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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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diese sich zum Ausgang des Flughafens, wo sie in ein Taxi stiegen. Der Fahrer nahm den Highway 68 nach Pacific Grove. Später bog er in den 17 Mile Drive ein. Am Südende der Spanish Bay hörte er die Frau auf dem Rücksitz seit dem Einsteigen zum ersten Mal sprechen. »Biegen Sie dort in die kleine Stichstraße ein, die nach Norden führt.«
    Der Taxifahrer gehorchte. Er war es gewohnt, die Verstecke der Schönen und Reichen anzusteuern. Weder Schild noch Briefkasten ließen erkennen, wer hier wohnte. Und jeder, der zum ersten Mal die dichte Mauer aus Büschen und Bäumen durchbrach, war hingerissen von dem großzügig dimensionierten Anwesen der Bellmans.
    Das in den Farben Gelb und Weiß gehaltene Vierundzwanzig-Zimmer-Haus lag nur einen Steinwurf vom Strand entfernt. Obwohl dieser nicht zum Privatgrund des Besitzes gehörte, wurde er selten von Erholungssuchenden frequentiert. Sie bevölkerten bei schönem Wetter lieber den gut eine Meile weiter nördlich liegenden Asilomar State Beach oder die nahen Strände von Monterey. Hier jedoch bot die Küste ein buntes Gemisch aus Klippen und kleineren Sandbuchten, das in jeder Jahreszeit seine Reize hatte.
    Für Yeremi war es stets ein merkwürdiges Gefühl, nach längerer Abwesenheit in das große Holzhaus zurückzukehren, vor allem jetzt, da es leer stand. Die Dielen knarzten leise, als sie und Saraf die Vorhalle betraten. Sie ließ die Schlüssel bei einer Anrichte aus der Hand gleiten und wandte sich dem Silbermann zu, dessen Augen die fremde Umgebung neugierig erkundeten. Eine Zeit lang beobachtete sie ihn, bis sich ihre Blicke trafen.
    »Großvater hat das Hausmädchen angewiesen, für dich die blaue Gästeflucht im ersten Stock herzurichten«, sagte sie.
    Saraf nickte. »Du lebst wirklich nur mit deiner Mutter in diesem Palast?«
    »Ja. Früher haben hier mehr Menschen gewohnt.«
    »Ihr müsst eine sehr wohlhabende Familie sein.«
    Yeremi schmunzelte. »Nun, einige Leute behaupten das. Ich verbringe allerdings den größten Teil der Woche in einer bescheidenen kleinen Wohnung in Berkeley. Das ist eine Stadt weiter nördlich von hier.«
    »Und was bedeutet das Wort ›Wohnung‹?«
    »Oh!« Immer wieder passierte ihr das. Sie mutete Saraf einfach zu viel zu. »Meine Wohnung, du kannst auch Apartment dazu sagen, ist eine von vielen in einem größeren Haus. Stell dir einfach euren Berg vor, in dem es zahlreiche Höhlen gibt, dann hast du ein ziemlich genaues Bild davon.«
    Er nickte. »Wann führst du mich in deine Höhle?«
    »Das… äh, wird vorerst nicht nötig sein. Und nun zeige ich dir deine Zimmer. Bitte folge mir unauffällig.«
    Yeremi lief rasch die Treppe hinauf, die von der Diele in den ersten Stock führte. Etwa auf halber Höhe merkte sie, dass der Silbermann immer noch unten stand und sie argwöhnisch beobachtete.
    »Was ist, Saraf? Warum kommst du nicht?«
    »Gibt es in diesem Haus gefährliche Tiere?«
    »Ob es…?« Ihre Stirn legte sich in Falten. »Was soll diese Frage?«
    »Du hast mich gebeten, dir unauffällig zu folgen. Vor wem müssen wir uns denn verstecken?«
    Yeremi konnte nicht anders, sie musste lachen. »Das war nur so eine Redensart. Ein Scherz! Wenn jemand mit Argwohn auf uns blicken könnte, dann mein Großvater. Er sieht es bestimmt nicht gern, dass ich allein mit einem fremden Mann in diesem Haus die Nacht verbringe. Aber damit muss ich zurechtkommen und nicht du.«
    »Wird er versuchen, mich zu töten?«
    »Das halte ich für weniger wahrscheinlich.«
    »Aber er traut mir zu, deine Keuschheit anzutasten?«
    »Reden wir lieber nicht über meine Unschuld, Saraf.« Yeremi wollte ihren Aufstieg fortsetzen, wurde aber von Sarafs ernster Stimme zurückgehalten.
    »Da ist diese Bitternis in deinem Herzen, Yeremi. Sie ist mir schon früher aufgefallen, wenn du mit Al Leary…«
    »Saraf!«, unterbrach sie ihn schroff. »Wenn wir Freunde bleiben wollen, dann lass uns dieses Thema aussparen. Hast du mich verstanden?«
    »Wir können schweigen, solange du es wünschst. Würdest du es für möglich halten, dass ein Mensch sich den Blick auf sich selbst versperrt?«
    »Was soll das jetzt?«
    »Hältst du es für vorstellbar?«
    »Kann sein. Ich habe jetzt keine Lust, darüber nachzudenken.«
    Saraf nickte. »Das kann ich verstehen, Yeremi. Sei einfach, wer du bist. Und vergiss bitte nicht, auch meine Seele ist verwundet. Fast ständig denke ich an mein Volk, das ein so schreckliches Schicksal erlitten hat, und natürlich ganz besonders an

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