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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Das Stethoskop hing ihr noch um den Hals, baumelte zwischen den Brüsten, und ich habe sie auf den Altar geschoben. Nicht mal den Kittel habe ich ihr ausgez o gen.
    Das Stethoskop auf ihrer Brust, sagte sie: »Mach schnell.« Sie sagte: »Beweg dich synchron zu meinem Herzschlag.«
    Es ist nicht fair, dass eine Frau niemals an was Eke l haftes zu denken braucht, um nicht so schnell zu kommen.
    Und ich, ich konnte einfach nicht. Diese Sache mit Jesus hat meinen Ständer geknickt.
    Denny gibt mir das Bier. Ich trinke. Denny spuckt eine tote Schnecke aus und sagt: »Trink lieber durch die Zähne, Mann.«
    Selbst in einer Kirche und splitternackt auf dem Altar wollte ich nicht, dass Paige Marshall, Dr. Paige Mar s hall, nur irgendein weiterer Fick für mich wurde.
    Weil nichts so vollkommen ist, wie man es sich vo r stellen kann.
    Weil nichts so aufregend ist wie die Fantasie.
    Einatmen. Und ausatmen.
    »Mann«, sagt Denny. »Ich finde, nach dem Bier hier ist Schluss. Holen wir den Stein und gehen wir dann nach Hause.«
    Und ich sage: Nur noch eine Straße, okay? Nur noch ein paar Gärten. Ich bin noch längst nicht betrunken genug, um diesen Tag zu vergessen.
    Es handelt sich hier um eine äußerst vornehme G e gend. Ich springe über den Zaun in den nächsten Ga r ten und lande kopfüber in einem Rosenbusch. Irgen d wo bellt ein Hund.
    Die ganze Zeit, als wir auf dem Altar lagen und ich versuchte, einen Ständer zu kriegen, sah das Kreuz auf uns herab.
    Es war aus hellem, poliertem Holz. Kein Gemarterter. Keine Dornenkrone. Keine Fliegen, kein Schweiß. Kein Gestank. Kein Blut, kein Leiden.
    Nicht in dieser Kirche. Kein Blutregen. Keine He u schreckenpl a ge.
    Paige hatte die ganze Zeit das Stethoskop in den O h ren und horchte auf ihren Herzschlag.
    Die Engel an der Decke waren übermalt. In dem go l denen Licht, das durch das bunte Fenster fiel, schwe b ten Staubteilchen. Es war ein breiter, massiver Strahl, ein warmer, schwerer Strahl, der sich da auf uns e r goss.
    Achtung bitte, Dr. Freud bitte ans weiße Servicetel e fon.
    Eine Welt aus Symbolen, nicht die wirkliche Welt.
    Als Denny mich in dem Busch liegen sieht, zerkratzt und blutig, die Kleider von Dornen zerrissen, sagt er: »Also, das war ’ s.« Er sagt: »Schluss. Mehr gibt ’ s nicht.«
    Rosenduft, der im St. Anthony ’ s Inkontinenz bedeutet.
    Ein Hund kratzt bellend an der Hintertür des Hauses. In der Küche geht Licht an, am Fenster erscheint j e mand. Dann geht das Licht auf der Veranda an, und ich staune selbst, wie schnell ich mich aus dem G e strüpp losreiße und auf die Straße renne.
    Vor uns auf dem Bürgersteig geht ein Pärchen, Arm in Arm und eng aneinander. Die Frau schmiegt sich mit der Wange ans Revers des Mannes, und der gibt ihr einen Kuss auf den Hinterkopf.
    Denny schiebt so hastig mit dem Kinderwagen los, dass die Vorderräder in einer Spalte des Bürgersteigs hängen bleiben, worauf der Puppenkopf hinausg e schleudert wird. Mit weit aufgerissenen Glasaugen springt der rosa Gummikopf an dem Pärchen vorbei und rollt in den Rinnstein.
    »Mann, kannst du mir den aufheben?«, sagt Denny.
    Meine Kleider zerfetzt und blutverschmiert, Dornen im Gesicht, latsche ich an dem Pärchen vorbei und ziehe den Kopf aus Laub und Unrat hervor.
    Der Mann schreit auf und weicht zurück.
    Und die Frau sagt: »Victor? Victor Mancini. O mein Gott.«
    Sie muss mir das Leben gerettet haben, ich habe nämlich keinen Schimmer, wer das ist.
    In der Kapelle, nachdem ich aufgegeben habe, nac h dem wir unsere Sachen wieder zugeknöpft haben, sagte ich zu Paige: »Vergiss das mit dem fötalen G e webe. Vergiss die Ressentiments gegenüber starken Frauen.« Ich sage: »Willst du den wahren Grund wi s sen, warum ich nicht mit dir ficken will?«
    Ich knöpfte mir die Kniehose zu und sagte: »Vielleicht ist es in Wahrheit so, dass ich dich stattdessen wirklich gern haben möchte.«
    Mit beiden Händen überm Kopf rückte Paige sich das schwarze Haargehirn wieder zurecht und sagte: »Vie l leicht ist es so, dass Sex und Sucht sich nicht unb e dingt gegenseitig ausschließen.«
    Ich musste lachen. Ich band mir die Krawatte und sagte: Doch. Doch, das tun sie.
    Denny und ich gelangen zum 700er-Block der Birch Street, jedenfalls steht das auf dem Straßenschild. Ich sage zu Denny, der den Kinderwagen schiebt: »Fa l sche Richtung, Mann.« Ich deute nach hinten und s a ge: »Das Haus meiner Mutter ist irgendwo da.«
    Denny geht weiter, der Boden des Wagens schabt

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