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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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seine Gier nach weiteren Opfern hervorrufen konnte. Hastig reichte Jican ihr sein Taschentuch, und Mara verband den schmerzenden Finger, bevor auch nur ein Tropfen auf den Boden fallen konnte.
    Ihr Plan, Lord Jidu von den Tuscalora an den Bettelstab zu bringen und ihn gegen seinen Willen zu ihrem Vasallen zu machen, hatte sich um eine Saison verzögert. Der Tod von Jingu hatte zur Folge gehabt, daß viele Familien zu Höflichkeitsbesuchen in ihr Haus gekommen waren. Jetzt, da die Dinge wieder ihren normalen Gang gingen, hatte der geplante Sieg über ihren südlichen Nachbarn seinen Reiz bereits teilweise verloren. Hokanus Besuch war ein willkommenes Zwischenspiel gewesen, auch wenn sein Aufenthalt nur von kurzer Dauer gewesen war, da er rasch nach Hause hatte zurückkehren müssen.
    Nacoya schob die Unruhe ihrer Herrin auf den Mangel an männlicher Gesellschaft. Mara lächelte bei dem Gedanken und nahm den Korb mit den Blumen in die andere Hand. Die Erste Beraterin bestand darauf, daß das Leben einer jungen Frau keineswegs vollständig war, wenn sie nicht hin und wieder durch einen gesunden Mann ein wenig Abwechslung erfuhr. Doch Mara war mißtrauisch gegenüber dem Zauber der Romantik. So sehr sie auch die Gesellschaft Hokanus genossen hatte, schon bei dem Gedanken, wieder einen Ehemann mit in ihr Bett zu nehmen, bekam sie feuchte Hände. Sex und eine neue Ehe waren für sie allenfalls mögliche Trümpfe im Spiel des Rates, mit Liebe und Vergnügen hingegen hatten solche Entscheidungen nichts zu tun.
    »Wo ist Kevin?« fragte Jican so unerwartet, daß seine Herrin zusammenfuhr.
    Mara ließ sich auf einer Steinbank nieder und bedeutete ihrem Hadonra, sich neben sie zu setzen. »Er läßt sich neue Kleider anpassen.«
    Jicans Augen strahlten. Er liebte Klatsch und Tratsch, doch selten war er kühn genug, um seine Lady mit anderen Themen zu belästigen als den Finanzen ihres Besitzes.
    Mara verwöhnte ihn nun. »Kevin ging gestern mit den Jägern hinaus, und als er darüber klagte, daß seine Beine und der Rücken unter den Dornen gelitten hätten, erlaubte ich ihm, sich Kleidung nach Art der Midkemier herstellen zu lassen. Er zeigt gerade den Schneidern und Lederarbeitern, was sie tun sollen, da sie nicht viel über die merkwürdige Mode bei seinem Volk wissen. Ich habe natürlich darauf bestanden, daß er keine anderen Farben als das Grau und Weiß der Sklaven wählt, doch vielleicht verhält er sich etwas würdevoller, wenn seine Knie erst mit einer – wie nannte er es noch? – ah ja, mit einer Hose bedeckt sind.«
    »Vermutlich beklagt er sich eher darüber, daß es zu heiß ist«, erwiderte der kleine Hadonra. Dann, als Mara die anderen Diener fortgeschickt hatte, meinte er: »Ich habe Neuigkeiten, was die Seide betrifft, Mylady.«
    Sofort wandte Mara ihm ihre volle Aufmerksamkeit zu. »Sie ist gestern sicher auf Eurer Barke verstaut worden. Die Makler in Jamar werden sie noch vor Ende der Woche erhalten, rechtzeitig genug also, um sie vor den Auktionen begutachten zu können.«
    Mara seufzte erleichtert auf. Sie hatte sich wochenlang Sorgen gemacht, daß die Minwanabi vor der Zeit von ihrem Eintritt ins Seidengeschäft hätten erfahren und ihre Seide herstellenden Verbündeten im Norden hätten warnen können. Die meisten Einkünfte der Acoma stammten aus der Needra-Zucht und der Herstellung von Waffen; doch jetzt mußte sie ihre Armee verstärken und die von der Cho-ja-Königin immer wieder neu ausgebrüteten Soldaten ausstatten. Sie würden die Felle und Waffen zu Hause benötigen, dadurch weniger Waren als üblich anbieten können und somit finanzielle Einbußen erleiden. Der Seidenhandel, den Mara aufzubauen hoffte, mußte diese Verluste ausgleichen. Wenn sie nicht den richtigen Augenblick abpaßte, würden die Seidenhändler des Nordens ihre Preise unterbieten und frühzeitige Auslieferung anbieten, um ihr gerade erst beginnendes Unternehmen gleich im Keim zu ersticken. Langjährige Handelsbeziehungen hatten ihnen bei den Gilden der Färber und Weber einigen Einfluß verschafft; dennoch war es unumgänglich, sich für teures Geld des Stillschweigens und des guten Willens der Gilden zu versichern, bis die Handwerker der Acoma auch diese neuen, besonderen Fähigkeiten meisterhaft beherrschten. Doch wenn die Acoma-Seide im richtigen Augenblick auf den Markt kam, würde Mara nicht nur eine neue Einkommensquelle besitzen, sondern auch die Einkünfte der Minwanabi-Verbündeten zumindest vorübergehend ins

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