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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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Aber niemand sonst auf der Welt würde sie mit diesem Namen anreden.
    Sie hatte Hamid liebengelernt, obwohl sie das Leben, das er führt, die Feste, auf die er geht, seine Freunde verachtet. Manchmal zweifelt sie daran, dass sie ihn wirklich liebt. Dann fällt sie in tiefe Depressionen und denkt sogar an Selbstmord. Keinen Zweifel aber hat sie daran, dass er ihre Rettung gewesen war, damals, als sie sich für immer verloren glaubte, weil sie fürchtete, ihrer Ehe nicht entkommen zu können.
     
    Vor vielen Jahren hatte sie sich in einen Engel verliebt. Er hatte eine traurige Kindheit gehabt, war zum Heer der Sowjetunion eingezogen und in einen unsinnigen Krieg in Afghanistan geschickt worden und dann in ein Land zurückgekehrt, das sich in Auflösung befand. Dennoch hatte er es geschafft, alle Schwierigkeiten zu meistern. Er hatte hart gearbeitet. Er hatte Darlehen von zwielichtigen Menschen angenommen und anschließend schlaflose Nächte verbracht, in denen er sich fragte, wie er es anstellen sollte, ihnen das Geld zurückzuzahlen. Er hatte sich mit dem korrupten System arrangiert und gegebenenfalls auch einen Regierungsbeamten bestochen, um so die Genehmigung für ein neues Produkt zu erhalten, das die Lebensqualität seines Volkes verbessern würde. Er war idealistisch und liebenswert. Tagsüber konnte er seine Führungsrolle ganz selbstverständlich ausüben, denn das Leben hatte ihn führen gelehrt und der Militärdienst, mit einem hierarchischen System umzugehen. Nachts jedoch klammerte er sich an Ewa und bat sie, ihn zu beschützen, ihn zu beraten, für ihn zu beten, damit er den vielen Fallstricken entging, die tagtäglich auf seinem Weg ausgelegt wurden.
    Ewa hatte ihm übers Haar gestreichelt, ihm versichert, alles werde gut, dass er ein guter Mensch sei und Gott immer die Gerechten belohne.
    Ganz allmählich traten Chancen an die Stelle der Schwierigkeiten. Das kleine Unternehmen, das er gegründet hatte, begann zu wachsen, denn er war einer der wenigen gewesen, die in etwas investiert hatten, dem niemand in einem Land Erfolg prognostizierte, das noch immer unter veralteten und kaum funktionierenden Kommunikationssystemen litt. Die Regierung wechselte, und die Korruption nahm ab. Geld kam herein – anfangs langsam und später in großen Mengen. Dennoch vergaßen beide nie die Schwierigkeiten, die sie durchgemacht hatten, und vergeudeten nie auch nur einen einzigen Cent. Sie leisteten ihren Beitrag zu Wohltätigkeitswerken und unterstützten Veteranenvereine. Sie lebten ohne großen Luxus und träumten davon, einmal alles aufgeben und in einem Haus fern vom Trubel der Welt leben zu können. Wenn es soweit wäre, würden sie vergessen, dass sie gezwungen gewesen waren, mit Menschen ohne Würde und ethische Grundsätze Geschäfte zu machen. Sie verbrachten einen großen Teil ihrer Zeit auf Flughäfen, in Flugzeugen und Hotels, arbeiteten täglich 18 Stunden und konnten jahrelang nicht einmal ein paar Urlaubstage gemeinsam genießen.
    Aber sie hatten beide den gleichen Traum: Es würde der Augenblick kommen, in dem dieser fiebrige Lebensrhythmus zu einer fernen Erinnerung werden würde. Die Narben aus dieser Zeit würden Orden aus einem Kampf sein, den sie im Namen des Glaubens und der Träume geführt hatten. Der Mensch – das hatten sie damals geglaubt – war schließlich dazu geboren worden, zu lieben und mit dem geliebten Menschen zusammenzuleben.
    Die Dinge kamen ins Rollen. Sie mussten nicht mehr hinter Verträgen herlaufen, Leute wollten Verträge mit ihnen abschließen. Eine wichtige Wirtschaftszeitschrift veröffentlichte eine Coverstory über Ewas Mann, und sie wurden plötzlich zu allen wichtigen Partys eingeladen, wie königliche Hoheiten behandelt, und es kam immer mehr Geld herein.
    Man musste sich an die neuen Zeiten anpassen: Sie kauften ein schönes Haus in Moskau, hatten alle nur erdenklichen Bequemlichkeiten. Die ehemaligen Geschäftspartner ihres Mannes – die ihm anfangs Geld geliehen hatten, das trotz übertrieben hoher Zinsen auf Heller und Pfennig zurückgezahlt worden war – waren aus Gründen, die Ewa nicht kannte und auch nicht kennen wollte, im Gefängnis gelandet. Von da an ließ sich Igor von Bodyguards begleiten. Anfangs nur von zweien – befreundete Veteranen aus dem Afghanistankrieg. Später, als sich die kleine Firma zu einem riesigen multinationalen Unternehmen mit Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern gemausert und in sieben verschiedenen Zeitzonen mit immer

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