Der Sklave von Midkemia
vernichteten Haus gedient hatte, ehe er in Maras Dienste getreten war. »Tasaio ist ein scharfes Schwert in den Händen seines Herrn. Doch wenn er unter eigener Anleitung arbeitet … es ist schwer zu beurteilen, was er tun würde. Ich denke, Tasaio tastet sich langsam vor. Möglicherweise hat er seinen Kriegern befohlen zu sterben, weil er etwas über das Haus Acoma herausfinden will. Ich halte es für einen Schachzug.«
»Mit dem er was erreichen will?«
»Wenn wir das wüßten, Mylady, könnten wir Gegenmaßnahmen ergreifen und müßten nicht über Möglichkeiten nachdenken.«
Mara hielt inne; die Stimmung war ziemlich angespannt. »Arakasi, ist es möglich, daß wir einen Spion in unseren eigenen Reihen haben?«
Kevin blickte neugierig den Supai der Acoma an, der wieder in Reglosigkeit versank. Bei genauerem Hinsehen konnte man feststellen, daß der Mann es verstand, sich so hinzusetzen, daß er mit seiner Umgebung zu verschmelzen schien. »Lady, seit dem Tag, da ich auf Euren Natami geschworen habe, habe ich sorgfältige Untersuchungen durchgeführt. Ich weiß von keinem Verräter in unserer Mitte.«
Die Lady machte eine mißmutige Geste. »Aber warum sollten sie eine Thyza-Karawane zwischen meinen Gütern und Sulan-Qu angreifen, wenn nicht irgend jemand unsere nächsten Pläne erraten hat? Arakasi, unsere nächste Kornlieferung soll die neuen Seidenstoffe verbergen. Wenn das die Information ist, die die Minwanabi haben wollten, stecken wir möglicherweise wirklich in tiefen Schwierigkeiten. Unsere Cho-ja-Seide muß die Makler bei den Auktionen überraschen. Wir werden unsere Einkünfte und unsere gesellschaftliche Stellung verlieren, wenn unser Geheimnis zu früh entdeckt wird.« Arakasi nickte und drückte damit sowohl Zustimmung als auch Zusicherung aus. »Der Überfall von Desios Soldaten war vielleicht ein Zufall, doch ich stimme Euch zu. Wir dürfen davon nicht ausgehen. Viel wahrscheinlicher versucht er herauszufinden, warum wir unsere Karawanen so gut beschützen.«
»Warum geben wir ihnen nicht ein Kuckucksei?« fragte Kevin.
»Ein Kuckucksei?« blaffte Keyoke voller Ungeduld. Inzwischen hatte sich Maras Kommandeur entmutigt mit den ständigen unangebrachten Zwischenrufen des Barbaren abgefunden; er lernte nun einmal nicht, zu denken wie ein Sklave, und die Lady der Acoma hatte aus irgendeinem unerklärlichen Grund beschlossen, die Befolgung des Protokolls nicht zu erzwingen. Doch Arakasi war dem Midkemier niemals zuvor begegnet, und so traf ihn dessen Unverschämtheit unvorbereitet.
Die Augen des Supai glänzten im Schatten, als er den Mann anblickte, der schräg hinter Mara stand. Er gehörte nicht zu den Menschen, die ihren Intellekt durch vorgefaßte Meinungen zu verwirren pflegten, und so schob er sowohl den Rang des Mannes als auch seine Unverschämtheit beiseite und richtete sein Interesse mit einer geradezu furchterregenden Intensität auf das Konzept, das er hinter Kevins Vorschlag erkannte. »Du benutzt ein Wort für eine bestimmte Art von Vogelei, doch du meinst etwas ganz anderes.«
»Ich meine eine Art List.« Wie üblich begleitete Kevin seine Erklärung mit ausladenden Gesten. »Wenn Ihr etwas in einer Lieferung Thyza verstecken wollt, verwirrt den Feind, indem Ihr in jedem Wagen, der Güter transportiert, eingewickelte und versiegelte Pakete versteckt. Dann muß der Feind entweder seine Kräfte aufteilen und alle Karawanen abfangen, was seine Absichten allerdings verraten würde, oder er muß von dem Versuch ablassen.«
Arakasi zwinkerte rasch mit den Augen, einem Falken ähnlich. Seine Gedanken rasten sogar noch schneller. »Und die Seide ist nirgendwo in diesen Lieferungen verborgen«, schloß er, »sondern irgendwo anders oder sogar ganz offensichtlich dort, wo Seide normalerweise sichtbar sein kann.«
Kevins Augen erhellten sich. »Genau. Vielleicht könnt Ihr sie als Futterstoffe für Roben zusammennähen oder als eine eigene Lieferung von Schals.«
»Die Idee klingt sehr gut«, sagte Mara, und Arakasi gab mit einem schweigenden Nicken seine Zustimmung. »Wir könnten sogar die Diener Untergewänder aus der schönen Seide tragen lassen, unter ihrer gewöhnlichen Reisekleidung.«
In diesem Augenblick klopfte draußen jemand beharrlich an den Laden. Arakasi zog sich reflexartig wieder in seine Ecke zurück, und Mara verlangte zu wissen, was los sei.
Der Laden wurde zurückgeschoben, und die Erste Beraterin der Acoma erschien zerzaust und mit einem roten Gesicht, das von
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