Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
ins Büro gehen sollte, als er eine leichte Berührung auf seinem Arm fühlte. Es war Davis, einer der Vogelfachleute bei Taggerty. „Hallo, Mister Nichols, Sie kommen doch nicht etwa wegen des Spezialfutters?“
    „Nein, nein, ich habe Sorgen wegen meiner Purpurweber. Ist Mister Taggerty im Büro?“
    „Nein, der ist heute morgen nach Dublin gefahren. Wir erwarten ihn nicht vor Montag zurück. Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Was ist mit den Webern?“ Penny Nichols schaute enttäuscht und ratlos drein. „Ich mache mir Sorgen, weil sie so ermattet herumsitzen. Sie springen nicht, sie fliegen nicht, und das Fressen haben sie auch nicht angerührt.“
    „Hm“, überlegte Davis mit nachdenklicher Miene ziemlich lange. Endlich fragte er: „Haben Sie irgendwie das Futter gewechselt?“ Penny schüttelte den Kopf. „Sie haben nichts anderes wie immer bekommen. Nun habe ich mir gedacht, ich könnte sie mit etwas Weichfutter aufheitern. Wie denken Sie darüber, Mister Davis?“
    „Es ist schwierig, von hier aus eine Ferndiagnose zu stellen, aber ich glaube nicht, daß Sie sich ernsthafte Sorgen machen müssen. Es wird weniger eine organische als vielmehr eine psychologische Störung sein. Vielleicht sind sie über irgend etwas erschrocken.“
    „Erschrocken? Sind sie erschrocken??“ dachte Nichols laut nach. „Ich wüßte nicht, wann. An das Geräusch der Züge haben sie sich ja längst gewöhnt.“
    „Trinken sie?“
    „Ja, trinken tun sie.“
    Damit schien für Mister Davis das Problem gelöst. „Machen Sie sich keine Gedanken, Mister Nichols. Ich glaube, daß sie morgen wieder wohlauf sind. Vielleicht schon heute abend.“
    „Meinen Sie wirklich?“ So recht traute Penny Nichols Davis’ Optimismus nicht.
    „Wirklich!“ Aufmunternd schlug der Vogelspezialist Nichols auf die Schulter.
    „Hallo, Mister Nichols!“ sagte eine Stimme, von der man ohne optische Unterstützung nicht hätte sagen können, ob sie einem Mann oder einer Frau gehörte. Rauh, dumpf und mit einem seltsamen Tremolo versehen.
    „Hallo, Miß Virginia“, antwortete Penny und warf ihr einen freundlichen Blick zu. Virginia Taggerty war das, was man als Laune der Natur bezeichnen konnte. Schlank, grazil, ja, fast zerbrechlich stand sie da in engelhafter Schönheit. Stand da und beeindruckte. Doch dem Betrachter verschlug es meist den Atem, wenn Virginia den Mund öffnete und mit ihrer verrosteten Stimme zu sprechen begann.
    „Mister Davis, da ist ein Kunde, der interessiert sich für den Gelbhauben-Kakadu. Würden Sie sich bitte mal um ihn kümmern?“
    „Sofort!“ sagte Mister Davis. Im Abgehen rief er Penny noch zu: „Gute Besserung, Mister Nichols!“
    „Nanu, fehlt Ihnen etwas?“ erkundigte sich Virginia bei Nichols.
    „Nein, es geht um meine Purpurweber. Deshalb kam ich her. .
    „Ich wollte schon sagen, das Spezialfutter ist noch nicht eingetroffen. Mein Bruder ist leider nach Dublin gefahren, sonst. .
    Sie machte eine Handbewegung und lächelte bedauernd. Was „sonst“ gewesen wäre, ließ sie offen. Sie wollte sich schon wieder abwenden, als ihr noch etwas einfiel: „Hat Sie Ihr junger Freund gefunden?“
    „Mein... mein junger Fr — Freund?“ stotterte Nichols verständnislos.
    „Na, der Junge, der hier angerufen hat. Sie müssen ihn doch kennen!“
    „Einen Jungen? Wie heißt er denn?“ Trotz dieser Frage wußte Penny, daß er den Jungen nicht kannte, mochte er heißen, wie er wollte.
    „Alles habe ich mir gemerkt — bis auf seinen Namen.“
    „Es wird sicher eine Verwechslung gewesen sein“, sagte Penny Nichols.
    „Aber Mister Nichols, wo denken Sie hin. Wenn der Junge sagt...
    „Vielleicht war es gar kein Junge!“ unterbrach Penny.
    „Es war einer. In Stimmen kenne ich mich aus, das können Sie mir glauben. Und wenn der Junge sagt, daß er einen alten Mann sucht, der Penny mit Vornamen heißt, ein faltiges Gesicht besitzt und exotische Vögel züchtet, dann muß er Sie ja wohl kennen, oder?“
    Penny Nichols starrte Virginia Taggerty ratlos an.
    „Aber ich kenne keinen Jungen, Miß Taggerty!“ beteuerte er, während die Gedanken in seinem Kopf wild durcheinanderwirbelten. Dabei sollte das Schlimmste noch kommen. Virginia Taggerty blinzelte ihn mißtrauisch an. „Komisch“, krächzte sie, „daß Sie ihn nicht kennen. Er wußte sogar, daß Sie neuerdings eine chinesische Turteltaube haben.“
    Für Sekunden setzte Penny Nichols’ altes Herz aus oder tat wenigstens so. Eine mächtige Faust schien

Weitere Kostenlose Bücher