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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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höheren und unterschiedlicheren Investitionen operierte, waren weitere Bodyguards hinzugekommen.
    Ewa verbrachte ihre Tage in Shopping-Malls und bei Tees mit Freundinnen, bei denen immer über das Gleiche geredet wurde. Igor wollte noch höher hinaus.
    Immer höher hinaus, was nicht verwunderlich war. Schließlich war er durch seinen Ehrgeiz und seine unermüdliche Arbeit dorthin gelangt, wo er jetzt stand. Wenn sie ihn fragte, ob sie nicht viel weiter gekommen wären, als sie geplant hatten, und nicht der Augenblick gekommen sei, etwas Abstand zu nehmen und ihren gemeinsamen Traum zu verwirklichen und nur die Liebe auszuleben, die sie füreinander empfanden, bat er jedes Mal um ein wenig Geduld. Damals hatte sie angefangen zu trinken. Eines Abends, als sie von einem langen Abendessen mit Freunden nach Hause kamen, bei dem viel Wodka und Wein geflossen war, hielt sie es nicht mehr aus und sagte ihm, sie könne dieses Leben nicht weiter ertragen; sie müsse etwas Sinnvolles tun, um nicht verrückt zu werden.
    Igor fragte sie, ob sie mit dem, was sie hatte, nicht zufrieden sei.
    »Ich bin zufrieden. Das genau ist das Problem: Ich bin zufrieden, aber du nicht. Und du wirst es niemals sein.
    Du bist unsicher, hast Angst, das, was du erreicht hast, zu verlieren, du bringst es nicht fertig, aufzuhören, wenn du etwas erreicht hast. Und so zerstörst du dich, unsere Ehe und meine Liebe zu dir.«
    Sie hatte immer offen mit ihrem Mann geredet. So aber noch nie. Sie war an einem Punkt angelangt, an dem sie nicht mehr weiterkonnte. Sie hatte es satt, ständig nur shoppen zu gehen, hasste die Nachmittagstees und das abendliche Warten auf ihn vor dem Fernseher.
    »Sag nicht so etwas! Sag nicht, dass ich unsere Liebe zerstöre! Ich verspreche, dass wir all dies hinter uns lassen. Hab nur noch ein bisschen Geduld! Vielleicht ist ja der Augenblick gekommen, dass du selbst etwas Sinnvolles tust, denn dein Leben ist offenbar zurzeit die Hölle.«
    Wenigstens erkannte er das.
    »Was würdest du gern machen?«
    Ja, möglicherweise lag hier der Ausweg.
    »Mit Mode arbeiten. Davon habe ich immer geträumt.«
    Ihr Mann hatte ihr umgehend den Wunsch erfüllt. Eine Woche später erschien er mit den Schlüsseln eines Ladens in einer der besten Shopping-Malls Moskaus. Ewa war begeistert – so bekam ihr Leben einen Sinn. Das tage- und nächtelange Warten hatte ein Ende. Sie bat Igor, ihr Geld zu leihen, und tätigte damit die notwendigen Investitionen, die den Grundstein für ihren zukünftigen Erfolg legen sollten.
    Die Bankette und Partys, bei denen sie sich immer fremd gefühlt hatte, wurden plötzlich interessant für sie, denn dank der dort geknüpften Kontakte leitete sie nach zwei Jahren die beliebteste Haute-Couture-Boutique in ganz Moskau. Obwohl sie ein gemeinsames Konto hatten und Igor niemals fragte, wie viel Ewa ausgab, bestand sie darauf, ihm das geliehene Geld zurückzuzahlen. Sie begann auf der Suche nach exklusivem Design und exklusiven Labels allein zu reisen und entwickelte sich zu ihrer eigenen Überraschung zu einer ausgezeichneten Geschäftsfrau.
    Igor hatte ihr alles beigebracht. Igor war das große Vorbild, dem sie folgen wollte.
    Doch als alles sich zum Guten gewendet, ihr Leben einen Sinn bekommen hatte, wurde der Engel des Lichts, der sie bisher sicher geführt hatte, unberechenbar.
     
    Sie waren in einem Restaurant in Irkutsk, nachdem sie das Wochenende in einem Fischerdorf am Baikalsee verbracht hatten. Damals hatte sein Unternehmen zwei Firmenjets und einen Hubschrauber, mit denen sie an den Wochenenden weite Reisen unternehmen konnten. Keiner von beiden beschwerte sich darüber, dass sie so wenig Zeit miteinander verbrachten, aber die langen Jahre unermüdlicher Arbeit hatten deutliche Spuren hinterlassen.
    Dennoch wussten beide, dass ihre Liebe stärker als alles andere war und sie sich sicherfühlen konnten, solange sie zusammen waren.
    Während des Kerzenlichtdinners betrat ein sichtlich angetrunkener Bettler das Restaurant, setzte sich unaufgefordert an ihren Tisch und versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln; damit störte er die wenigen kostbaren Augenblicke, die sie fern von der Hetze in Moskau miteinander verbrachten. Eine Minute später war der Restaurantbesitzer zur Stelle, um den Bettler wegzuscheuchen, doch Igor bat ihn, nichts zu unternehmen – er werde sich der Sache schon annehmen. Der Bettler griff hoch erfreut zur Wodkaflasche, trank ein paar Schluck daraus und fing dann an, ihnen Fragen

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