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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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als müsse er sich vergewissern. Auf diese Art und bei dieser Gelegenheit konnte er den „hochgelobten Vogelexperten“ unterbringen, eine Schmeichelei, die sicher ihre Wirkung nicht verfehlen würde. Und richtig, der Spitzbart dehnte sich wie ein Gummiball an der Sonne. Das Bartstreicheln verstärkte sich, und zwei harmlose Fältchen um den Mund wuchsen zu zwei zufriedenen Falten.
    „Nun ja, man tut, was man kann, um die Kundschaft zufriedenzustellen“, sagte Mister Davis bescheiden. Sicher würde er sich nach Cliftons Weggang vor den Spiegel stellen und dem „hochgelobten Vogelexperten“ zuwinken...
    „In meinem Fall“, tastete sich Perry Clifton behutsam an sein Anliegen heran, „handelt es sich allerdings weniger um Kaufwünsche, als vielmehr um eine Auskunft. Sie betrifft einen Kunden, den ich kennengelernt habe. Und eben dieser Kunde sprach immer wieder von Taggerty und einem Mister Davis!“ schwindelte der Detektiv drauflos.
    „Ach“, sagte der Spitzbart, und es klang neugierig.
    „Wir lernten uns bei einer Ausstellung kennen, wir tauschten Namen und Adressen, und nun...“ Clifton tat verlegen.
    „Und nun?“ forschte Mister Davis.
    „Und nun habe ich Mister Nichols...“
    „Ach, Mister Nichols!“ rief Davis laut und überrascht. „Das ist ja vielleicht ulkig. Es ist keine Stunde her, da stand er hier“, er deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger vor sich auf den Boden, „der gute alte Mister Nichols.“ Er nickte eifrig. Und eine Spur leiser, vertraulicher: „Ein sehr guter Kunde, dieser Mister Nichols. Aber ich habe Sie unterbrochen, bitte entschuldigen Sie. Was ist mit Mister Nichols?“
    „Ich habe seine Adresse verloren, verlegt, vielleicht auch aus Versehen weggeworfen.“ Perry Clifton räusperte sich: „Ist mir schrecklich peinlich...“
    „Aber da ist doch nichts dabei“, versicherte Mister Davis und ließ seinen (bereits wieder ergriffenen) Spitzbart los. „Ich verliere zum Beispiel regelmäßig meine Strafmandate, die mir die Verkehrspolizei unter den Scheibenwischer klemmt, hahahaha...“ Er lachte so laut und so dröhnend, daß einige gefiederte Schönheiten erschrocken mit den Flügeln zu schlagen begannen. Auch Kunden wandten sich ihnen mit gerunzelten Stirnen zu.
    „Kommen Sie bitte mit zur Kasse, Sir“, forderte Mister Davis Perry Clifton auf. „Wir haben dort das Lieferbuch liegen. Ab und zu kommt es vor, daß wir unseren guten Kunden die bestellte Ware ins Haus liefern. Sicher steht dort auch Mister Nichols’ Adresse drin.“
    „Ich erinnere mich, daß er ein Spezialfutter für eine chinesische Turteltaube bestellen wollte.“
    „Hat er, hat er“, bestätigte Mister Davis, „Leider ist es noch nicht eingetroffen.“ Er winkte dem Mädchen hinter der Kasse zu. „Hallo, Allerschönste“, gurrte er, „ich brauche mal das Lieferbuch!“
    Die „Allerschönste“, ein dunkler Typ mit Cäsarfrisur und einer Rundlichkeit von etwa zweihundert Pfund, warf ihm einen giftigen Blick zu und reichte ihm wordos das Gewünschte. Davis’ Finger sausten suchend über die erste, die zweite, die dritte Seite... Bei der neunten war es soweit: „Hier ist er, der liebe, alte Mister Nichols...“

    12 Uhr 22
    Penny Nichols saß mit sorgenumwölkter Stirn an seinem Tisch und löffelte appetitlos in einem Suppenteller herum. Es war eigentlich mehr ein Klappern und Stochern als ein Löffeln. Nein, Hunger hatte er keinen. Beunruhigt schob er den Teller zur Seite und holte sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank.
    So sehr er sich auch den Kopf zermarterte, ihm fiel einfach kein „Junge“ ein. Und schon gar keiner, der wissen konnte, daß er eine chinesische Turteltaube besaß. Sein Blick wanderte zu ihr hinüber. Obgleich er ihr den größten Käfig gegeben hatte, blieb ihr nicht viel Platz. Und jedesmal, wenn Penny vor ihr stand, kam er sich vor wie ein Zoobesucher, der sich vor dem Käfig eines Löwen darüber ärgerte, daß das Tier in solcher Enge leben mußte. Seitdem er den Vogel besaß, war das schlechte Gewissen sein ständiger Begleiter. Der Junge...
    Ja, was gäbe er dafür, wenn er dieses Geheimnis lüften könnte. Ob Gordon Drake oder Mac Withney... Nein, das war barer Unsinn. Er verwarf den Gedanken wieder. Andererseits gab es keinen Zweifel darüber, daß der ominöse Anrufer ihn kennen mußte. Er sah auf die Uhr. Wollte er pünktlich auf dem Parkplatz sein, mußte er sich um halb zwei auf den Weg machen. Penny stützte den Kopf in die Hände und starrte auf

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