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Der Sixtinische Himmel

Der Sixtinische Himmel

Titel: Der Sixtinische Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Morell
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Messer an die Kehle gesetzt. Caterina zeigte sich daraufhin auf der Burgmauer, hob vor den Augen der Belagerer ihre Röcke, entblößte ihren Unterleib und erklärte, dass sie noch jede Menge Kinder bekommen könne. Und so hatte Aurelio sie stets in seinen Träumen gesehen: mit gehobenen Röcken, nacktem Unterleib, offenen Haaren und einem überlegenen Lächeln im Gesicht.
    Margheritas Schoß jedoch hatte nichts mit dem gemein, den Aurelio sich bei Caterina Sforza ausgemalt hatte. Dieser war echt, warm, wärmer noch als ihr Bauch, fleischig und empfindlich – sehr feinfühlig –, zudem pulsierte er vor Leben und barg versteckte Geheimnisse. Außerdem stieg ein Geruch von ihm auf, der Aurelios Erregung ins Unermessliche steigerte.
    »Du kannst ruhig weiteratmen«, hörte er sie sagen.
    Nachdem Margherita ihn in die Geheimnisse und Vorlieben ihres Schoßes eingeweiht hatte, dauerte es nicht lange, bis Aurelios begabte Hände ihren Körper sich erst lustvoll aufbäumen und anschließend in einem Reigen freudvoller Zuckungen wieder in sich zurückkehren ließen.
    »Allmächtiger«, sagte sie mit einer Stimme, die noch nicht wieder zu ihrer gewohnten Tonlage gefunden hatte, »du bist in der Tat ein sehr gelehriger Schüler.« Sie warf die Decken zurück, schob Aurelios Beine auseinander und kniete sich zwischen seine Schenkel. Ihre Zähne leuchteten in der Dunkelheit. »Mir scheint, da ist jemand sehr erpicht darauf, in die geheimen Gemächer eingelassen zu werden«, sagte sie, als ihre Finger sein Glied umfassten.
    Aurelio versuchte nicht einmal mehr, Worte zu formen. Umringt von Pferden, Ochsen, Schweinen und einem mit dem Tode ringenden Schaf, beugte Margherita sich über ihn. Kaum hatten ihre vollen Lippen sein pochendes Glied umfangen, glaubte Aurelio zu spüren, wie ein Gefäß in seinem Kopf platzte, und von einem Schrei begleitet, ging ein Sternenregen an den Innenseiten seiner Schädeldecke nieder, der bis nach Rom hätte leuchten müssen, tatsächlich aber – Aurelio überzeugte sich davon, indem er kurz die Augen öffnete – außerhalb seines Körpers nicht zu sehen war.

VI
    Aurelio stand im Schatten der Stadtmauer und legte ungläubig den Kopf in den Nacken. Dreißig Fuß musste sie hoch sein, mindestens. Und alle zwanzig Doppelschritte ein Wehrturm, der die eigentliche Mauer noch einmal überragte. Sie nahm kein Ende. Ganz Rom war eine Festung. Tausende von Arbeitern mussten jahrzehntelang Steine aufgeschichtet haben, um sie zu erschaffen. Aurelio kam sich unbedeutend und nichtig vor – ein Käfer, der Einlass zum Caput Mundi, dem Haupt der Welt, begehrte.
    Je länger er sich der Gravitation der Mauer aussetzte, umso stärker schien sie ihm nicht nach außen, sondern nach innen gerichtet zu sein. Wer es wagte, dort hineinzugehen, dachte Aurelio, der kam nicht mehr heraus. Diese Stadt war sein Schicksal. Margherita öffnete umständlich ihre Koffertruhe, streifte sich ein tief ausgeschnittenes Kleid mit Granatapfelmuster über und flocht sich ihre Haare zu dem Reif, der Aurelio noch aus dem Hinterzimmer der »Campana« in Erinnerung war. Ihre Aussteuer war alles, was sie besaß, doch wollte sie erhobenen Hauptes in die Stadt einfahren – als ihre kommende Königin.
    Als sie auf die Porta del Popolo zuhielten, das Stadttor, an dem die Via Flaminia ihren Anfang nahm, stieß einer der Wachen seinem Kollegen in die Rippen und deutete mit dem Kinn in ihre Richtung. Sie raunten sich etwas zu, und als Margherita und Aurelio in den Torbogen eintauchten, schickte eine der Wachen ihnen ein »Willkommen im Cauda Mundi!« hinterher.
    Aurelio glaubte, den römischen Akzent falsch verstanden zu haben. »Was hat er gesagt?«, fragte er Margherita.
    Inzwischen hatten sie die Chiesa Santa Maria passiert, überquerten die Piazza del Popolo und steuerten die Via del Corso an.
    »Willkommen im Schwanz der Welt«, gab Margherita zur Antwort.
    Aurelio hatte sich also nicht verhört. »Ich dachte, Rom sei das Haupt der Welt.«
    »Nun«, sagte Margherita und ließ die Zügel schnalzen, »ich schätze, dieser Tage ist es wohl beides.«
    Die Via del Corso schien von einem Titanen mit der Axt in das Gassengewirr geschlagen worden zu sein. Schnurgerade führte sie von der Piazza in die Altstadt, und das auf einer Länge, die Aurelio mit bloßem Auge nicht abzuschätzen vermochte. Sie war breit genug, um Pferderennen darauf auszutragen, was, wie Aurelio später erfahren sollte, einer der Gründe war, weshalb Paul II. sie

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