Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
Kriwa gesellte sich wieder zu ihnen.
Nikk maß Koggs mit knappen Blicken und lächelte. »Es ist mir ebenfalls eine große Ehre.«
»Bei den Knochen des legendären Seeschlangenfriedhofs, Mort Eisenhand sollte eigentlich tot und begraben sein. Und das meine ich wörtlich«, knurrte Koggs. »Der Name des Sauhunds rührt angeblich daher, dass er mit eiserner Hand über seine Mannschaft herrschte. Jahrzehntelang hat er so das Meer unsicher gemacht. Bis vor zwei Jahren. Da hat Simor Schinnerkrog, der Erste Ratsherr Hammaburgs, eine Flotte aus Piratenjägern aufstellen lassen, und zwar unter meinem Kommando. Ich sage euch, das war ein Abenteuer. Ich befehligte damals das wohl härteste Gesindel, das für Geld zu haben war. Weit über die Hälfte der Männer waren Flüchtlinge aus Albion, die nur einen mutigen Anführer wie mich brauchten. Ihr hättet die Augen der Kerle sehen sollen, als sie erfuhren, unter wem sie angeheuert hatten.« Koggs’ Stimme bekam einen schwärmerischen Unterton. »Sicher habt ihr davon gehört. Erst kurz zuvor hatte ich allein und nur mit einem lausigen Säbel bewaffnet einen gewaltigen Kraken bezwungen. Der Koloss hatte sich damals in der Elbmündung …«
»Koggs, für solche Geschichten haben wir jetzt keine Zeit«, unterbrach ihn die Silbermöwe.
»Pah, dann eben nicht. Auf jeden Fall haben wir Mort Eisenhand in eine Falle gelockt, ihn gefangen genommen und dem Scharfrichter ausgeliefert. Und der hat mit ihm kurzen Prozess gemacht – direkt vor den Toren Hammaburgs. Ich war selbst dabei.«
»Thadäus muss unbedingt erfahren, dass Eisenhand von den Toten erweckt wurde«, sagte Kriwa.
»Nicht nur das«, schimpfte der Klabauter und zeigte auf die fürchterliche Galionsfigur. »Bei dem verdammten Kahn handelt es sich um den Fliegenden Albioner , das berüchtigste Geisterschiff des Nordmeers und einst Piratenjäger im Dienste der Drachenherz’schen Krone. Zumindest, bis die gierige Mannschaft mitten in einem Gefecht gegen ihren Kapitän meuterte. Mann und Maus wurden daraufhin verflucht, für immer auf dem Meer zu kreuzen. Seitdem reißt der Fliegenden Albioner ein Schiff nach dem anderen ins Verderben.«
»Und einen passenden Kapitän haben sie auch gefunden«, krächzte Kriwa.
Koggs nickte finster.
»Wer ist eigentlich dieser Thadäus?«, mischte sich Fi ein.
»Du wirst ihn schon noch kennenlernen.« Koggs musterte das Geisterschiff vom Bug bis zum Heck. »Jetzt müssen wir erst einmal einen Weg finden, um ungesehen von der Insel wegzukommen. Noch verbergen die hohen Klippen hinter uns den Blick auf mein Schiff. Doch wenn Eisenhand erkennt, wem die Sirene derzeit Gastfreundschaft gewährt, wird er blutige Rache üben wollen. Ich würde natürlich auch ein zweites Mal mit ihm fertig werden, aber ich muss ja auch ein wenig Rücksicht auf euch und meine Mannschaft nehmen.«
»Wir brauchen einen Plan«, unterbrach Fi die Prahlerei des kleinen Kapitäns. »Und zwar schnell. Ich habe nämlich nicht vor, mich mit einem Haufen Untoter anzulegen.«
»Die Ruderanlage!« Koggs deutete mit gehässigem Gesichtsausdruck zum Heck des Geisterschiffes. »Der Fliegende Albioner wird zwar von unheimlichen Kräften über Wasser gehalten, über die ich lieber nicht nachdenke, aber ohne funktionstüchtige Ruderanlage kann Eisenhand den Kahn nicht steuern. Ich lasse mich einfach hinübertragen und sabotiere das Seilgetriebe, mit dem Steuer und Ruderblatt verbunden sind.« Er zückte den Säbel und stieg bereits auf, als sich die Windsbräute unter ihm mit einem leisen Plopp! in Luft auflösten. Koggs kippte hintenüber und landete unsanft im Sand. »Och nee, doch nicht jetzt.«
»Was ist passiert?«, fragte Fi, während sie dem vor sich hin schimpfenden Klabauter wieder auf die Beine half.
»Ganz einfach, das Zauberelixier hat seine Wirkung verloren«, erklärte Kriwa. »Und was jetzt?«
»Wenn ihr wollt, helfe ich euch«, schlug Nikk vor. »Ich könnte einen von euch zum Heck des Geisterschiffes bringen und ihn dort hochheben. Ich traue mir zwar nicht zu, an der Außenwand hinaufzuklettern, aber ich könnte anschließend für eine rasche Flucht sorgen.«
»Na, das nenne ich mit allen Wassern gewaschen. Damit seid Ihr offiziell in die Mannschaft aufgenommen, Hoheit.« Koggs klopfte Nikk kumpelhaft auf die Schulter und begann sich den Stiefel auszuziehen.
Nikk warf Fi einen zweifelnden Blick zu, den sie sofort verstand. Sie hielt Koggs zurück und deutete auf sein Holzbein. »Nein, Koggs, du
Weitere Kostenlose Bücher