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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Absicht?
    Zufall?
    Oder nur Vergeßlichkeit?
    Er konnte diesen Gedanken nicht zu Ende denken, da in diesem Moment sein Telefon zu klingeln begann.
    Es war Julie.
    „Ich wollte nur fragen, wie elegant ich mich anziehen soll!“ sagte sie spitzbübisch.
    „Zieh irgendwas Chinesisches an, Julie Young!“
    „Erstens habe ich nichts Chinesisches, und zweitens möchte ich ja auch noch ins James passen.“
    Da war es. Jetzt mußte Perry Farbe bekennen.
    „Es tut mir leid, Julie, aber das James müssen wir auf ein anderes Mal verschieben! Ehrenwort, daß es mir selbst sehr leid tut.“
    „Und warum?“ fragte sie, und es klang nach Flunsch.
    „Ich werde um Mitternacht abgeholt.“
    Eine kleine Pause entstand. Dann sagte Julie: „Ich weiß nicht, ob mir unter diesen Umständen das Essen im Peking noch schmeckt.“
    „Nun trag’s mit Humor.“ Perry versuchte Julie aufzumuntern. „Verderben wir Dicki nicht die Freude. Er führt heute zum ersten Mal seinen neuen Samtanzug aus und ist stolz wie ein spanischer Grande.“
    „Na gut“, der Flunsch schien verschwunden, „dann will ich es ausnahmsweise übersehen, daß mir der goldene Buddha schon wieder in die Quere kommt.“ Als Perry nicht gleich antwortete, wiederholte sie in abgewandelter Form: „Dein nächtlicher Treff hängt doch mit ihm zusammen!“
    „Ja, Julie. Mit ihm und dem chinesischen Brief, von dem ich dir erzählt habe.“
    „Ich ziehe vielleicht ebenfalls was Blaues an“, sagte sie zusammenhanglos. „Seid bitte pünktlich, ich hab’ nämlich Hunger für zwei!“ Noch bevor Perry Clifton etwas erwidern konnte, hatte sie eingehängt.
    Er sah auf die Uhr: 19 Uhr 28.
    Es wurde allerhöchste Zeit, daß er sich ebenfalls ausgehfertig machte.

    In der gleichen Minute — 19 Uhr 28 — sah auch Archie Reddox auf die Uhr.
    Archie war 36 Jahre alt und Vater von zwei Kindern: neunjährigen Zwillingen. Sie hießen Dinah und Patricia. Sie, er, seine Frau Loma, der Papagei Quendola und die treue Promenadenmischung Bobby, sie alle wohnten in einem kleinen, gemütlichen Haus im Londoner Stadtteil Brockley.
    Archie freute sich auf zu Hause.
    Zu diesem Zeitpunkt — 19 Uhr 28 — befand er sich auf der A 11, hatte soeben Harlow passiert und schon, wie er sich auszudrücken pflegte, den herrlichen Gestank von Groß-London in der Nase.
    Archie Reddox saß am Steuer eines 18-Tonners, dessen Ladung aus Kindernahrung bestand.
    Und immer, wenn sich Archie freute, wenn er guter Laune war, weil er sich Meile um Meile dem „heimatlichen Stall“ näherte, drückte er das Gaspedal einen Zentimeter tiefer, als er es sonst tat.
    Neben Archie saß, zusammengesunken, das spitze Kinn auf der Brust, sein Beifahrer Fred Mulligan.
    Fred schnarchte, während sich dabei sein Körper im Rhythmus der Achsenfederung wie ein Wackelpudding hin- und herbewegte.
    Archie Reddox stieß ihn freundlich in die Seite.
    Mulligans einzige Reaktion bestand in einem Grunzton.
    Archie verabreichte ihm einen neuerlichen Rippenstoß.
    Das Schnarchen verstummte.
    „Aufwachen, Fred!!“ rief Archie seinem langjährigen Beifahrer zu.
    „Warum?“ fragte Fred, ohne die Augen zu öffnen.
    „Ich möchte mich ein bißchen unterhalten!“
    „Und deswegen weckst du mich? Ich hab’ gerade von Nelly geträumt...“
    „Ich denke, deine augenblickliche Freundin heißt Agatha?“
    „Nelly ist eine Stallhäsin. Ich fange eine Zucht an. Der dicke Mothly gibt sie mir für sechs Pfund ab.“
    „Das ist ja ganz was Neues. Seit wann hast du diese Schnapsidee denn?“
    „Seit heute... Wo sind wir eigentlich, Archie?“
    „Hinter Harlow. Mach endlich die Augen auf, alte Schlafmütze!“
    „Laß mich noch ein bißchen träumen... Was gibt’s bei euch am Sonntag zu essen?“
    „Seltsame Frage. Warum willst du das wissen?“
    „Wenn es wieder was Gutes gibt, könnte ich mir überlegen, ob ich mich einlade... oder glaubst du, daß Lorna was dagegen hätte?“
    „Ich glaube nicht...“
    „Fein, dann komm’ ich. Du kannst Lorna ausrichten, daß ich am liebsten...“
    Alles ging blitzschnell.
    Ganz plötzlich begann der entgegenkommende Personenwagen aus der Spur auszubrechen, er schleuderte auf die rechte Fahrbahn und kam wie ein Geschoß auf Archies 18 Tonnen zu...
    Archie Reddox hörte sich „Fred“ schreien, während er mit dem Fuß versuchte, seine zweihundert Pfund auf die Druckluftbremse zu bringen.
    Es ging wie ein Ruck durch den schweren Transporter. Archie sah für Bruchteile einer Sekunde das von

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