder ein kleines Stück, und Mina sah, dass sich vor ihnen so etwas wie eine Wiese erstreckte. Dort, wo das erste hohe Gras begann, stand eine rote Blume. Dahinter konnte sie keine erkennen.
    »Langsam«, sagte Nad, und die Tater hielten an. »Behutsam, nicht draufloslaufen. Eine warme, sonnige Wiese mitten im Wald. Man kann nicht wissen, was sich zwischen den Gräsern rekelt.«
    Mina fühlte einen kleinen Schauder. Sie legte die Hände
über die Augen und versuchte, etwas zu erkennen. Aber das Gras wuchs dicht wie eine Decke.
    »Flache Steine, dort drüben«, sagte Viorel, und Mina zuckte leicht

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