Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
Sicherheit überfallen würde. Er war müde und seine Erschöpfung wurde durch die Nachwirkungen des Wasserspinnengifts noch verstärkt. Er hörte bei dem Gespräch zwischen Crow und dem Koch nicht zu, bis Crow ihn rief.
„Tal! Komm her und hör dir das an.“
Tal stieß sich von dem Tisch ab, an dem er lehnte, und ging zu ihnen hinüber. Über ihm glitt Adras an der Decke entlang.
„Erzähl ihm, was du mir gesagt hast“, bat Crow den Koch.
Der Untervölkler verbeugte sich nervös. Er wusste nicht genau, was er von Crow halten sollte. Auch bei Tal war er sich trotz des Sonnensteins und des Geistschattens nicht sicher.
„Wie es Euch beliebt, Ihr Meister…“
„Nenn uns nicht Meister!“, unterbrach Tal ihn.
Der Koch neigte noch ein paar Mal den Kopf und räusperte sich.
„Ja, Me… – wie Ihr wünscht. Der Audienzsaal und der Imperiale Thron werden nicht benutzt. Sie wurden von Ihrer Hoheit seit Jahren nicht mehr benutzt. Eigentlich hat sie ihn niemals betreten, wie mir auch meine Eltern schon erzählten.“
„Aber er muss doch von Zeit zu Zeit gereinigt werden“, sagte Crow. „Alles wird geputzt.“
Der Koch schüttelte den Kopf.
„Nein, nein. Die Türen können nur von der Imperatorin geöffnet werden. Während der Zeit meines Vaters, unter dem alten Imperator, waren die Türen immer offen und ich bin mir sicher, dass wir den Raum gründlich gereinigt haben. Er wird nicht vernachlässigt, Meister, sicher nicht. Ich bin mir sicher, dass die Reiniger glücklich, ja höchst erfreut wären, den Audienzsaal wieder einmal reinigen zu dürfen.“
„Kannst du uns zeigen, wo die Türen des Audienzsaals sind?“, fragte Tal. „Können wir durch Untervolk-Gänge dorthin kommen?“
„Ich bin hier eingeteilt“, sagte der Koch nervös und warf einen schnellen Blick auf die anderen Untervölkler, die an den Feuerstellen und Tischen arbeiteten. „Ich kann hier nicht weg. Aber ich könnte Euch einen unserer Kellner mitschicken, wenn es Euch Meistern beliebt.“
„Hör mit diesem ,Meister und wenn es Euch beliebt’-Gerede auf“, sagte Crow. Etwas von seiner alten Wut war wieder zurückgekehrt. „Du wirst bald frei sein. Die Eiscarls haben das Schloss gestürmt und werden siegen. Die Erwählten verlieren.“
Der Koch begann bei Crows Worten zu zittern und gab keine Antwort. Die Verwirrung war in seinen Augen deutlich zu sehen. Er hatte sein Leben lang nur eine Welt kennen gelernt und konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich verändern würde.
„Ein Kellner wäre gut“, sagte Tal freundlich. „Wenn er den Weg kennt.“
Der Koch neigte wieder den Kopf und eilte davon. Er rief einen Namen.
„Ich hoffe, die Tür ist noch immer geschlossen“, sagte Tal.
„Weshalb?“, fragte Crow. „Wie sollen wir denn hineinkommen?“
„Ich hatte vergessen, dass die Imperatorin niemals den Violetten Schlüsselstein hatte“, erklärte Tal. „Mercur – der alte Imperator, den sie abgesetzt hat – schaffte es, mit dem Stein zu fliehen. Er starb in den Heiztunnels. So kamen Milla und ich an den Stein, den Ebbitt in zwei Teile spaltete.“
„Und?“
„Ich wette, man braucht den Violetten Schlüsselstein, um die Türen zum Audienzsaal zu öffnen und in den Violetten Turm zu kommen. Deshalb ist die Tür seit Mercurs Zeiten geschlossen. Wenn sie jetzt offen steht, bedeutet das, dass Sushin meine Hälfte des Steines, die er mir gestohlen hat, bereits benutzt hat.“
Crow nickte nachdenklich.
„Was machen wir, wenn wir Sushin in die Arme laufen?“, fragte er. „Ich meine, falls er noch immer da ist.“
„Wir müssen mit allem auf ihn schießen, was wir haben“, sagte Tal. „Du kannst doch einen Roten Strahl der Zerstörung machen, oder nicht?“
„Ja“, gab Crow zu. Er war zwar ein Untervölkler, hatte aber einmal einen Sonnenstein gestohlen und war insgeheim von Ebbitt und dem Lektor Jarnil ausgebildet worden.
„Dann benutz ihn“, sagte Tal. „Es gibt noch einen anderen Zauber, den ich gegen ihn anwenden würde, wenn ich es schaffe. Die Violette Diskontinuität.“
„Was bewirkt sie?“
„Sie löst alles auf, was sie berührt“, gab Tal grimmig zurück. „Ich wünschte nur, ich hätte mir zugetraut, es vorher einmal an ihm zu probieren.“
Der Koch kam durch die Küche zurück. Er wich den Arbeitern aus, die zwischen Herd und Arbeitstisch hin und her gingen, Ofentüren öffneten oder Messer wetzten. Ein kleiner Untervolk-Junge, nicht älter als sechs oder sieben Jahre, lief hinter
Weitere Kostenlose Bücher