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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Leibdiener; er schob die Vorhänge zur Seite und reichte Mara seine freie Hand. Seine Ruhe half ihr, die Beherrschung wiederzuerlangen, als sie schließlich ihre Heimaterde betrat.
    Ihr Rang schrieb vor, daß sie warten mußte, bis die Gruppe am Tor sich ihr näherte. Die Verzögerung kam einer Tortur gleich, und ihre Augen sogen gierig alle Einzelheiten auf. Keyoke beherrschte seine Krücke vollkommen. Trotz des fehlenden Beines war beim Gehen kaum ein Ruck sichtbar, und Mara fühlte Stolz in sich aufsteigen. Mit Nacoya war das Alter nicht so sanft umgesprungen, denn sie hinkte leicht. Mara unterdrückte den Impuls, auf sie zuzueilen und ihr den Arm zu reichen; die Erste Beraterin hätte ihr einen solchen Fehltritt wegen etwas so Banalem wie einer schmerzenden Hüfte niemals vergeben. Zuletzt wagte Mara in kribbeliger Erwartung einen Blick auf den Jungen, der mit festem Schritt auf sie zuging, den Kopf hoch, den Rücken gerade, das Kinn nach vorn gereckt. Er war so groß und langgliedrig!
    Maras Kehle schnürte sich zu, als sie die Rüstung ihres Sohnes betrachtete, das Miniaturschwert an seiner Seite, den Helm, den er mit der perfekten Haltung eines Acoma-Kriegers von seinen tintenschwarzen Haaren nahm. Ihr Sohn war fast doppelt so groß, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
    Mit eingeübter Würde vollendete Ayaki die Verbeugung des Sohnes vor der Mutter. Dann sprach er, und sein kindlicher Knabensopran hallte feierlich über die Reihen der reglosen und schweigenden Krieger. »Ich heiße die Lady der Acoma willkommen. Wir sind von den Guten Göttern hundertfach gesegnet, daß sie sicher nach Hause zurückgekehrt ist.«
    Maras Widerstand bröckelte. Sie kniete sich vor ihren Sohn, und plötzlich lagen die Arme des Jungen um ihren Hals, umarmten sie stürmisch genug, daß ihre feinen Seidengewänder zerknitterten. »Ich habe dich vermißt, Mami.« Die Stimme an ihrem Ohr bebte.
    Maras Augen wurden feucht, als sie antwortete, obwohl es ihr irgendwie gelang, eine feste Stimme zu behalten. »Ich habe dich auch vermißt, mein kleiner Soldat. Mehr als du dir denken kannst.«
    Neben ihnen stand Nacoya mit geschürzten Lippen; sie gönnte Mutter und Sohn einen Augenblick öffentlicher Indiskretion, bevor sie sich schließlich räusperte. »Das ganze Haus Acoma wartet darauf, die Lady willkommen zu heißen. Wir waren so froh über die Neuigkeiten Eures Triumphes, daß dieses Gebetstor zu Ehren Eures Sieges errichtet wurde. Wir hoffen, es gefällt Euch, Lady.«
    Mara wandte ihr Gesicht von Ayaki ab und ließ ihren Blick prüfend über die herrlichen Tafeln schweifen, jede einzelne geschnitzt und bemalt mit den Bildern der Glücklichen Götter. Chochocan, der Gute Gott, schien direkt auf sie herabzulächeln, während Hantukama, der Bringer der Gesegneten Gesundheit, seine Hände segnend über die Armee ausbreitete. Juran der Gerechte strahlte vom Scheitel der Querstange herunter, als würde er jene segnen, die darunter hindurchschritten. Lashima die Weise schien voller Zuneigung auf die eine zu blicken, die beinahe in ihren Dienst getreten wäre. Die Künstler hatten hervorragende Arbeit geleistet, und die Figuren schienen göttliche Weisheit zu atmen; doch der Reiz der Bilder verlor sich rasch. Mara wandte sich wieder den vertrauten Gesichtern ihrer Bediensteten und Soldaten zu, den Beratern und Freunden; dann sah sie zu Kevin, der sie mit seinem breiten barbarischen Lächeln anschaute. Verloren in einem Glücksrausch, beantwortete sie die Frage ihrer Ersten Beraterin: »Ja, Nacoya, ich bin sehr zufrieden.« Sie drückte ihren Sohn erneut an sich. »Gehen wir zum Haus meiner Ahnen zurück.«

    Trotz der Müdigkeit von der langen Reise stieg Maras Stimmung mit Einbruch der Nacht. Das Herrenhaus ihrer Familie war feierlich geschmückt; farbige Laternen hingen von den Bäumen in allen Gärten, und helle bunte Fähnchen verzierten die Umzäunung des Haupteingangs. Kerzen flackerten in den Höfen, Portikus und Hallen. Schnüre mit Glocken waren über die Türen und Läden gespannt und ließen jedes Mal, wenn eine Person hindurchging, süße Melodien als Dank für den Segen der Götter erklingen. Musiker aus Sulan-Qu waren gemietet worden und fügten ihre Melodien deren hinzu, die unter der Schirmherrschaft der Acoma arbeiteten, so daß fröhliche Lieder über die Erde hallten. Jeder und jede, ob freie Arbeiter, Gäste, Berater, tanzte zur Feier des Triumphes der Acoma. Zofen und Dienerinnen lachten, als sie auf die siegreichen

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