Der Sklave von Midkemia
beim Anblick des schmutzigen Himmels gehabt hatte.
»Es ist Staub, der von marschierenden Soldaten aufgewirbelt wird. Die Minwanabi wollen nicht länger warten«, berichtete der Läufer atemlos. »Vielleicht glauben sie, wir schlagen hier unser Lager auf.«
Keyoke verzog den Mund. Er winkte Dakhati zu sich. »Wir müssen uns beeilen.« Seine Füße waren müde, er spürte jede Meile, die er zurückgelegt hatte. Keyoke sah zu, wie sein Truppenführer Befehle erteilte. Seine Gedanken schweiften ab, und plötzlich sehnte er sich nach der Gegenwart Papewaios, nach seiner Intuition. Doch Pape war tot, von einem Attentäter der Minwanabi ermordet, als er Mara verteidigt hatte. Keyoke hoffte, daß er zumindest ebensoviel erreichen würde. Er gab sich keinen Illusionen hin – alle seine Krieger würden vermutlich im Laufe dieser Auseinandersetzung den Roten Gott grüßen, getötet von den Waffen der Minwanabi.
Bäume schützten sie vor feindlichen Blicken, als sie die Seide abluden und die Tiere ausschirrten. Andere Soldaten schnitten im Wald kräftige Stöcke und kippten damit die Wagen auf die Seite, um eine Barriere zu errichten, hinter der sich zwanzig Bogenschützen verschanzen konnten. Diese Männer blieben freiwillig zurück; sie würden bis zum letzten Atemzug kämpfen und dem Rest der Kompanie genügend Zeit verschaffen, um Wiallos Schlucht zu erreichen. Niemand wagte es, über die Gefahr zu sprechen, daß ein solcher Ort gar nicht existierte oder der ehemalige Graue Krieger dessen Lage falsch in Erinnerung hatte.
Die Sonne verschwand früh aus dem Tal, doch ihre Strahlen tauchten die Höhen in goldenes Licht. Weiter unten verstärkte sich die Düsternis durch den Staub, den die Minwanabi-Armee aufwirbelte.
Keyoke gab weitere Anordnungen. »Jeder Mann soll soviel Seide tragen, wie er will.« Wiallo schaute ihn verblüfft an, und Keyoke erklärte seine Anweisung: »Die Ballen eignen sich hervorragend zur Abwehr von Pfeilen oder als Bollwerk gegen einen Angriff. Die Diener sollen jetzt die Needras an den Zügeln führen, damit wir so schnell wie möglich zu dieser Schlucht aufbrechen können.«
Die Soldaten luden sich Seidenballen auf ihre Schultern und marschierten zwischen den Wagenlenkern und Dienern, die die störrischen Needras über zerklüftete Felsblöcke trieben. Die Dunkelheit brach schnell herein, und das Terrain war schwierig. Der Weg der restlichen Karawane führte über unsicheres Gelände, an Zweigen vorbei, die zurückschnellten oder sich an Rüstungen und Waffen verfingen; über Rinnen, die die reinsten Stolperfallen waren. Immer wieder stürzten die Männer, doch niemals stieß einer einen Fluch aus. Schweigend erhoben sie sich wieder, nahmen ihr heruntergefallenes Bündel auf und drängten weiter durch das dichte Unterholz des Waldes.
Als der Mond aufging, stieß die Kompanie auf einen Engpaß. Hier überwucherten Ranken die Bäume, als wollten sie sie erwürgen, und rechts und links ragten wuchtige Felsnasen aus dem üppigen Grün.
»Die Schlucht liegt gleich dahinter, vielleicht drei Bogenschußweiten von dieser Formation entfernt«, sagte Wiallo.
Keyoke blinzelte durch die Dunkelheit und machte einen Felsen aus, der über den Pfad ragte und einen Überhang bildete. Er hob die Hand, und die Gruppe hinter ihm blieb stehen.
Ein Vogel rief und verstummte wieder; niemand konnte sagen, ob das Geschöpf Federn trug oder Waffen. Keyoke wandte sich an zwei Krieger in seiner Nähe: »Ihr bleibt hier und steht Wache. Sobald es ein Zeichen von den Vefolgern gibt, muß einer von euch mich benachrichtigen.«
Die beiden Männer legten ihr Bündel nieder und nahmen wortlos ihre Position ein. Keyoke lobte ihren Mut und hätte gerne genug Zeit gehabt, um ihnen mehr sagen zu können. Doch das Unvermeidliche ließ sich durch Worte nicht beschönigen: Sobald die Minwanabi auf sie zumarschierten, würde einer der beiden loslaufen, während der andere kämpfen und sterben würde, um seinem Kameraden die nötige Zeit zu verschaffen, damit er seine Aufgabe erfüllen konnte. Mara wäre stolz, dachte der Kommandeur traurig.
Es ging weiter den Pfad entlang. Die Männer bewegten sich in einem Tempo durch die Düsternis, als wären sie von Dämonen besessen. Bei einem weiteren, noch schmaleren Engpaß mußten alle auf Händen und Füßen kriechen und klettern und ihre Bündel weiterreichen, und die Needras wurden gezwungen, ganz gegen ihre Natur zu springen. Keyoke winkte Wiallo zu sich. Über das laute Gebrüll
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