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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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ich mit schön schwarzen Händen vor ihrer Klasse, stoße die Zange ins Feuer und mache mit zwei schwarzen Fingern eine Bewegung, die in internation a ler Zeichensprache bedeutet: Kommt näher.
    Die hinten stehen, schieben das ganze Rudel nach vorn. Die vorn stehen, drehen sich um, und ein Kind ruft: »Miss Lacey?«
    Der Schatten im Fenster bedeutet, dass Miss Lacey zusieht, aber gerade als ich nach ihr sehe, duckt sie sich weg.
    Ich winke die Kinder noch näher heran. Das alte G e dicht über Georgie Porgie, sage ich, handelt in Wir k lichkeit von dem englischen König Georg dem Vierten, der einfach nie genug kriegen konnte.
    »Genug wovon?«, fragt ein Kind.
    Und ich sage: »Frag deine Lehrerin.«
    Miss Lacey schleicht weiter vorm Fenster herum.
    »Gefällt euch das Feuer, das ich gemacht habe?«, s a ge ich und zeige mit dem Kinn nach den Flammen. »Nun, so ein Schornstein muss immer wieder gereinigt werden. Nur ist es darin ziemlich eng, und weil sonst niemand da rein passt, hat man eben kleine Jungen gezwungen, da rein zu klettern und den Kamin von innen sauber zu machen.«
    Und weil es da drin so eng war, erzähle ich, wären die Jungen einfach stecken geblieben, wenn sie irgen d welche Anziehsachen angehabt hätten.
    »Also sind sie, genau wie der Weihnachtsmann … «, sage ich, »sind sie in den Schornstein geklettert … «, sage ich und ziehe ein heißes Schüreisen aus dem Feuer, »und zwar nackt.«
    Ich spucke auf das rot glühende Ende des Schürh a kens, und die Spucke zischt laut in das gebannte Schweigen.
    »Und wisst ihr, wie sie gestorben sind?«, sage ich. »Na?«
    Niemand meldet sich.
    Ich sage: »Wisst ihr, was ein Skrotum ist?«
    Niemand sagt Ja, niemand nickt auch nur. Ich sage: »Dann fragt eure Lehrerin.«
    Bei unserem Sonderprogramm im Räucherhaus hatte sich Miss Lacey erst einmal mit einer satten Ladung Spucke über meinen Schwengel hergemacht. Unsere Zungen saugten sich aneinander fest, alles voller Speichel und Schweiß, dann legte sie sich zurück und sah mich lange an. In dem dämmrigen verräucherten Raum hingen überall dicke große Plastikschinken he r um. Sie ist jetzt ganz nass und reitet auf meiner Hand, und nach jedem Wort holt sie tief Luft. Sie wischt sich den Mund und fragt, ob ich ein Präservativ dabeihabe.
    »Alles in Ordnung«, sage ich. »Wir sind im Jahr 1734, schon vergessen? Da sind fünfzig Prozent der Kinder schon bei der Geburt gestorben.«
    Sie bläst sich eine schlaffe Haarsträhne aus dem G e sicht und sagt: »Das habe ich nicht gemeint.«
    Ich fahre ihr mit der Zunge zwischen den Brüsten hoch zum Hals und weiter nach oben, um schließlich ihr Ohr ganz in den Mund zu nehmen. Während ich weiter mit feuchten Fingern an ihr herumspiele, sage ich: »Hast du etwa irgendwelche üblen Krankheiten, von denen ich wissen sollte?«
    Sie zieht mich hinten auseinander, beleckt sich einen Finger und sagt: »Ich halte viel davon, mich selbst zu schützen.«
    »Auch gut«, sage ich.
    Ich sage: »Dafür könnte ich gefeuert werden«, und streife mir einen Gummi über.
    Sie schiebt mir ihren nassen Finger in den Arsch, gibt mir mit der anderen Hand einen Klaps und sagt: »Was glaubst du, wie ich mich fühle?«
    Um nicht jetzt schon zu kommen, denke ich an tote Ratten und verfaulten Kohl und Donnerbalken. Ich sage: »Ich hab nur gemeint, dass Latex erst im näch s ten Jahrhundert erfunden wird.«
    Ich zeige mit dem Schürhaken auf die Viertklässler und sage: »Wenn diese kleinen Jungen aus dem Schornstein kamen, waren sie von oben bis unten mit Ruß bedeckt. Der Ruß ist richtig in ihre Hände und Knie und Ellbogen eingedrungen, und da es keine Se i fe gab, mussten sie eben immer so schwarz bleiben.«
    Mehr hatten sie damals im Leben nicht. Tag für Tag wurden sie gezwungen, in irgendeinen Schornstein zu klettern; immer mussten sie im Dunkeln da heru m kriechen, immer hatten sie Mund und Nase voll Ruß. Sie sind nie zur Schule gegangen, sie hatten weder Fernsehen noch Videospiele noch Mango-Papaya-Saft in Tetraschachteln, sie hatten keine Musik, kein Spie l zeug mit Fernsteuerung, keine Schuhe. Ein Tag war wie der andere.
    »Diese kleinen Jungen«, sage ich und schwenke den Schürhaken über ihre Köpfe, »das waren Kinder genau wie ihr. Sie waren ganz genau wie ihr.«
    Ich lasse den Blick von einem Kind zum anderen wa n dern und sehe jedem Einzelnen kurz in die Augen.
    »Und jeden Tag ist jeder dieser kleinen Jungen mit einer Entzündung an seinen Geschlechtsteilen aufg e

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