Der Sklave von Midkemia
einst zu töten versucht hatte. Doch in Maras Haltung war etwas Aufrichtiges, etwas, das ihn aufhorchen ließ.
»Ich möchte einen Zustand herbeiführen, der beiden Häusern nützt«, entschied Mara. »Die täglichen Angelegenheiten unterliegen weiterhin Eurer Aufsicht. Die Gewinne aus den Chocha-la-Ernten bleiben in den Schatztruhen der Tuscalora. Euer Haus wird den Acoma keinen Tribut zahlen. Ich werde nichts von Euch verlangen außer Eurem Versprechen, mit Eurer Ehre der unseren zu dienen.« Dann begriff Mara plötzlich, wie sie diesen Feind beschwichtigen konnte, und sie fügte hinzu: »Mein Glaube an die Ehre der Tuscalora ist so groß, daß ich Eure Truppen mit dem Schutz unserer südlichen Grenze betraue. Die Acoma ziehen ihre Wachen und Patrouillen von unserer gemeinsamen Grenze ab.«
Keyokes Gesichtsausdruck blieb weiterhin unbewegt, doch er kratzte sich mit dem Daumen am Kinn – ein seit langem existierendes geheimes Warnzeichen.
Mara beruhigte ihren Kommandeur mit der leisen Andeutung eines Lächelns. Dann wandte sie sich wieder Lord Jidu zu. »Ich sehe, Ihr glaubt nicht, daß Freundschaft zwischen uns entstehen könnte. Ich werde Euch meine guten Absichten beweisen. Um unsere Verbindung zu feiern, werden wir am Eingang Eures Herrenhauses ein neues Gebetstor zum Ruhme Chochocans errichten. Außerdem erhaltet Ihr ein Geschenk von hunderttausend Centuries, um Eure Schulden zu begleichen, damit Ihr die Profite aus der Ernte dieses Jahres zum Nutzen Eurer Güter verwenden könnt.«
Nacoya riß die Augen auf, als sie diese Zahl hörte; es war gut ein Fünftel der Summe, die sie durch die Seidenauktion erhalten hatten. Mara konnte sich diese großzügige Geste leisten, aber trotzdem riß das ehrenvolle Geschenk ein großes Loch in die Reserven der Acoma. Jican würde sicherlich einen Schlaganfall bekommen, wenn seine Herrin eine solche Summe an den Lord der Tuscalora weiterreichte, der nicht von ungefähr als Prasser bekannt war.
Jidu suchte in Maras Gesicht zu lesen, doch so sehr er sich auch bemühte, er sah nichts, das darauf hindeutete, daß sie mit ihm spielte. Ihre Worte schienen ernst gemeint zu sein. Gemessen und ruhig sagte er: »Die Lady der Acoma ist sehr großzügig.«
»Die Lady der Acoma bemüht sich, gerecht zu sein«, verbesserte Mara. »Ein schwacher Verbündeter ist eine Belastung, kein Gewinn. Geht jetzt und wisset, daß die Acoma, solltet Ihr sie brauchen, Euren Ruf beantworten werden, wie wir auch erwarten, daß Ihr unserem alle Ehre macht«, sagte sie und erlaubte ihm jetzt taktvoll, sich zurückzuziehen.
Längst nicht mehr verärgert, sondern durch und durch verwirrt von der plötzlichen Änderung seines Schicksals, verließ Jidu von den Tuscalora die Halle.
Als die letzte seiner Wachen in der typischen blauen Rüstung hinausmarschierte, lockerte Mara ihre bisherige Haltung. Sie rieb sich die müden Augen und verfluchte innerlich ihre Mattigkeit. Monate waren vergangen, seit sie Kevin fortgeschickt hatte, um die Gruppe zu überwachen, die sich um die Rodung der neuen Weiden kümmern sollte. Immer noch konnte sie nachts nur schlecht schlafen.
»Meine wunderschöne Lady, ich muß Euch ein Kompliment für das große Geschick machen, mit dem Ihr einen besonders bissigen Hund behandelt habt«, sagte Lujan mit einer respektvollen Verbeugung. »Ihr habt Lord Jidu an die Leine gelegt, und er mag auf Euer Kommando jaulen und schnappen, aber er wird nicht mehr zu beißen wagen.«
Mara wandte ihm mit einiger Mühe ihre Aufmerksamkeit zu: »Zumindest müssen wir von jetzt an keine Soldaten mehr abstellen, um Tag und Nacht diese verfluchte Needra-Brücke zu bewachen.«
Keyoke brach plötzlich in Gelächter aus, sehr zum Erstaunen von Lu]an und Mara, denn der alte Soldat zeigte seine Freude selten auf solche Weise.
»Was ist?« fragte Mara.
»Eure Ankündigung, die Soldaten von der südlichen Grenze abzuziehen, hatte mir Sorgen bereitet, Mylady« Der Kommandeur zuckte mit den Schultern. »Bis ich verstand, daß wir einige Kompanien für wichtigere Einsätze übrig haben werden, wenn wir an der Grenze zu den Tuscalora keine Patrouillen mehr einsetzen müssen. Und da auch Lord Jidu sich keine Sorgen mehr um sein nördliches Gebiet machen muß, kann er die umsichtige Verteidigung an anderen Fronten verstärken. Wir sparen wirkungsvoll eintausend Krieger und können ein größeres Anwesen bewachen.«
Nacoya schaltete sich ein: »Und mit Eurem großzügigen Geschenk, Tochter, kann Jidu es sich
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