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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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zur Tür. Niemand konnte ahnen, daß er dabei den Atem anhielt, um besser hören zu können, ob ihm Schritte folgten.
    Sie folgten! Sie folgten schwer und in langsamem Rhythmus.
    Zwanzig Sekunden später deutete Perry Clifton mit ausgestrecktem Arm nach Norden. „Ich bin sicher“, formulierte er wohlerzogen, „daß Sie ein excellenter Kenner dieses Stadtgebietes sind. Können Sie mir sagen, ob ich, wenn ich in diese Richtung fahre, zur Morris Cappels Street komme?“
    Das breite Gesicht des Koreaners drückte Verlegenheit aus, als er nach längerem Zögern erklärte: „Es tut mir leid, Sir. Aber eine Morris Cappels Street kenne ich in dieser Gegend nicht.“
    „Nicht??“ rief Clifton enttäuscht. Doch da hatte der Mann neben ihm, der noch immer das Zeitungspaket unter dem Arm hielt, eine Idee. Er zeigte zum Eingang der Botschaft und schlug vor: „Bitte, Sir, gehen wir zu Kitoa Heng, sie hat einen Stadtplan.“
    „Ich hasse Stadtpläne!“ entgegnete der Detektiv rasch. „Wissen Sie was, ich fahre einfach los und frage den nächsten Bobby!“ Und er packte die Hand des Koreaners und schüttelte sie. „Vielen Dank für Ihre Freundlichkeit!“
    „Bitte, Sir!“
    Als Perry Clifton die Autotür hinter sich zuwarf, war sein Gesprächspartner schon im Haus verschwunden.
    „Das ging aber schnell!“ meinte Case, der nicht so recht wußte, was nun eigentlich passiert war. „Ihr Türsteher war nicht da, oder?“
    „Doch! Der von eben war es!“
    „Oh“, machte Case und schluckte. „Das war aber nicht der falsche Inspektor. Han Moon war viel... viel... wie soll ich sagen, geschmeidiger. Ja, er hatte was Katzenartiges an sich.“
    „Ich ahnte es... Nun ja, man muß damit rechnen, daß man bei einem solchen Lotteriespiel auch mal Nieten zieht.“ Cliftons Enttäuschung hielt sich in Grenzen, und das nicht nur, weil er die Kunst der Beherrschung beherrschte. Bedächtig holte er seine Brieftasche hervor und entnahm ihr den Zettel, den das Mädchen namens Kitoa Heng vollgeschrieben hatte. Er schnipste auf das Papier. „Das jedenfalls, Mister Case, ist keine Niete. Westend, Akkorod Street 39... Eine hübsche Adresse für einen zweiten Besuch.“
    „Und wer versteckt sich hinter dieser Adresse?“
    „Der fieberkranke Mister Wang Yin!“
    Albert Case schwieg. Und als Perry Clifton sagte: „Das Hartford-Haus liegt genau dazwischen, ich setze Sie dort ab!“ da nickte er nur.

Der zweite Besuch

    Akkorod Street Nr. 39 war ein massives, dreistöckiges Wohnhaus aus Sandsteinblöcken und mit einer sehr gepflegten Fassade. Es verfügte über zwei Hauseingänge. In jedem Hausteil wohnten vier Mietparteien. Perry Clifton las die Schilder neben der ersten Tür. Sie gehörten einem Zahnarzt, einem Hals-Nasen-Ohrenarzt und einem Internisten. Lediglich im dritten Stock gab es keine Praxis. „Ein Ärztenest“, murmelte er und machte sich auf den Weg zur anderen Haushälfte.
    Der gesuchte Botschaftssekretär wohnte in der zweiten Etage. Der Detektiv zweifelte nicht daran, daß ihn Wang Yin, durch einen Anruf der Botschaft vorinformiert, bereits erwartete. Nach kurzem Zögern legte er den Finger auf den Klingelknopf.
    Es dauerte eine Viertelminute, bis es hohl und leicht verzerrt aus der Sprechanlage gellte: „Ja, bitte?“ Perry Clifton beugte sich vor und sprach in das messinggefaßte Rechteck über den Klingeln: „Mein Name ist Clifton. Ich möchte gern Mister Yin sprechen.“
    Aus der Sprechanlage knackste es, als habe man ihr mit dem Hammer einen Schlag versetzt. Gleichzeitig setzte das Summgeräusch des elektrischen Türöffners ein. Der Eindruck, den das Haus von außen gemacht hatte, ließ auch auf ein kultiviertes Treppenhaus schließen. Und man sah sich nicht getäuscht. Nicht nur ein kunstvolles schmiedeeisernes Geländer zog die Blicke auf sich, auch eine läuferbelegte Marmortreppe und Fresken beeindruckten.
    Fast geräuschlos erklomm der Detektiv die insgesamt 48 Stufen. Dann stand er vor der zweiflügeligen Tür aus gebeizter Eiche, die sich in diesem Augenblick öffnete.
    Obgleich fast erwartet, nahm die nunmehrige Gewißheit Perry Clifton für Sekunden den Atem. Sekunden, in denen er den kleinen Chinesen vor sich nicht gerade mit dem Ausdruck der Zuneigung betrachtete. Doch als er dann das Wort an ihn richtete, war er wieder der alte: freundlich, beherrscht und auf alles vorbereitet. Auf fast alles vorbereitet.
    „Würden Sie Mister Yin bitte ausrichten, daß ich ihn zu sprechen wünsche.“
    Der kleine

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