Der Sklave von Midkemia
um. »Lady? Ist etwas nicht in Ordnung?«
Die Betroffenheit in seiner Stimme zerriß sie innerlich. Sie kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an – und verlor.
»Lady«, flüsterte Kevin. »Warum weint Ihr?« Er zog sie zu sich heran, und sie lehnte ihren Kopf bebend an seine Schulter. Mara spannte sich an, als erwartete sie jeden Augenblick, daß seine Hände brutal werden, an ihren Kleidern zerren und sich an ihren zartesten Körperstellen vergreifen würden. Doch nichts geschah. Kevin hielt sie einfach nur fest; er rührte sich kaum, und nach einer Weile versiegte ihre Furcht. Mara begriff, daß er nicht Gewalt anwenden, sondern nur Trost und Behaglichkeit spenden wollte. »Was erschreckt Euch so?« fragte er.
Mara richtete sich ein wenig auf, überließ sich dann seiner Wärme und lehnte sich wieder gegen ihn. »Erinnerungen«, sagte sie leise.
Jetzt wurden Kevins Hände doch hart. Mit festem Griff hob er sie hoch und setzte sie auf seinen Schoß.
Mara war kurz davor, einen Schrei auszustoßen. Scham brannte auf ihren Wangen, Scham darüber, daß sie beinahe ihre Ahnen entwürdigt hätte. Sie holte tief Luft, um Lujan zu rufen, doch da hatte Kevin seinen Griff bereits wieder gelockert. Er strich ihr sanft übers Haar, und die Erleichterung brachte sie erneut zum Weinen.
»Eure Erinnerungen müssen sehr schmerzhaft sein«, murmelte Kevin in ihr Ohr. »Ich habe niemals erlebt, daß eine wunderschöne Frau so verängstigt auf die Aufmerksamkeit eines Mannes reagiert hat. Es ist, als hätte Euch jemand geschlagen, wo ein anderer Euch voller Zärtlichkeit geküßt hätte.«
»Bunto«, sagte Mara. Ihre Stimme war jetzt kaum mehr als ein leises Wispern. Ihre Kälte kam unerwartet, von einem Groll verursacht, den sie niemals aus sich herausgelassen hatte, höchstens in vertraulichen Gesprächen mit Nacoya. »Er mochte blaue Flecken bei seinen Frauen. Seine Konkubine Teani liebte solche Mißhandlungen.« Sie hielt inne und fügte dann hinzu: »Ich glaube nicht, daß ich das jemals könnte. Vielleicht bin ich deshalb feige, aber das kümmert mich nicht. Ich bin nur froh, daß ich mein Bett nicht länger mit einem Ehemann teilen muß.«
Zutiefst schockiert schwieg Kevin. Dann drehte er ihren Kopf sanft zu sich, so daß sie ihn ansah. »In meinem Land ist ein Ehemann, der seine Frau schlägt, nicht mehr als ein gewöhnlicher Verbrecher.«
Mara brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Wie verschieden unsere Kulturen sein können. Hier hat eine Frau keinerlei Macht über ihr Schicksal, solange sie nicht Herrscherin ist. Ein Mann jedoch herrscht über seine Frau wie über seine Sklaven, und in den Augen anderer Männer wächst seine Männlichkeit im gleichen Maße, in dem ihre Unterwürfigkeit zunimmt.«
Jetzt konnte Kevin seinen Ärger nicht mehr zurückhalten: »Dann sind Eure Lords nicht besser als Barbaren. Männer sollten Frauen mit Achtung und Zärtlichkeit behandeln.«
Eine Welle der Erregung durchströmte Mara. Immer wieder hatte Nacoya erzählt, daß nicht alle Männer wie Buntokapi wären; trotzdem hatte sie, schon allein, weil sie das gottgegebene Recht zur Gewalt besaßen, noch nicht einmal Hokanu vertraut, der doch nach außen so sanft wirkte. Doch wenn Mara sich auch gesträubt hatte, sich einem Bewerber ihrer eigenen Kultur hinzugeben, bei Kevin fühlte sie sich merkwürdig sicher.
»Dann behandeln deine Leute ihre Frauen und Geliebten wie Blumen, zärtlich und ohne Schmerzen zu verursachen?«
Kevin nickte; seine Finger strichen über ihre Schultern, als wären sie die Flügel eines kleinen Vogels.
»Zeig es mir«, flüsterte Mara. Ihr Körper kribbelte unter seiner Berührung, und sie spürte durch die Kniehose hindurch den Druck seiner anschwellenden Männlichkeit.
Der Barbar zog verschmitzt die Brauen hoch. »Hier?«
Ihre Sehnsucht verwandelte sich in beinahe unerträglichen Schmerz. »Hier«, wiederholte sie weich. »Hier und jetzt, ich befehle es dir.« Als er sie mit einem Blick anschaute, als wollte er protestieren, fügte sie hinzu: »Niemand wird uns stören. Ich bin die Herrscherin der Acoma.«
Selbst jetzt war sie so angespannt, als würde sie jeden Augenblick mit seiner Grobheit rechnen. Kevin spürte es. »Lady«, sagte er weich, »in diesem Augenblick herrscht Ihr über weit mehr als nur über die Acoma.« Er beugte seinen Kopf hinab und küßte ihre Lippen.
Seine Berührung war so sanft wie ein leiser Hauch, und beruhigt gab sie sich beinahe sofort hin. Dann, als seine
Weitere Kostenlose Bücher