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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Nicken. »Hol dem Burschen ein Kissen«, befahl er seinem Sklaven.
    Er bekam sogar eines aus dem persönlichen Alkoven des Lords. Etwas verlegen bat Chipino den Barbaren, Platz zu nehmen. Zufrieden in seiner väterlichen Weise, daß der Bursche einen sehr angenehmen Eindruck machte, eröffnete er das Gespräch über ein seiner Meinung nach äußerst heikles Thema. »Du bist ein Sklave, und daher konntest du feige vor dem Feind davonlaufen, als deine Lady es dir befahl, nicht wahr?«
    Zu Chipinos Verblüffung begann Kevin zu lachen. »Daß ich ein Sklave bin, hat damit nichts zu tun«, erklärte er mit seiner dröhnenden Stimme. »Es war Befriedigung genug, den überraschten Ausdruck in Tasaios Gesicht zu sehen.«
    Lord Chipino runzelte die Stirn und verbarg seine Verwirrung hinter der Tasse Tesh, die auf dem Tablett neben ihm stand. »Und doch warst du in der Armee deines Heimatlandes ein Offizier, zumindest hat deine Herrin mir das erzählt. Empfandest du keine Scham dabei, Feigheit zu offenbaren?«
    Kevin wölbte die Augenbrauen. »Scham? Entweder versuchten wir, den Feind hereinzulegen, oder wir wären gestorben. Ich halte Scham für einen kümmerlichen Luxus gegenüber dem dauerhaften Zustand des Todes.«
    »Seine Leute schätzen das Leben weit höher ein als wir«, unterbrach Mara. »Sie erkennen das Rad des Lebens nicht an, und sie verstehen auch nicht das Konzept göttlicher Wahrheit. Sie glauben nicht, daß ihre nächste Inkarnation von der Ehre abhängt, die sie im gegenwärtigen Leben erworben haben.«
    Jetzt schnaubte Kevin. »Ihr habt Traditionen, aber ihr habt keinen Sinn dafür, Stil zu entwickeln. Ihr versteht keine Witze wie wir im Königreich der Inseln.«
    »Aha«, warf Chipino ein, und die Verwirrung auf seinem ledernen Gesicht wich ein wenig, als wäre damit alles erklärt. »Du bist vor Tasaio geflohen und hast keine Scham empfunden, weil du das Ganze für einen Witz gehalten hast?«
    Kevin überdeckte seine amüsierte Gereiztheit mit Nachsicht. »Etwas vereinfacht ausgedrückt, möglicherweise ja.« Er neigte den Kopf zur Seite und strich die roten Locken zurück. »Das Schlimmste an dem Auftrag war, daß ich mich kaum zurückhalten konnte, laut loszuprusten. Glücklicherweise saßen die Riemen von Lujans zweiter Rüstung zu eng, sonst wäre ich trotz meiner Bemühungen geplatzt.«
    Chipino strich sich über das Kinn. »Ein Witz also«, schloß er, obwohl er sich ganz offensichtlich wieder wunderte. »Ihr Midkemier habt eine merkwürdige Art zu denken.« Sein Blick wanderte zu Mara, und er nahm beruhigt zur Kenntnis, daß seine Diener sich um sie gekümmert und ihr den Chocha so gereicht hatten, wie sie ihn bevorzugte. Feinheiten prägten sein tägliches Leben, und er hatte seine Bediensteten dann ausgebildet, die Gäste zu beobachten, ihre Wünsche herauszufinden und zu erfüllen, ohne auf einen Befehl ihres Herrn zu warten. Diese Praxis hatte ihre Vorteile. Es war beachtlich, wie sanft ein Gegner werden konnte, wenn er ohne große Umstände in einer Weise versorgt wurde, als säße er in seiner eigenen Halle. Mara war nicht als Feindin hier, doch Lord Chipino kannte seine Schuld und war bestrebt, eine geeignete Lösung auszuhandeln. Er wartete auf den passenden Augenblick und brachte das Thema erst zur Sprache, als Mara ihre Erfrischung erhalten hatte, doch früh genug, um ihr nicht allzuviel Zeit zum Nachdenken zu geben.
    »Lady Mara, Eure Soldaten und Eure brillante Taktik haben dem Haus Xacatecas weitere tragische Verluste erspart. Wir stehen aus diesem Grund in Eurer Schuld und möchten Euch dafür gerecht und ehrenhaft belohnen.«
    Die Lady war jung, sie war begabt, doch sie mußte noch viel härter werden, bis sie im Großen Spiel wirklich geübt sein würde. Sie bewies es jetzt, als sie errötete. »Mylord, die Soldaten der Acoma taten nur, was unter Verbündeten üblich ist. Es bedarf keiner Belohnung, abgesehen von einer förmlichen Beschwörung unserer Allianz unter Zeugen nach unserer Rückkehr in die Kernprovinzen.«
    Sie hielt inne, senkte die Augen und schien mehr denn je ein kleines Mädchen zu sein. Ein leichtes Runzeln trat auf ihre Stirn, als sie die Angelegenheit überdachte und begriff, daß sie etwas mehr von dem Lord der Xacatecas erbitten mußte, wenn sie nicht einen Ranghöheren mit einer ungetilgten Schuld zurücklassen wollte. Es war unklug, eine solche Sache unbeendet zu lassen, möglicherweise würden weitere freundschaftliche Verbindungen davon belastet werden.

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