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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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wacht. Und diese Entzündungen sind nie geheilt. Und dann haben sich Metastasen entwickelt und sind über die Samenleiter in den Bauch hinauf gewandert, und dann«, sage ich, »war für diese kleinen Jungen alles zu spät.«
    Die Überbleibsel meines Medizinstudiums.
    Ich erzähle ihnen, wie man gelegentlich versucht h a be, einen kleinen Jungen zu retten, indem man ihm das Skrotum abgeschnitten hat, nur dass es damals noch keine Krankenhäuser und keine Medikamente gegeben habe. Im achtzehnten Jahrhundert waren solche Tumoren noch unter dem Namen »Rußwarzen« bekannt.
    »Und diese Rußwarzen«, erzähle ich den Kindern, »waren die erste Form von Krebs, die von Menschen erfunden wurde.«
    Dann frage ich, ob jemand weiß, warum man diese Krankheit Krebs nennt?
    Niemand meldet sich.
    »Dann muss ich wohl selbst einen von euch dranne h men«, sage ich.
    Im Räucherhaus fuhr sich Miss Lacey mit den Fingern durch die verfilzten feuchten Haare und sagte: »Ach?« Als ob das eine völlig harmlose Frage wäre, sagt sie: »Du hast auch noch ein Leben außerhalb?«
    Ich reibe mir die Achselhöhlen mit meiner gepuderten Perücke trocken und sage: »Machen wir uns nichts vor, okay?«
    Sie rollt ihre Strumpfhose auf, wie Frauen es übliche r weise tun, um sie bequemer anziehen zu können, und sagt: »Anonymer Sex wie der hier ist ein Symptom von Sexsucht.«
    Ich würde mich lieber als Playboy sehen, eine Type wie James Bond oder so.
    Und Miss Lacey sagt: »Na ja, James Bond war ja vie l leicht auch sexsüchtig.«
    Jetzt müsste ich ihr eigentlich die Wahrheit sagen. Ich bewundere Süchtige. In einer Welt, in der jeder auf eine willkürlich zuschlagende Katastrophe oder den plötzlichen Ausbruch einer Krankheit wartet, genießt der Süchtige den Trost, ziemlich genau zu wissen, was ihm am Ende seines Wegs erwartet. Er hat sein Schicksal in die Hand genommen; die Sucht sorgt d a für, dass die Ursache seines Todes nicht völlig überr a schend für ihn kommt.
    Sucht ist gewissermaßen eine positive Aktivität.
    Eine gute Sucht erlöst von der Ungewissheit des T o des. Es ist tatsächlich möglich, seinen Abgang zu pl a nen.
    Und natürlich ist es mal wieder typisch Frau, sich ei n zubilden, das Leben könne einfach immer so weiterg e hen.
    Siehe auch: Dr. Paige Marshall.
    Siehe auch: Ida Mancini.
    Die Wahrheit ist: Sex ist nur dann Sex, wenn man jedes Mal einen neuen Partner hat. Das er ste Mal ist das einzige Mal, dass man mit Kopf und Körper z u gleich dabei ist. Schon in der zweiten Stunde des er s ten Mals beginnt der Kopf eigenen Wege zu gehen. Die vollständige anästhetische Wirkung erzielt man nur beim allerersten anonymen Sex.
    Was würde Jesus nicht tun?
    Aber statt all dessen habe ich Miss Lacey einfach eine Lüge aufgetischt: »Wie kann ich dich erreichen?«
    Ich erkläre den Viertklässlern, dass man diese Kran k heit Krebs nennt, weil der Krebs, wenn er zu wachsen anfängt und schließlich durch die Haut hervorbricht, wie eine große rote Krabbe aussieht. Dann bricht die Krabbe auf, und es kommen Blut und weißes Zeug zum Vorschein.
    »Egal, was die Ärzte versucht haben«, erzähle ich den schweigenden kleinen Kindern, »am Ende hat jeder dieser schmutzigen kranken kleinen Jungen nur noch vor Schmerzen geschrien. Und wer kann mir sagen, was dann passiert ist?«
    Niemand meldet sich.
    »Ist doch klar«, sage ich. »Dann sind sie gestorben.«
    Und ich stoße den Schürhaken ins Feuer zurück.
    »Und?«, sage ich. »Noch Fragen?«
    Niemand meldet sich, also erzähle ich von hirnve r brannten Forschungsmethoden, von Wissenschaftlern, die Mäuse rasiert und mit dem Smegma von Pferden eingerieben haben. Damit sollte bewiesen werden, dass Vorhäute Krebs erzeugen.
    Ein Dutzend Hände gehen hoch, und ich sage: »Fragt eure Lehrerin.«
    Was für ein Scheißjob, diese armen Mäuse zu rasieren. Und dann auch noch unbeschnittene Pferde aufzutre i ben.
    Nach der Uhr auf dem Kamin ist unsere halbe Stunde fast vorbei. Denny steht immer noch draußen am Pranger. Um eins ist seine Zeit abgelaufen. Ein Dor f köter bleibt neben ihm stehen und hebt das Bein, und der dampfende gelbe Strahl zischt genau in Dennys Holzschuh.
    »Im Übrigen«, sage ich, »hat George Washington Sklaven gehalten und niemals selbst einen Kirschbaum gefällt. Und in Wirklichkeit war er eine Frau.«
    Als sie zur Tür drängen, sage ich: »Und lasst den T y pen am Pranger in Ruhe.« Ich rufe: »Und schüttelt nicht schon wieder die verdammten

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