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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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die Männerstimme wieder, und sie erkannte, woher sie kam.
    »Sie vermuten es nur«, sagte der Vater im Esszimmer. »Sie haben keine Beweise. Es gibt keine Anzeichen …«
    Jemand lachte verhalten. »Keine Anzeichen? Mein lieber Herr Ranzau!« Es war die Stimme des Doktors. Sie klang freundlich, angenehm wie immer. Aber eine Spannung lag darin, ein Unterton, der Mina fremd berührte; fremd wie die kleine, kurzlebige Falte auf seiner Stirn. »Das Mädchen verbringt ganze Tage auf diesem Dachboden, ich habe es heute selbst gesehen! Es ist so weltvergessen, dass es nicht einmal wahrnimmt, wenn das ganze Haus nach ihm sucht, um den Besuch zu begrüßen! Halten Sie das für normales Benehmen?«
    Kälte kroch von den Fliesen empor. Mina spürte, wie sie sich die Hand auf den Mund legte, ohne zu wissen, warum. Die Augen des Katers ließen sie nicht los.
    »Nun, wenn Sie es so sehen wollen…«Im Speisezimmer seufzte der Vater. Etwas knarrte, eine Stuhllehne vielleicht. Einen Augenblick herrschte Stille.
    »Mein bester Herr.« Der Doktor sprach ganz ruhig. »Ich bin mir bewusst, was diese Erkenntnis für Sie bedeuten muss. Es ist ja auch noch nichts gesagt, nichts entschieden. Aber die Anzeichen - die Anzeichen sind da, klar und deutlich. Wir können sie nicht ignorieren und hoffen, dass sie von selbst verschwinden. Das ist bereits einmal fehlgeschlagen.«
    »Ich verstehe Sie durchaus«, sagte der Vater. »Und Sie
wissen, dass ich Ihre … Befürchtungen grundsätzlich teile, Doktor Rädin. Es ist nur … vor allem für meine Frau … Wissen Sie, wir hatten so gehofft …«
    Minas Beine wurden langsam taub. Ihr Atem strich über ihre Handfläche, zitternd und lautlos; aber da war etwas anderes in der Luft, ein leiser, beständiger Ton. Etwas so Schmerzliches, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb.
    Die Mutter weinte.
    Etwas in Mina erschrak, schon zum zweiten Mal an diesem Tag. Die Mutter weinte! Leise, herzzerreißend.
    »Meine Kleinen«, schluchzte die Mutter. »Meine armen, armen Kleinen …«
    Verständnislos starrte Mina die Tür an.
    Im Speisezimmer wurden Stühle gerückt, und schwerer Stoff raschelte. Mina wusste so genau, als ob sie es sehen könnte, dass der Vater aufgestanden war und sich hinter Mutters Stuhl gestellt hatte, ganz nah, ohne sie zu berühren.
    »Ich weiß, liebe Gnädige Frau, ich weiß.« So sanft, die Stimme des Doktors. So sanft und so kühl. »Es ist schwer, ich weiß. Aber man muss daran denken, was das Beste ist. Nicht nur für … sie . Auch für die kleine Wilhelmina, seinerzeit.«
    »Ja«, sagte der Vater tonlos. »Wir mussten das Beste tun. Damals. Wir mussten Wilhelmina schützen. Wenn ich nur daran denke - diese schreckliche Geschichte mit der Schlange …«
    Mina blinzelte verwirrt, aber sie kam nicht dazu, irgendeinen Gedanken zu fassen.
    »Sie haben gesagt, es geht ihnen nicht gut!« Es war beinahe ein Schrei, den die Mutter ausstieß, nur schwächer.
»Und sie sind schon so lange … Und Sie lassen uns nicht mehr zu ihnen! Wie kann es das Beste sein?«
    »Meine Liebe«, sagte der Vater hilflos, »aber du weißt es doch - wie sie sich aufführten die letzten Male … diese … diese Anfälle, diese Tobsucht …« Ein Schaudern brachte seine Stimme zum Zittern.
    »Diese Dinge brauchen Zeit. Viel Zeit.« Die freundliche Stimme des Doktors ließ Gänsehaut über Minas Arme kriechen. »Und manchmal ist der Versuch zu helfen alles, was möglich ist. Man muss die Bemühungen eben fortsetzen, immer weiter fortsetzen, und die Hoffnung nicht aufgeben. Und dann gibt es Phasen, die besser sind, und Phasen, die auf den ersten Blick nicht ermutigend scheinen. Aber sie gehen vorbei, Gnädigste. Sie gehen immer wieder vorbei. Und sie sind stark. Sie sind immer noch stark genug, um weiterzukämpfen, glauben Sie mir.«
    »Aber nicht Mina! Nicht Mina!« Jetzt schrie die Mutter wirklich. »Sie ist ein Mädchen, sie ist zart! Und sie ist nur … ein wenig verträumt, ein wenig weltfremd! Das sind viele in ihrem Alter! Und sie war so viel krank als Kind, Sie wissen das, Doktor. Allein, so oft, mit den Büchern und den Bildern … Sie ist nicht … sie ist nicht verrückt ! Ich weiß es! Ich weiß es!«
     
    Niemals in ihrem Leben hatte Mina ihre Mutter schreien hören. Niemals hatte sie auch nur die Stimme erhoben, selbst dann nicht, als Frieda die kostbare Tänzerin aus hauchzartem Porzellan beim Abstauben in tausend Scherben zerbrach. Tränen sprangen Mina in die Augen, zitterten erschreckt an

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