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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Lederjacke, die sich über dem gewölbten Bauch nicht mehr schließen ließ. In diesem Augenblick sah der treppaufwärts Gehende gequält nach oben wie ein Kletterer, der nach einem kräftezehrenden Aufstieg Ausschau hält nach dem Gipfel. Statt dessen erspähte er Penny Nichols.
    „Mann“, keuchte er, „es sollte verboten werden, daß jemand im dritten Stock wohnt, wenn es keinen Fahrstuhl gibt. Verdammt, Penny, hast du mich denn nicht klingeln hören?“
    „Am Montag werden es vierzehn Tage, Bill!“ erwiderte Penny und ging Bill Vesby mißmutig entgegen. Es war das erste Mal, daß der ihn hier aufsuchte. Bisher hatte er jedesmal im Tabakladen von Samuel Pinky angerufen und seine Wünsche durchgegeben. Pinky hatte dann seine kleine Tochter Sarah zu ihm geschickt.
    „Was wird vierzehn Tage, Penny?“ fragte Bill Vesby, während er sich schnaufend auf dem Treppenabsatz niederließ.
    „Daß die Klingelanlage kaputt ist. Warum hast du nicht telefoniert?“
    „Hab‘ ich ja“, brummte Vesby griesgrämig, „aber dieser verdammte Krämer hat nicht abgenommen.“
    „Stimmt!“ fiel es Penny ein, dem Vesbys rüde Art zu sprechen in höchstem Maße zuwider war. „Pinky macht zur Zeit Betriebsferien. Hat seinen Laden geschlossen. Was hast du denn auf dem Herzen?“
    „Ich wollte dich fragen, ob du meine Nachmittagsschicht ab 14 Uhr übernehmen kannst.“
    „Heute?“ fragte Penny, und als ob er sich vergewissern müßte, daß er sich nicht irrte: „Heute am Mittwoch?“
    Vesby nickte. „Hab 7 ein Telegramm von Anne bekommen. Ich muß sie vom Bahnhof abholen. Hier!“
    Der korpulente Mann griff in die Tasche, zog ein Papier heraus und hielt es Penny hin. Es war ein Telegrammformular. Nichols las: „lieber dad — bin krank — komme nach hause — hole mich ab — ankomme victoria 14h 10 — anne“
    Penny Nichols sah die kleine pummelige Anne Vesby direkt vor sich. „Kaninchen“ hatte er sie insgeheim genannt wegen ihrer beiden starken, hervorstehenden Schneidezähne, die selbst bei geschlossenen Lippen drohend und gefährlich hervorschauten. Vor vier Monaten hatte sie als Bedienung in einem Ausflugslokal in Blackpool angefangen.
    „Okay, Bill! Werde pünktlich auf dem Parkplatz sein.“
    In Wirklichkeit hätte er lieber abgesagt. Sein Anteil aus der Buddha-Geschichte würde eine kleine Verschnaufpause durchaus ermöglichen. Aber dann hätte ihm Vesby sicher ein Loch in den Bauch gefragt, wie es wohl käme, daß er plötzlich kein Geld mehr brauche. Und nichts war Penny zum gegenwärtigen Zeitpunkt weniger lieb als Neugier.
    Bill Vesby hatte sich stöhnend aufgerafft. Er tippte sich an das Schild seiner speckigen Mütze. „Vielen Dank, Penny... Ach willst du mir nicht mal deine Vögel zeigen? Vielleicht hast du auch einen Schluck Bier?“
    „Tut mir leid, Bill“, meinte Penny. „Aber ich muß dringend in die Zoohandlung. Und Bier habe ich keinen Tropfen zu Hause. Höchstens kalten Pfefferminztee.“ Vesby verzog angewidert das Gesicht. „Vielleicht ein anderes Mal, Bill. Wenn du mir vorher Bescheid sagst, lege ich auch ein paar Flaschen Bier aufs Eis...“
    Bill Vesby nahm seine Mütze ab und kratzte sich zwischen den grauen Haarstoppeln. „Undankbarer Mistkerl“, murmelte er gehässig. „Das ist nun der Dank...“

    10 Uhr 55
    Perry Clifton erhob sich. Nachdem Hank Murphy Mrs. Long abgeholt und er ihm bei dieser Gelegenheit gesagt, daß er für etwa zwei Stunden außer Haus sei, hatte er noch telefonisch bei den übrigen Detektivposten im Haus nach dem Stand der Dinge gefragt. Doch niemand wußte über besondere Ereignisse zu berichten.
    Mit dem Aufzug fuhr er in die Tiefgarage.
    Als er diese in seinem Wagen verließ, zeigte die Uhr neben der Ausfahrt 11 Uhr.

    11 Uhr 06
    Taggertys Vogelhaus umfaßte insgesamt sechs Ausstellungs- und Verkaufsräume. Wer aus dem Geschäftsnamen allerdings schloß, daß es bei Taggerty nur Gefiedertes zu kaufen gab, der irrte. Zwar beherrschten die Vogelkäfige und Volieren die Szenerie, doch gab es ebenso Zierfische, Schildkröten, weiße Mäuse, junge Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster zu kaufen.
    Edward Taggerty selbst kümmerte sich ausschließlich um die Vögel, während Virginia, seine Schwester, für das übrige verantwortlich war.
    Etwa zwölf bis fünfzehn Kunden waren da, als Penny Nichols das Geschäft betrat. Eine Tatsache, die er mit Unbehagen zur Kenntnis nahm. Vergeblich streckte er sich nach Edward Taggerty. Er überlegte gerade, ob er warten oder

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