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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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mit einem Tablett voller Erfrischungen zurückkehrte, hatte der Lord den Appetit verloren. »Ich muß über etwas nachdenken. Laßt ein Bad vorbereiten. Ich stinke wie ein Needra-Stall.«
    Incomo verbeugte sich. »Welche Mädchen sollen sich heute um Mylord kümmern?«
    Desio brachte seinen Berater mit erhobener Hand zum Schweigen. »Keines. Ich muß nachdenken. Nur der Badediener. Keine Frauen. Keine Musiker. Ein großer Becher mit gewürztem Saft wird genügen. Ich brauche Ruhe zum Nachdenken.«
    Incomo war fasziniert von dem plötzlichen Sinneswandel Desios, und er trat vom Podest, um die Anweisungen auszuführen. An der Tür hielt er inne, als ihm noch etwas einfiel. »Irgendwelche neuen Befehle für Tasaio, Mylord?«
    Wut glomm in Desios Augen auf. »Ah ja, mein brillanter Stratege. Nachdem er vier Jahre lang unsere finanziellen Mittel für diesen meisterhaften Plan in Tsubar verschwendet hat, muß er müde sein. Sehen wir zu, daß er einen Posten erhält, der seine Energien nicht zu sehr erschöpft. Wir besitzen immer noch diese Festung auf den Vorposten-Inseln; schickt ihn dorthin. Er soll unsere westlichsten Besitztümer vor den Seevögeln und Fischen schützen.«
    Incomo verbeugte sich, dann überließ er seinen Herrn seinen brütenden Gedanken und ging einen steinernen Korridor entlang, der sich in den Berg grub, auf dem das Herrenhaus gebaut war. Der kühle Gang war in langen Abständen mit Fackeln erleuchtet. Jetzt, da er durch dunkle Schatten vor neugierigen Blicken geschützt war, ließ der Erste Berater der Minwanabi seinem Ärger freien Lauf. Sein Schritt bekam etwas Hartes, und seine Amtsrobe flatterte um die dünnen Knöchel. Es war schade, daß Desios Verstand sich nicht in gleichem Maße wie seine Entschlossenheit entwickelt hatte. Denn wenn Tasaios Versagen auch sicherlich dramatisch war, gab es keine Intrige im Großen Spiel, die ganz sicher aufging. Wenn der Plan einen Fehler gehabt hatte, war es der, daß keine Vorkehrungen für den Fall eines Scheiterns getroffen worden waren.
    Incomo ging ein paar niedrige Stufen hinunter und durch eine mitgenommene Seitentür. Er trat in den Flügel, der aus dem Hügel auf das Seeufer hinausragte. Wenn sie auch nicht so nah an der großen Halle lagen wie geringere Quartiere, gewährten die Gemächer des Lords der Minwanabi doch eine so ungetrübte Sicht auf den Sonnenuntergang am See, daß es den längeren Weg wert war. Incomo klatschte in die Hände und befahl den Dienern, für ihren Herrn ein Bad vorzubereiten.
    Als die Bediensteten davoneilten, um Sklaven mit dem Erhitzen des Wassers zu beauftragen, ging Incomo den Weg durch das labyrinthische Haus zurück zu seinen eigenen, weniger üppigen Quartieren. Dort, umgeben von Läden, die mit Mördervögeln und Wolken bemalt waren, verfluchte er die Befehle seines Herrn für Tasaio. Niemals durfte er seine Bitterkeit darüber zeigen, daß das Schicksal den wirklich begnadeten Sohn des Hauses wegschickte und das Glück der Minwanabi in den Händen eines … Incomo schlug mit der Faust auf eine Truhe, in einem Wutausbruch, der mehr zu seinem Herrn paßte als zu ihm – die Gedanken in seinem Kopf waren undenkbar für einen loyalen Diener, selbst in äußerster Abgeschiedenheit. Desio mußte es irgendwie schaffen, die Minwanabi aus diesem Dilemma zu führen.
    Incomo sank auf ein Kissen und ließ seinen Leibdiener kommen. »Hol den Schreibtisch und stell ihn neben die Matratze«, befahl er, während er sich die Schläfen rieb. »Dann öffne den Laden, damit die Abendbrise herein kann, und zieh dich zurück.«
    Wieder allein mit seinem Schreibzeug und dem Tisch, griff der Erste Berater nach einem Blatt Pergament und grübelte darüber, wie er sein Schreiben an Tasaio formulieren sollte. Sicherlich schien es nach außen hin, als würde der Mann versetzt, um eine andere Garnison der Minwanabi zu befehligen, doch in Wahrheit hatte Desio ihn verbannt. Die Festung auf den Vorposten-Inseln war nur erbaut worden, um den Schiffsverkehr der Minwanabi vor Piraten zu schützen; und diese Gewässer waren seit mehr als eineinhalb Jahrhunderten von Banditen gesäubert. Daß das Fort überhaupt noch existierte, lag nur am Widerwillen der Tsurani, einmal erobertes Gebiet wieder aufzugeben. Die Minwanabi bemannten das trostlose, von dichtem Nebel umgebene Felsstück nur noch, um alle anderen daran zu hindern, sie zu verdrängen. Und jetzt wurde einer der begabtesten Köpfe des Kaiserreichs in dieses Hinterland geschickt, um Moos

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