Der silberne Sinn
länger ich in diesem Sumpf herumstochere, desto mehr Moorleichen kommen zum Vorschein. Wir müssen diesen Morast trockenlegen, sonst werden die Silbernen nicht die Letzen sein, die darin untergegangen sind.«
»Solltest du mit deinen Überlegungen richtig liegen, dann haben wir uns auf ein gefährliches Spiel eingelassen.«
»Vielleicht bin ich ja nur hysterisch und Sarafs Leute wurden aus reiner Geldgier umgebracht. Der CIA hätte uns doch bestimmt schon längst einkassiert. Stattdessen…«
»Lungert an der Einfahrt zum Grundstück nur eine Horde Wegelagerer herum – die übrigens aufzugeben scheint. Als ich vorhin eintraf, haben sie gerade ihr Zeug zusammengepackt. Vielleicht sind es ja doch nur Journalisten gewesen.«
»Und der mexikanische Angler mit seinen Überwachungsgeräten?«
»Ich habe schon Reporter erlebt, die weit raffinierter waren.«
»Hoffentlich hast du Recht, Opa Carl. Langsam wird mir die Sache unheimlich. Sarafs Auftritt war wirklich nicht spektakulär genug, um einen solchen Aufwand zu betreiben. Wenn Flatstone sie geschickt hat…«
»Diese Möglichkeit können wir leider nicht ausschließen. Hör dir an, was ich inzwischen herausgefunden habe.«
Sie setzten den Fußmarsch fort, und Yeremi schmiegte sich eng an ihren Großvater, um sich von der Meeresbrise kein Wort entreißen zu lassen.
Carl berichtete ruhig und sachlich über die Fakten, die Ed Edmundson für ihn über Jefferson H. Flatstone und dessen Aktivitäten zusammengetragen hatte. Ergänzende Informationen konnte er aus den Archiven von Bellman Industries sowie aus persönlichen Aufzeichnungen gewinnen. Kurz gesagt, begann er in der ihm eigenen Zurückhaltung, es gebe Gerüchte, Mental Health sei ursprünglich als Tarnunternehmen des CIA ins Leben gerufen worden, um ein streng geheimes Forschungsprogramm zu unterstützen. Einiges spreche für diese Hinweise. Flatstone habe das Psychohygieneunternehmen Anfang der Achtziger mit scheinbar unbegrenzten Geldmitteln aus dem Boden gestampft. Schon nach kurzer Zeit wurde es Stheno Industries einverleibt, und bald darauf übernahm Flatstone sogar die Leitung des gesamten Konzerns.
Inzwischen waren der alte Mann und seine Enkelin bei dem glatten Felsen angelangt, der vor zwei Nächten Yeremis und Sarafs Unterhaltung verfolgt hatte. Nun wurde er Zeuge eines noch bewegenderen Gesprächs.
Nach dem, was Yeremi gerade über das Geheimprogramm Artischocke in Erfahrung gebracht hatte, war sie über Flatstones Verbindung zum CIA alles andere als erfreut. Hatte man sie etwa ohne ihre Einwilligung dazu missbraucht, für den Auslandsgeheimdienst zu forschen?
»Ist Ed auf diese ›Gerüchte‹ gestoßen?«
Carl wischte sich mit der Hand über das Gesicht und nickte. »Ja, er glaubt sogar, Flatstone steht immer noch mit der CIA-Abteilung in Verbindung, die das geheimnisvolle Projekt betreut. Möglicherweise leitet er sie sogar.« Der rüstige Einundachtzigjährige nötigte seine Enkelin, auf dem Felsen Platz zu nehmen, setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. »Und jetzt«, sagte er mit auffallend ernster Stimme, »muss ich dir etwas erzählen, was dir möglicherweise Schmerzen zufügen wird.«
Unwillkürlich verkrampfte sich Yeremi, aber sie bezwang das Bedürfnis, sich aus seiner Umarmung zu winden. Lauernd fragte sie: »Worauf willst du hinaus, Opa Carl?«
»Flatstone gehört schon sehr lange zur jener ›Firma‹, die uns beiden besser als Central Intelligence Agency bekannt ist. Es heißt, er sei in den Siebzigern als junger Agent von einem mächtigen Mentor gefördert worden. Das hohe Tier hieß Sam Iceberg – vermutlich ein Deckname – und soll sich mit Methoden zur emotionalen Manipulation von Menschen beschäftigt haben. Na, dämmert dir was?«
Yeremi riss die Augen auf. »Du meinst doch nicht etwa…?«
Carl nickte. »MK-Ultra. Oder vielmehr ein Ableger davon.«
»Iceberg und Flatstone haben für dasselbe Programm gearbeitet, das schon Anfang der Fünfzigerjahre existierte«, sprach Yeremi aus, was ihr durch den Kopf ging. »Bei MK-Ultra ging es um Gedanken- und Verhaltenskontrolle. Und wie könnte man Menschen besser steuern als durch direkte Manipulation ihrer Gefühle? Ahnungslos in solche Machenschaften hineingezogen zu werden ist tatsächlich nicht ganz leicht zu verkraften!« Sie knabberte an ihrer Unterlippe.
Carls Gesicht war wie versteinert. Er holte tief Luft und sagte: »Das war noch nicht die Sache, die ich dir mitteilen muss.«
»Sondern?« Yeremi hielt
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