Der Sklave von Midkemia
und ließ sein charakteristisches trockenes Grinsen aufblitzen. »Ich habe mir diese Freiheit bereits genommen.«
Dann handelte Mara aus einem plötzlichen Instinkt heraus. »Befehlt den Wachen, die Waffen niederzulegen. Jetzt. Sofort.«
Lujan warf einen argwöhnischen Blick auf die sich nähernden Gestalten, dann zuckte er mit den Schultern. »Beten wir, daß die Götter mit uns sind. Nach Tasaios Vorstellung gestern werden die Clanführer ein wenig Grund haben, uns zu lieben.«
»Genau das hoffe ich«, sagte Mara schnell.
Sie stand mit tief gerunzelter Stirn da, während Lujan ihren Befehl weitergab. Alle Acoma-Soldaten um das Lager legten die Schwertgürtel ab und ließen die Waffen in den Sand gleiten.
»Ihr glaubt, daß die Anführer als Friedensbotschafter kommen?« erklang eine Stimme. Es war Chipino, noch etwas mürrisch vom Schlaf. Er trat zu Mara, die Robe in der Hast nur halb geschlossen.
»Genau darauf zähle ich«, murmelte Mara.
»Und wenn sie es nicht sind?« entgegnete Chipino. Er klang eher interessiert als beunruhigt.
Mara lächelte. »Ihr habt richtig geraten, Mylord, ich bin nicht ganz ohne Vorbehalte. Lujan sollte nur den Wachen befehlen, die Waffen niederzulegen. Andere Truppen machen sich genau in diesem Augenblick außer Sichtweite hinter dem Kommando-Zelt bereit.«
Lujan tauchte hinter dem Kommando-Zelt auf; er wirkte leicht verlegen. »Jemand muß ja Ausschau nach möglichem Ärger halten«, sagte er vergnügt.
Dann verschwand die Leichtigkeit aus seiner Haltung, und auch er blickte nach Süden, wo die sieben kleinen Besucher vor den Reihen der reglosen Wachen stehenblieben. Der Anführer von ihnen, der die meisten Perlen trug, grüßte mit einer schwungvollen Bewegung.
»Laßt sie passieren«, rief Lord Chipino. »Wir sind bereit, mit ihnen zu sprechen.«
Die Wachen traten gehorsam auseinander, und ohne ein weiteres Wort kamen die Wüstenbewohner näher. Sie gingen auf kurzen, krummen Beinen durch das Lager, ohne nach rechts und links zu schauen. Ohne zu zögern, rückten sie immer weiter vor, bis sie den Lord und die Lady vor dem Zelt erreicht hatten. Sie blieben in einem Halbkreis vor ihnen stehen und starrten sie an – vom Sand abgeschmirgelte hölzerne Götzenbilder, deren Perlen sich sanft in der Brise bewegten.
»Wir brauchen einen Dolmetscher«, sagte Lord Chipino leise zu einem von Maras Dienern. Dann nahm er den Arm der Lady und führte sie zwei Schritte nach vorn. Zusammen verneigten sie sich leicht, indem sie kurz mit dem Kopf nickten. In der Zeichensprache der Wüstenstämme hielten sie ihnen die geöffneten Hände entgegen, was das Aussetzen der Feindseligkeiten bedeutete.
Sofort erwiderte der Anführer den Gruß mit einer Reihe von Gesten, die Nase, Mund und Ohren einschlossen. Er verneigte sich im Stil des Kaiserreichs, und die Perlen an den Fransen klimperten. Dann begann er aufgeregt zu sprechen, ein scheinbarer Gegensatz zu seinen präzisen Bewegungen.
Der Dolmetscher, ein rundlicher, kleiner Bursche aus Ilama, mußte sich beeilen, um noch das Wesentliche mitzubekommen, denn das hektische Geplapper hörte abrupt auf.
»Was hat er gesagt?« Mara verlor beinahe ihre Haltung vor Ungeduld.
Der Dolmetscher wölbte rötliche Augenbrauen in aufrichtigem Erstaunen. Er versuchte sich die Worte erst auf der Zunge zergehen zu lassen, um sich ihrer Gültigkeit zu vergewissern, bevor er antwortete. »Diese hier sind die Anführer der Sieben Stämme von Dustaris nördlicher Wüste. In ihrem eigenen Dialekt heißen sie die Winde des Sandes. Sie sind hier, um Feindschaft und Blutrache gegen den Mann zu schwören, den Ihr als Tasaio von den Minwanabi kennt. Weiterhin, da die Länder der Minwanabi auf der anderen Seite des großen Meeres liegen und die Krieger der Winde des Sandes keinen Zutritt zum Kaiserreich haben, bitten die Anführer der Sieben Stämme der Winde des Sandes um eine Allianz zwischen Euren Stämmen und ihren.«
Mara und Chipino sahen sich zufrieden an. Dann neigte Mara ihren Kopf und überließ dem Lord der Xacatecas das Recht, für sie beide zu sprechen. Lord Chipino schaute direkt in die heißen, dunklen Augen des Anführers und wartete nicht darauf, daß der Dolmetscher bereit war. »Sagt den Anführern der Winde des Sandes«, begann er, »daß unsere Stämme eine solche Allianz begrüßen. Darüber hinaus versprechen die Stämme der Acoma und Xacatecas, den Anführern der Winde des Sandes Tasaios Schwert zu schicken, als Beweis, daß die Blutschuld
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