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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Humor. Von den Ungeschicklichkeiten seines Gastes zeigte er sich weitgehend ungerührt, keine Spur von dem blasierten Gehabe, wie man es sonst vom Personal nobler Fresstempel erwartete. Sarafs ansteckender Freundlichkeit und seinem einnehmenden Wesen konnte allerdings auch selten jemand länger als eine Minute widerstehen. So nahm es die Bedienung ihm auch nicht besonders übel, als seine Ente schon nach wenigen Sekunden des Herumschwimmens in der Orangensoße den Flug zum Nachbartisch antrat.
    »Das kann schon mal passieren«, erwiderte die überraschte Matrone, in deren Salat der tote Vogel gelandet war. Mit seiner Entschuldigung hatte Saraf sie im Sturm erobert; die ehrwürdige Dame war glücklicherweise des Spanischen mächtig. Sie übersah das Dressing auf ihrem giftgrünen Abendkleid einfach und versicherte Yeremi ihre Sympathie.
    »Sie sind so ein nettes Paar, meine Liebe! Und Ihr Mann…« Die Matrone verdrehte viel sagend die Augen. »Wie könnte man so einem prachtvollen Burschen böse sein?«
    »Wir sind nicht verheiratet«, erwiderte Yeremi spitz.
    »Dann wird es aber höchste Zeit!« Die Matrone lachte. »Hätten Sie gerne Ihre Ente zurück?«
     
     
    »Um deinen Anzug brauchst du dir weniger Sorgen zu machen. Die Reinigung wird ihn wieder hinbekommen. Aber an deinem Essverhalten müssen wir noch ein wenig feilen.« Yeremi saß auf dem Sofa im Wohnzimmer ihrer Suite, die Beine auf dem Glastisch, und hielt einen alkoholfreien Longdrink in der Hand.
    Ihr Gegenüber blickte unglücklich an sich herab. Sarafs edler Zwirn bot eine Kurzfassung der Speisefolge des Abends. »Ein scharfes Messer hätte mir genügt, um den Vogel zu zerlegen«, beschwerte er sich.
    »Wir reisen bald in ein Land, in dem das Essen mit den Fingern als unkultiviert gilt.«
    »Ihr esst nie mit den Fingern?«, staunte Saraf.
    »Na ja, gelegentlich schon. Eigentlich sogar ziemlich oft, wenn es sich um Hamburger oder Doughnuts handelt.«
    »Ich glaube, die Konquistadoren kannten diese Tiere nicht.«
    Yeremi lachte.
    »Eure Kultur ist voller Widersprüche!«, beklagte sich Saraf.
    Geduldig erklärte Yeremi ihm den Unterschied zwischen einer Schnellimbisskette und jener Art von Restaurant, das sie gerade heimgesucht hatten. Plötzlich klingelte das Telefon.
    »Das ist bestimmt mein Großvater«, sagte sie, sprang auf und eilte ins Schlafzimmer. »Ja?«
    »Jerry, bist du es?«
    »Opa Carl! Ich habe schon sehnsüchtig auf deinen Anruf gewartet. Was gibt es Neues?«
    »Ich habe seit vorgestern Abend einige Hebel in Bewegung gesetzt, um deine ungewöhnliche Wunschliste zu erfüllen.«
    »Du bist ein Schatz! Was ist mit der Chartermaschine?«
    »Euer Flug geht am Dreizehnten um acht Uhr dreißig. Also in fünf Tagen. Die Monterey Airplane Company schickt dir alle nötigen Unterlagen per Kurier direkt ins Hotel. Der Düsenjet fliegt euch direkt zur Monterey Bay.«
    »Fast bis vor die Haustür! Ich wusste, auf dich ist Verlass, Opa Carl.«
    »Mir gefällt trotzdem nicht, was du da vorhast, Jerry.«
    Sie überhörte den milden Vorwurf. Es gab noch einen zweiten Gefallen, um den sie ihn gebeten hatte. Selbst wenn sie mit einer Privatmaschine nach Kalifornien reiste, brauchte Saraf Papiere. »Werden wir bis nächsten Dienstag rechtzeitig die anderen Dokumente bekommen? Du weißt schon…«
    »Ich habe dir ja von dem Mann erzählt, der mir vor Jahren dabei geholfen hat, in Venezuela einen entführten Mitarbeiter freizubekommen und samt Angehörigen in die Vereinigten Staaten auszufliegen. Er wird uns helfen. Bis spätestens Montag früh hast du alles Nötige.«
    »Betrachte dich als umarmt und geküsst, Opa Carl.«
    Ein raues Lachen drang aus dem Hörer. »So leicht kommst du mir nicht davon, Jerry! Wenn du wieder heil zurück bist, werden wir ein ernstes Gespräch miteinander führen.«
    »O ja, das glaube ich auch. Aber bis dahin halte ich Funkstille, es sei denn, die Lage spitzt sich irgendwie zu.«
    Einen Moment lang hörte Yeremi nur leises Rauschen. Dann ertönte wieder Carls kräftige Stimme.
    »Ich mache mir Sorgen, Jerry. Pass gut auf dich auf!«
     
     
    Der Jet des lokalen Charterunternehmens landete kurz nach zweiundzwanzig Uhr auf dem Monterey Peninsula Airport. Nur zwei Passagiere verließen die Maschine, ein fast zwei Meter großer Mann und eine auffallend schlanke blonde Frau. Der Beamte des Einwanderungsbüros sah sich im Fernsehen gerade ein Footballspiel an und hatte keine Zeit für eine Überprüfung der Ankömmlinge. Rasch begaben

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