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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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weil er eigentlich ihr Herrenhaus hätte links liegenlassen und direkt nach Hause zurückkehren müssen, und sie fühlte sich geschmeichelt, weil er seine Pflicht ein wenig vernachlässigt und sich Zeit für einen kurzen Besuch bei ihr genommen hatte.
    Doch sie hatte nichts gesagt und ihre Gefühle hinter gesellschaftlich akzeptiertem Verhalten verborgen. Sein feiner ironischer Witz brachte sie zum Lachen, und seine Intelligenz begeisterte sie – und dennoch scheute sie davor zurück, irgendwelchen Folgen ins Auge zu sehen, die letztendlich mit der Aufmerksamkeit dieses stattlichen Edlen verbunden sein könnten.
    So attraktiv sie Hokanu auch fand, bei dem Gedanken daran, in das Bett eines Mannes zurückzukehren, begann sie zu zittern. Selbst jetzt noch bereiteten ihr die Wutausbrüche ihres verstorbenen Ehemannes, die blauen Flecke, die er ihr in seiner Leidenschaft verpaßt hatte, regelmäßig Alpträume. Nein, entschied sie, nichts drängte sie, einen Mann in seinem Wunsch nach ihrer Gesellschaft zu ermutigen.
    Und doch, als die kleine Karawane Hokanus in der Ferne verschwunden war, hatte sie erstaunt festgestellt, wie schnell die Zeit verflogen war. Sie hatte die Gesellschaft des jungen Mannes genossen. Sie war keinen Augenblick während seiner Anwesenheit richtig entspannt gewesen, doch sie vermißte die lebhafte Unterhaltung, die er ihr geboten hatte.
    Schritte näherten sich auf dem Kiesweg. Mara wandte sich um und sah, wie eine schlanke Gestalt mit großen Schritten auf sie zukam und sich anschickte, in ihr gegenwärtiges Refugium einzudringen.
    »Hier seid Ihr also«, hörte sie jemanden rufen. Selbst ohne den deutlichen Akzent, die Respektlosigkeit seines Ausrufes und die Ausgelassenheit in seiner Stimme hätte sie sofort gewußt, daß es der Midkemier war. Und wie immer brachte seine Direktheit sie nicht nur zum Erstaunen, sondern übte auch eine merkwürdige Faszination aus.
    »Ich suche Euch schon seit Sonnenuntergang«, erklärte Kevin, noch während er sich durch Kekali-Büsche hindurch den kleinen Pfad entlangschlängelte, der zu der Bank führte, auf der sie saß. »Ich habe Nacoya um Auskunft gebeten, doch die alte Hexe hat nur grunzend mit den Schultern gezuckt. Die Diener wirkten sichtlich nervös, als ich mit ihnen sprach, und so blieb mir nichts anderes übrig, als Lujan beim Wachwechsel abzupassen.«
    »Er muß bemerkt haben, daß du ihm gefolgt bist.« Sie wollte nicht glauben, daß ihr fähigster Soldat während seines Dienstes so wenig wachsam war.
    »Natürlich hat er es bemerkt.« Kevin umrundete ein letztes Blumenbeet und blieb schließlich vor ihr stehen. »Wir tauschten uns über die Feinheiten des Schwertkampfes aus. Eure Techniken unterscheiden sich von unseren. Unsere sind natürlich besser«, fügte er hinzu. Es ärgerte Mara, daß er wie immer versuchte, einen Köder auszuwerfen, und sie hob den Kopf. Breit grinsend wartete er auf ihre Antwort, und sie begriff, daß er nur mit ihr spielte. Sie ging jedoch nicht darauf ein, sondern begutachtete statt dessen seine neue Kleidung.
    Das weiche Licht der Laternen fiel auf sein Profil, verlieh seinen wallenden Haaren einen kupfernen Schimmer und brachte die langen, wehenden Ärmel des weißen Hemdes, das er gerade von den Näherinnen erhalten hatte, zum Leuchten. Darüber trug er eine Jacke, die in der Taille von einem Gürtel zusammengehalten wurde, und eine sich eng an die muskulösen Beine anschmiegende Hose. Das neutrale Grau betonte die Farbe seiner Haare und des Bartes und bildete einen hübschen Kontrast zu seinem tiefgebräunten Gesicht; selbst die blauen Augen wirkten noch viel intensiver. Maras Blicke wanderten neugierig an seinen Beinen entlang nach unten, doch an den Knöcheln war der Effekt jäh dahin – er trug noch immer die abgetragenen Sandalen, die er am Tag seiner Ankunft erhalten hatte. Kevin folgte dem Blick seiner Herrin und lachte. »Die Schuhe sind noch nicht fertig.«
    Er sah exotisch aus, geradezu gut auf eine barbarische Weise. Fasziniert von seinem Anblick, unterließ es Mara, ihn wegen seines mangelhaften Benehmens zu rügen. Doch jetzt gab Kevin sich auch ohne Aufforderung höflich und verbeugte sich – nach Art der Midkemier, von der Taille an.
    »Ist das die Art, wie die Männer deines Königreiches den Frauen gegenüber Respekt zeigen?« fragte Mara etwas schroff; hauptsächlich, weil sie die Augen nicht von den breiten, so ungewöhnlich bekleideten Schultern lassen konnte.
    Kevin warf ihr ein freches

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