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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Monat zu ihrer Gefolgschaft gehörte. Sie eilte durch die Gänge mit einer so stark gerunzelten Stirn, daß die Augenbrauen sich beinahe berührten. Kevin kannte sie gut genug, um zu ahnen, in welcher Stimmung sie war, und er war sicher, daß es sich bei dem Besuch Hokanus von den Shinzawai nicht nur um eines der üblichen gesellschaftlichen Treffen handelte. In vielerlei Hinsicht schätzte Mara Diskussionen über finanzielle Angelegenheiten mit ihrem Hadonra weit mehr als gesellschaftliche Verpflichtungen, die sie als Herrscherin eines altehrwürdigen tsuranischen Hauses zu erfüllen hatte.
    Auf Nacoyas wütend geflüsterten Rat hin verlangsamte Mara kurz vor dem Innenhof ihre Schritte. Der Garten war zu dieser Zeit der kühlste Platz, wo man es einem Gast bequem machen konnte. Die Erste Beraterin tätschelte kurz das Handgelenk ihres Schützlings und gab ihr letzte Anweisungen mit auf den Weg. »Seid charmant zu diesem Mann, Tochter meines Herzens, doch unterschätzt seine Wahrnehmungsfähigkeit nicht. Er ist kein beharrlicher Junge wie der arme Bruli, der durch die Torheiten der Verliebtheit ins Wanken kam, und Ihr habt ihn ganz sicherlich beleidigt, indem Ihr ihn so lange warten ließet.«
    Mara nickte abwesend und befreite sich von Nacoya. Mit Kevin noch immer an ihren Fersen trat sie in den gesprenkelten Schatten des Hofes.
    Beim Springbrunnen waren Kissen ausgelegt worden, daneben stand ein Tablett mit Erfrischungen. Beides war unbenutzt. Als Mara hinaustrat, hielt ein schlanker, muskulöser Mann mitten im Schritt inne, nachdem er inzwischen sicherlich ein dutzendmal die Gartenwege entlanggegangen war. Er trug Gewänder aus blauer Seide, besetzt mit Topas-Steinen und Rubinen – Gewänder, die ganz offensichtlich für den Sohn einer mächtigen Familie genäht worden waren. Kevin, der jetzt mehr Übung darin hatte, tsuranische Unergründlichkeit zu entschlüsseln, schaute nicht auf das gutaussehende, doch ausdruckslose Gesicht, um etwas zu erfahren, sondern auf die Hände, die schlank und kräftig waren und voller Schwielen vom häufigen Gebrauch des Schwertes. Er bemerkte das leichte Stocken im Schritt des jungen Mannes, als dieser sich umdrehte, um die Lady zu begrüßen, und er sah die Anspannung in seiner Haltung, die eindeutig seinen Ärger verriet.
    Dennoch war die Stimme des jungen Mannes freundlich, als er sprach. »Lady Mara, ich bin erfreut. Geht es Euch gut?«
    Mara verbeugte sich vor ihm, und ihre Juwelen blitzten unregelmäßig in den Sonnenstrahlen, die durch das Laub drangen. »Hokanu von den Shinzawai, es geht mir gut genug, um es besser zu wissen. Ihr seid erzürnt wegen meiner Verspätung, und ich kann es Euch nicht verdenken.« Sie stand aufrecht vor ihm, doch ihr Scheitel reichte kaum bis zu seinem Kinn. Um dem Blick seiner dunklen Augen zu begegnen, mußte sie ihren Kopf etwas nach hinten beugen, und die Art und Weise, wie sie das tat, völlig ungekünstelt, ließ sie atemberaubend schön erscheinen. »Was können die Acoma tun, um Eure Vergebung zu erlangen?« Mara hielt inne und warf ihm ein entwaffnend verlegenes Lächeln zu. »Ich habe ganz einfach vergessen, wie spät es war.«
    Einen Herzschlag lang wirkte Hokanu empört. Dann konnte er sich der Wirkung der Lady offensichtlich nicht entziehen und war beeindruckt von der Tatsache, daß sie ihn nicht angelogen hatte. Seine Zähne blitzten, als er ehrlich auflachte. »Mara, Ihr verblüfft mich! Wärt Ihr ein Krieger, sollte ich Schwerthiebe mit Euch austauschen. Doch so, wie es ist, kann ich nur darauf bestehen, daß Ihr in meiner Schuld steht. Ich fordere Eure Gesellschaft als Ausgleich.«
    Mara trat einen Schritt auf ihn zu und erlaubte ihm eine kurze, formelle Begrüßung. »Vielleicht hätte ich Euch in dem zerknitterten Gewand treffen sollen, daß ich bei der Unterredung mit meinen Beratern getragen habe?« schlug sie mit einem schelmischen Grinsen vor.
    Hokanu hielt immer noch ihre Hand in einer Weise fest, die Kevin als besitzergreifend betrachtete. Die Fähigkeit des jungen Mannes, seinen Eifer hinter einer Maske bewundernswerter Anmut zu verbergen, ärgerte den midkemischen Sklaven, auch wenn er nicht hätte sagen können, warum. Als der Edle auf die witzige Bemerkung der Lady wieder mit Lachen reagierte und meinte: »Tut das beim nächsten Mal«, fühlte Kevin seinen Unmut steigen.
    Gewöhnlich war Mara schlagfertig und bestimmt, wenn sie mit ihren männlichen Untergebenen und den wenigen offiziellen Besuchern redete, die Kevin

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