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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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»Pestrosen« oder Beulen nannten. Daher »Beulenpest«. Wer sich angesteckt hatte, wurde in sein Haus eingesperrt und musste sterben. In sechs Monaten wurden hunderttausend Menschen in riesigen Massengräbern begraben.
    Die Zeile mit »pocket full of posies« kommt daher, dass die Londoner damals immer kleine Blumensträ u ße bei sich trugen, um den Leichengestank zu überd e cken.
    Zum Feuermachen legt man erst einmal ein paar St ö cke und trockenes Gras zusammen. Dann schlägt man Funken aus einem Feuerstein und pustet kräftig. Aber glaub bloß nicht, dass diese Nummer mit dem Feue r machen ihre kleinen Augen zum Leuchten bringt. Mit einem Funken kann man niemanden beeindrucken. In der ersten Reihe kauern Kinder über ihren Gam e boys. Andere gähnen dir mitten ins Gesicht. Und alle kneifen sich und kichern und verdrehen die Augen, wenn sie mich in dieser Kniehose und dem schmutz i gen Hemd da rumstehen sehen.
    Stattdessen erzähle ich ihnen, wie der Schwarze Tod 1672 nach Neapel kam und vierhunderttausend Me n schenleben forderte.
    1711 fielen dem Schwarzen Tod im Heiligen Röm i schen Reich fünfhunderttausend Menschen zum Opfer. 1781 starben weltweit Millionen an der Grippe. 1792 tötete eine andere Seuche achthunderttausend Ägy p ter. 1793 lösten Moskitos in Philadelphia eine Gelbfi e berepidemie aus, an der Tausende zu Grunde gingen.
    Ein Junge in der letzten Reihe flüstert: »Das ist ja noch schlimmer als das Spinnrad.«
    Andere Kinder packen ihre Fresspakete aus und sehen nach, was sie auf dem Butterbrot haben.
    Durchs Fenster sieht man Denny, der am Pranger steht. Heute aber nur aus Gewohnheit. Der Stadtrat hat verkündet, dass Denny nach dem Mittagessen in die Verbannung geschickt werden soll. Der Pranger ist einfach der Ort, an dem er sich vor sich selbst am s i chersten fühlt. Er ist nicht in den Stock geschlossen, trotzdem hat er Köpf und Hände an die seit Monaten gewohnten Stellen gelegt.
    Auf dem Weg vom Weber zu mir hat ein Junge Denny ein Stöckchen in die Nase gesteckt und dann auch noch versucht, es ihm in den Mund zu schieben. And e re Kinder streicheln ihm den rasierten Schädel, weil das angeblich Glück bringt.
    Da man mit Feuermachen höchstens fünfzehn Minuten totschlagen kann, soll ich den Kindern anschließend auch noch die großen Kochtöpfe, die Reisigbesen und Bettwärmer und so was alles zeigen.
    In einem nur zwei Meter hohen Raum wirken Kinder merkwürdig groß. Ein Junge ganz hinten sagt: »Sche i ße. Schon wieder Eiersalat.«
    Hier im achtzehnten Jahrhundert sitze ich vor dem großen offenen Kamin, neben dem die üblichen Fo l terwerkzeuge ausgestellt sind, lange Topfhaken, Schürhaken, Kaminböcke, Brandeisen. Das Feuer prasselt. Das ist genau der richtige Augenblick, die Eisenzange aus der Glut zu nehmen und so zu tun, als ob man die weiß glühenden Spitzen betrachten würde. Alle Kinder treten einen Schritt zurück.
    Und ich sage: He, Kinder, kann mir einer von euch sagen, wie die Leute im achtzehnten Jahrhundert nackte kleine Jungen zu Tode gequält haben?
    Damit kriegt man sie immer.
    Niemand streckt den Finger.
    Den Blick auf die Zange gerichtet, sage ich: »Nun?«
    Keiner meldet sich.
    »Also wirklich«, sage ich und klappe die Zange auf und zu. »Eure Lehrerin muss euch doch erzählt haben, wie man damals die kleinen Jungen getötet hat.«
    Die Lehrerin steht draußen und wartet. Vor zwei Stu n den, als ihre Schüler Wolle kardieren mussten, haben diese Lehrerin und ich im Räucherhaus Körperflüssi g keiten ausgetauscht. Und natürlich denkt sie jetzt, die Sache würde sich zu einer Romanze entwickeln. Von wegen. Erstaunlich, was eine Frau da alles reininte r pretiert, wenn man, mit der Zunge in ihrem herrlich elastischen Hintern, aus Versehen murmelt: Ich liebe dich.
    In zehn von zehn Fällen meint ein Mann damit nur: Ich liebe es, das hier zu machen.
    Man trägt ein flauschiges Leinenhemd, ein Halstuch und eine Kniehose, und schon will sich einem die ga n ze Welt aufs Gesicht setzen. Wie wir zwei da mit me i nem dicken heißen Prügel das gleiche Ziel verfolgen, das ist ein Bild, das den Umschlag eines altertüml i chen Pornoromans zieren könnte. Ich sage: »Ah, G e liebte, stülpt euer Fleisch auf meins. O ja, stülpt es mir über, Geliebte.«
    Die Zoten des achtzehnten Jahrhunderts.
    Die Lehrerin heißt Amanda oder Allison oder Amy. I r gend so ein Name mit einem Vokal darin.
    Du musst dich immer nur fragen: »Was würde Jesus nicht tun?«
    Jetzt stehe

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