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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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Schmitt, las ich, dahinter die aktuelle Jahreszahl.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« Der Doc war mir gefolgt und starrte auf den Pokal in meinen Händen. Ich musste sehr blass geworden sein, denn er nahm ihn mir aus der Hand und führte mich zurück zum Tresen. »Komm, trink einen Schluck. Und noch einen, komm! Nicht, dass du mir hier umkippst. Du solltest wirklich zum Arzt gehen, du bist ganz grün im Gesicht. Hast du Schmerzen?«
    »Nein, Danke, es geht schon wieder.« Ich stellte das Glas auf die Theke zurück. Dann nahm ich meine zweite Kool und befreite sie mit zitternden Händen von ihrer Plastikhülle. »Es geht schon wieder«, murmelte ich erneut.
    Der Doc sah mich lange von der Seite an. »Weißt du«, begann er dann, »ich wollte das vorhin nicht erwähnen...« Er befeuchtete seine Lippen. »Ich habe Blinzle ein paar Mal getroffen in den Wochen vor seinem ... Tod. Du warst im Urlaub.« Er zog an seiner Zigarre und sah dem Rauch nach, der ihm langsam aus Mund und Nase quoll. »Ihm ging es so ähnlich wie dir jetzt. Er war angeschlagen, körperlich, psychisch. Er sagte komische Dinge...«
    »Was für Dinge?
    »Na ja, er sprach oft von den armen Menschen da unten . Im Simulator, meine ich. Er sagte zum Beispiel: ‚Ich werde niemals zulassen, dass man diese armen Menschen mit Interviewern quält.’ Findest du das nicht eigenartig?«
    »Wir hatten niemals vor, Interviewer runter zu schicken.« Der Simulator und seine Welt war für uns immer unten gewesen, wer weiß warum.
    »Das spielt doch keine Rolle!« Er schnaubte ungeduldig. »Ich wollte damit sagen, dass er eine sehr enge emotionale Beziehung zu seinen ... Geschöpfen hatte.«
    »Blinzle? Das kann ich mir nicht vorstellen.« Blinzle war ein verdammter Technokrat gewesen, ausgerechnet er sollte die Reaktionseinheiten als eine Art von Leben betrachtet haben?
    »Ich glaube, er hat das unterschätzt. Genauso wie du das jetzt unterschätzt. Es ist dieser Job, der euch kaputt macht. Zuerst Blinzle und jetzt dich. Es ist nicht leicht ein Gott zu sein. Für einen Menschen ist das nicht leicht...« Den letzten Satz hatte er leise, mehr zu sich selbst gesagt.
    Ich dachte über Docs Bemerkung nach. Begann ich tatsächlich den Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren, weil ich im Simulator eine andere Wirklichkeit erschaffen hatte? Verwischten sich die Grenzen zwischen Simulation und Realität, verloren sich die Unterschiede zwischen den Reaktionseinheiten und den echten Menschen? Was war überhaupt echt ? Vielleicht gab es ja im Simulator einen Bogdan Draganski, und ich hatte ihn unbewusst in unserer Welt angesiedelt. Ich beschloss, mich dessen so bald wie möglich zu vergewissern.
    »Menschen machen Haustiere zu Lebenspartnern, in Computerspielen gehst du wie selbstverständlich mit computeranimierten Wesen um, du sprichst mit ihnen, du verbündest dich mit ihnen, du kämpfst mit ihnen, du tötest sie... Um wie viel komplexer sind eure Reaktionseinheiten ! Wäre es denn so verwunderlich, wenn sie einem ans Herz wüchsen?«
    »Nein, wohl kaum«, antwortete ich ohne echte Überzeugung. Natürlich sprach ich manchmal mit meinen Reaktionseinheiten, beziehungsweise mein Avatar tat das. Manchmal schaltete ich mich auf eine von ihnen auf, um die simulierte Welt aus ihrer Perspektive zu betrachten, um zu sehen, was sie sah, um zu fühlen, was sie fühlte. Und ich kannte viele von Ihnen mit Namen. Einige von ihnen standen mir näher als andere. Einige mochte ich, andere nicht. Sie waren mir so vertraut wie es zahme Laborratten gewesen wären. Aber Menschen? Nein, Menschen waren sie für mich nicht. Blinzle hatte es sicher genauso gedacht. Davon war ich überzeugt.
    Doc Schmitts Zigarre war schon fast abgebrannt, als mir wieder einfiel, warum ich ihn hatte treffen wollen. War es ihm schon nicht gelungen, meine angeschlagene Moral aufzurichten, konnte er mir vielleicht bei Blinzles Zeichnung weiterhelfen. Obwohl ich lange darüber nachgedacht hatte, konnte ich mir noch immer keinen Reim darauf machen.
    »Doc, ich habe in Blinzles Unterlagen eine seltsame Zeichnung gefunden. Leider kann ich überhaupt nichts damit anfangen. Doch irgendeine Bedeutung muss sie haben.« Meine zweite Kool lag als Stummel im Aschenbecher, und ich erwog kurz, mir eine weitere zu bestellen, doch dann ließ ich es bleiben.
    »Es ist ein Grieche«, sagte mein ehemaliger Lehrer, nachdem ich ihm die Zeichnung umständlich beschrieben hatte.
    Römer, Grieche... Was machte das für einen Unterschied? »Gut,

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