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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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vor Verlangen, grub meine Finger in seine Schultern und schmeckte mit meiner Zunge seine Haut. Auch er erbebte unter meinen Liebkosungen. Schließlich löste er sich von mir, richtete sich auf und strich mir über die Haare, die sich über die Kissen gebreitet hatten.
    »Ich kann nicht länger warten!«, sagte er.
    »Ich genauso wenig.«
    Er war ein völlig Fremder für mich, er hätte ein gewalttätiger Lustmörder sein können, ein Perverser, und doch hatte ich noch nie einem Mann so vertraut wie ihm. Und noch nie hatte ich bei dem Akt der Vereinigung eine solche Hingabe gespürt wie bei ihm. Es war nicht ungestüm, es war keine Raserei, es war nicht die gewaltige zuckende Eruption der Gefühle. Ich fühlte
mich lediglich wie geschmolzenes Wachs, heiß, weich, aufgelöst aus jeglicher Form.
    Er lag halb auf, halb neben mir auf dem Bauch, behutsam hatte er vermieden, meinen linken Arm zu berühren. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Schulter, bis sich sein Atem nach und nach beruhigt hatte.
    Endlich drehte er sich um, stützte sich auf und betrachtete mich. Sein Gesicht war klar, entspannt, liebevoll.
    »Wer bist du?«
    »Hast du keinen Namen für mich, Valerius?«
    »Es ist seltsam … Mein Körper erinnert sich, und es scheint, dass auch mein Herz sich erinnert. Aber mein Verstand?« Er schüttelte den Kopf, als sollte ihm das irgendwie helfen, die Mosaiksteinchen zu einem Muster zusammenzuwürfeln. »Und doch, mir will ein Name nicht aus dem Sinn.«
    »Valerius?«
    »Es ist … Heißt du Anna oder so ähnlich?«
    Ich schloss die Augen und mir war, als müsste ich noch tiefer in die Kissen sinken.
    »Anna - einstmals Annik, heute werde ich meistens Anita gerufen. Aber mein Vater nannte mich Anahita.«
    »Anahita. Die Mondgöttin. Ana.«
    So wie er meinen Namen aussprach, hörte es sich unendlich zärtlich an. Nur ganz wenige Menschen hatten mich je Ana genannt.
    Langsam öffnete ich die Augen.
    »Das wissen nicht viele.«
    »Nein, das glaube ich dir. Solltest du nicht blond sein?«
    »Soll ich sie färben?«
    »Um Himmels willen nein.«
    Er langte über mich hinweg und zog die Decke über mich. Er selbst stand auf und ging zur Tür. Die Nachmittagssonne
warf schon lange Schatten, und im Zimmer war es dämmerig geworden. Trotzdem konnte ich sehen, dass er lange, kräftige Glieder hatte. Er mochte zwar Mitte vierzig sein, aber er hatte eine hervorragende Figur. Als er kurz darauf zurückkam, hatte er wieder die Weingläser in der Hand.
    »Weiß, für dich. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Und nun erzähl mir, wann und wo wir uns getroffen haben.«
    »Du wirst vermutlich den Notarzt rufen, wenn ich dir das sage.«
    »Vielleicht, aber vorher würde ich gerne unter diese Decke kommen.«
    Ich stellte mein Glas ab und rückte zur Seite. Ich legte mich so, dass mein Kopf in seiner Schulterbeuge ruhte. Dann nahm ich meinen Mut zusammen.
    »Wir trafen uns hier, vor ungefähr eintausendneunhundert Jahren.«
    Schweigen.
    Schließlich sagte er: »Das ist verdammt lange her.«
    »Ja, das ist es wohl.«
    »Du glaubst an Wiedergeburt?«
    »Ich habe mich lange geweigert, überhaupt etwas zu glauben. Aber jetzt …«
    »Ja, jetzt … Zumindest scheint zwischen uns beiden eine ungeheure Anziehungskraft zu existieren. Eine, die mit rationalen Begriffen nicht zu erklären ist.«
    »Nur die Hormone können es wohl nicht sein.«
    Er lachte leise: »Aber sie haben ordentlich mitgespielt!«
    »Bereust du es?«
    »Wie könnte ich, Ana. Du bist die schönste Frau, die ich je getroffen habe.«

    Ich seufzte leise und sah auf die hässlichen Brandnarben meines Armes.
    »Weißt du nicht, mein Herz, dass jeder große Künstler, der wahrer Demut fähig ist, seinem vollendetsten Werk einen absichtsvollen Fehler zufügt?«
    Ich konnte ihn nur anstarren.
    Er legte seine Stirn an die meine und fragte: »Was ist passiert, Ana?«
    »Ein Flugzeug. Es explodierte, und ich war dabei ein paar Trümmern im Weg.«
    Er streichelte mein Gesicht, und ich las Betroffenheit in seinen Augen. Aber ich rechnete es ihm hoch an, dass er nicht in Mitleidsbekundungen ausbrach.
    »Weißt du, Valerius, als dieses glühende Metall auf mich zuflog, da habe ich irgendwie blitzartig eine andere, ähnliche Szene gesehen. Feuer - und darin dein Gesicht. Verstehst du, dass ich vorhin bei diesem Juwelier etwas aus der Fassung geraten bin?«
    »Ja, mein Herz, das verstehe ich jetzt. Und ich würde unendlich gerne mehr von der Sache hören, die sich vor so langer

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