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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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wollten.«
    Sie sagte: »Sie haben sehr viel Liebe zu den Me n schen.«
    Immer noch lächelnd, sagte die alte Frau: »Ich spüre, dass Sie ein sehr großes Herz haben.«
    Wieder antwortete ich wie aus einem Reflex heraus:
    »Selten so einen hirnverbrannten Scheiß gehört.«
    Paige zuckt zusammen.
    Wie oft soll ich das noch sagen? Ich habe es satt, he r umgestoßen zu werden. Okay? Schluss mit der He u chelei. Ich habe kein Herz, verdammt noch mal. Leute wie ihr kriegt mich nicht dazu, irgendwas zu empfi n den. Das schafft ihr nie, euch bei mir anzuschleimen.
    Ich bin ein dummes, gefühlloses, mieses Schwein. Ende der Durchsage.
    Diese Alte, Mrs. Tsunimitsu. Paige Marshall. Ursula. Nico, Tanya, Leeza. Meine Mutter. Es gibt Tage, da kommt es mir so vor, als ob sämtliche dämlichen Weibsbilder der Welt es auf mich abgesehen hätten.
    Ich packe Paige Marshall mit einer Hand am Arm und ziehe sie zur Tür.
    Niemand wird mich je dazu bringen, dass ich christl i che Gefühle entwickle.
    »Pass auf«, sage ich. Ich schreie: »Wenn ich Gefühle haben will, geh ich ins Kino!«
    Und die alte Mrs. Tsunimitsu sagt, immer noch l ä chelnd:
    »Sie können die Güte Ihrer wahren Natur nicht ve r leugnen. Sie strahlen so viel Güte aus, das sieht doch jeder!«
    Ich sage ihr, sie solle den Mund halten. Und zu Paige Marshall sage ich: »Komm.«
    Ich will ihr beweisen, dass ich nicht Jesus Christus bin. Wahre Natur – so ein Quatsch. Der Mensch hat keine Seele. Gefühle sind Quatsch. Liebe ist Quatsch. Ich ziehe Paige auf den Flur hinaus.
    Wir leben, wir sterben. Alles andere ist Geschwafel. Gefühle und Sensibilität, das ist bloß faules Weiberg e schwätz. Falsche subjektive Gefühlskacke. Es gibt ke i ne Seele. Es gibt keinen Gott. Es gibt nur Entsche i dungen und Krankheit und Tod.
    Ich bin ein schmutziger, dreckiger, hilfloser Sexsücht i ger, ich kann mich nicht ändern, ich kann nicht aufh ö ren, ich werde nie etwas anderes sein.
    Und das werde ich beweisen.
    »Wo bringst du mich hin?«, fragt Paige stolpernd. Bri l le und Kittel sind von oben bis unten mit Blut und E s sensresten bespritzt.
    Schon fange ich an, mir irgendwelches Zeug vorzuste l len, damit ich nicht zu schnell komme. Hunde und Katzen, mit Benzin Übergossen und angezündet. Ich denke an den fetten Tarzan und seinen dressierten Affen. Ich denke, das ist jetzt also das nächste blöde Kapitel meiner vierten Stufe.
    Ich will die Zeit anhalten. Diesen Augenblick verste i nern. Den Fick in alle Ewigkeit ausdehnen.
    Ich sage ihr, dass ich sie in die Kapelle bringe. Ich bin das Kind einer Irren. Nicht das Kind Gottes.
    Soll Gott mir doch das Gegenteil beweisen. Er kann mich ja mit einem Blitzstrahl nageln.
    Ich werde sie flachlegen, und zwar mitten auf dem verdammten Altar.

25
    Was war es diesmal? Vorsätzliche Gefährdung oder böswilliges Verlassen oder kriminelle Vernachläss i gung? Es gab so viele Gesetze, dass der kleine Junge sie nicht auseinander halten konnte.
    Es konnte alles Mögliche sein: fahrlässige Belästigung oder unbeabsichtigte Missachtung, vorsätzliche G e ringschätzung oder arglistige Ruhestörung, und am Ende hatte der dumme Junge schreckliche Angst, i r gendetwas anderes zu tun als das, was alle anderen taten. Alles Neue oder andere oder Originelle ve rstieß wahrscheinlich gegen ein Gesetz.
    Alles Riskante oder Aufregende brachte einen ins G e fängnis.
    Deswegen waren alle so wild darauf, mit der Mutter zu reden.
    Sie war jetzt gerade zwei Wochen aus dem Gefängnis, und schon passierten wieder irgendwelche Sachen.
    Bei so vielen Gesetzen gab es praktisch unendlich vi e le Möglichkeiten, Mist zu bauen.
    Als Erstes fragte die Polizei nach den Gutscheinen.
    Da hatte jemand am Computer eines Copy-Shops Gu t scheine entworfen und hunderte davon ausgedruckt, zeitlich unbegrenzt gültige Gutscheine, die ein Grati s essen für zwei Personen im Wert von fünfundsiebzig Dollar versprachen. In einem beigelegten Beglei t schreiben bedankte man sich für die werte Kundschaft und bezeichnete den Gutschein als besondere Werb e aktion.
    Man brauche nur ins Clover Inn Restaurant zu gehen und es sich schmecken zu lassen.
    Wenn der Kellner die Rechnung präsentiere, brauche man ihm einfach nur den Gutschein zu geben. Trin k geld sei schon inbegriffen.
    Jemand hatte hunderte dieser Gutscheine an irgen d welche Leute verschickt.
    Die Aktion hatte die typische Handschrift von Ida Ma n cini.
    In der ersten Woche nach der Entlassung aus der Reha-Klinik hatte

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