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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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Carlo braust, wird ihm klar, dass momentan die Gefahr nicht vom Mörder ausgeht – der wegen der Unmenge Adrenalin in seinem Blut erschöpft und zudem voller Angst sein muss, weil es einen Tatzeugen gibt. Die eigentliche Gefahr ist die Presse. Journalisten arbeiten auch mit Logik und Intuition. Wenn sie es schaffen, zwischen den drei Morden eine Verbindung herzustellen, sei sie auch noch so schwach, werden sie darüber schreiben, den Menschen damit Angst machen. Die Polizei würde die Kontrolle verlieren, das Festival im Chaos enden, die Gäste sich nicht mehr auf die Straße wagen, vorzeitig abreisen und die Ladenbesitzer die Polizei für ihre Gewinneinbußen verantwortlich machen. Der Fall würde weltweit Schlagzeilen machen, schließlich ist ein echter Serienmörder viel interessanter als einer auf der Leinwand.
    Und in den kommenden Jahren würde das Festival von Cannes nicht mehr das sein, was es einmal war. Cannes würde mit Angst und Schrecken assoziiert werden, Luxus und Glamour würden sich einen passenderen Ort auswählen, wo sie ihre Produkte herzeigen könnten, und nach sechzig Jahren würde das Filmfestival allmählich zu einem zweitrangigen Ereignis herabsinken, fernab von Scheinwerfern und Medien.
    Savoy trägt eine große Verantwortung. Besser gesagt, er trägt doppelte Verantwortung: Zum einen besteht sie darin, herauszufinden, wer diese Morde begeht, und zu verhindern, dass in seinem Zuständigkeitsbereich noch eine weitere Leiche auftaucht. Zum anderen besteht sie darin, die Presse unter Kontrolle zu halten.
    Logik. Er muss logisch denken. Wer von diesen Reportern, die zumeist von weit her kommen, hat auch nur entfernt eine Ahnung, wie niedrig die Mordrate hier sonst ist? Wie viele von ihnen würden sich die Mühe machen, sich die Verbrechensstatistik zu beschaffen?
    Logische Antwort: kein Einziger. Sie interessieren sich nur für das, was gerade passiert. Sie sind aufgeregt, weil ein wichtiger Filmverleiher während eines offiziellen Lunchs einen Herzinfarkt erlitten hat. Bisher weiß niemand, dass er vergiftet wurde – der Bericht des Gerichtsmediziners liegt auf dem Rücksitz von Savoys Wagen. Und bisher weiß auch niemand – und möglicherweise wird es auch nie jemand erfahren –, dass dieser Filmverleiher Teil eines Geldwäschesystems war.
    Unlogische Antwort: Es gibt immer jemanden, der anders denkt als die anderen. Also sollte so schnell wie möglich eine Pressekonferenz einberufen und ein möglichst ausführliches Statement abgegeben werden, aber nur zu dem Mord an der amerikanischen Produzentin auf dem Pier. So würden die anderen Ereignisse vorübergehend in Vergessenheit geraten.
    Eine wichtige Frau aus der Welt des Films wird ermordet. Das ist eine Nachricht. Wen interessiert da noch der Tod irgendeines unbedeutenden Mädchens, das am Morgen desselben Tages tot auf der Croisette gefunden wurde? Was sie betrifft, kämen sowieso alle zur selben Schlussfolgerung wie Savoy am Anfang der Ermittlungen: Drogenmissbrauch. Fall erledigt.
    Doch zurück zur Filmproduzentin: Vielleicht ist sie ja nicht so wichtig, wie er denkt, denn sonst hätte ihn der Kommissar doch längst auf dem Handy angerufen. Fakt ist: Ein gutgekleideter, etwa 40-jähriger Mann mit leicht angegrautem Haar spricht eine Zeitlang mit ihr, während sie beide aufs Meer hinausschauen, und werden dabei von einem hinter einem Schuppen versteckten Jungen beobachtet. Nachdem der Mann der Frau zielsicher wie ein Chirurg eine Klinge in den Körper gerammt hatte, ging er langsam weg und mischte sich unter Hunderte, Tausende von Leuten, die ganz ähnlich aussahen wie er.
    Savoy schaltet jetzt vorübergehend die Sirene aus, um den stellvertretenden Inspektor anzurufen, der am Tatort zurückgeblieben ist und jetzt vermutlich von den Journalisten befragt wird, anstatt andere befragen zu können. Savoy bittet ihn, den Journalisten, die mit ihren übereilten Schlussfolgerungen immer stören, auszurichten, dass es sich »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« um ein Verbrechen aus Leidenschaft handele.
    »Sagen Sie nicht, wir sind sicher. Sagen Sie, die Umstände weisen darauf hin, denn die beiden hätten wie Verliebte dagesessen. Es handele sich eindeutig weder um Raub noch um einen Racheakt, sondern um eine dramatische Abrechnung im Rahmen persönlicher Probleme.
    Und Sie dürfen auf gar keinen Fall lügen. Ihre Aussagen werden aufgenommen und könnten später gegen Sie verwendet werden.«
    »Und warum soll ich das

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