Der Sklave von Midkemia
leisten, seine Männer mit ordentlichen Waffen und Rüstungen auszustatten, und Cousins in den Dienst rufen, um seine Armee zu vergrößern.«
Mara lächelte bei dem Lob. »Was genau meine erste … äh, ›Bitte‹ an unseren neuen Vasallen sein wird. Seine Krieger sind gut, doch sie reichen für unsere Interessen nicht aus. Wenn Jidu seinen verletzten Stolz überwunden hat, werde ich seinen Kommandeur ›bitten‹, sich mit Euch, Keyoke, in Verbindung zu setzen, um zu besprechen, wie wir unsere gemeinsamen Interessen am besten schützen können.«
Keyoke antwortete mit einem leichten Nicken. »Euer Vater wäre stolz auf Euren Weitblick, Lady Mara.« Er verneigte sich respektvoll. »Ich muß mich wieder meinen Pflichten widmen.«
Mara erlaubte ihm, sich zurückzuziehen. Auch Lujan neben ihr nickte, und der Federbusch auf seinem Kopf wippte leicht. »Eure Krieger werden auf Eure Gesundheit trinken, hübsche Lady« Ein scherzhaftes Runzeln zeigte sich auf seiner Stirn. »Obwohl wir vielleicht eine Patrouille organisieren sollten, um sicherzustellen, daß Lord Jidu nicht auf dem Weg nach Hause kopfüber von der Sänfte fällt und sich den Schädel bricht.«
»Warum sollte dies geschehen?« fragte Mara.
Lujan zuckte mit den Schultern. »Das Trinken kann den besten Mann aus dem Gleichgewicht bringen, Lady Jidu stank, als hätte er seit Sonnenaufgang munter gebechert.«
Mara wölbte überrascht die Augenbrauen. »Bei all dem Parfüm konntet Ihr das riechen?«
Der Truppenführer antwortete mit einer respektlosen Geste auf die Scheide des uralten Schwertes. »Ihr mußtet Euch auch nicht mit einer Klinge über den entblößten Nacken des Lords beugen.«
Mara lachte, doch das Gefühl der Leichtigkeit verging so schnell, wie es gekommen war. Sie entließ ihre Ehrenwache mit einer kurzen Handbewegung und zog sich dann mit Nacoya in ihr Arbeitszimmer zurück. Seit ihrer Hochzeit mit Buntokapi vermied sie es, sich in der großen Halle länger als notwendig aufzuhalten. Jetzt, da sie den rothaarigen midkemischen Sklaven fortgeschickt hatte, fand sie auch im Alleinsein keine Erleichterung. Tag für Tag vertiefte sie sich mit Jican in Berichte, sprach mit Nacoya über die Politik der Clans oder spielte mit Ayaki, dessen große Leidenschaft zur Zeit die hölzernen Soldaten waren, die ihre Offiziere für ihn geschnitzt hatten. Doch selbst wenn Mara auf dem gewachsten Fußboden im Kinderzimmer saß und für ihren Sohn Truppen zusammenstellte – er war dann der Lord der Acoma und löschte regelmäßig ganze Armeen der feindlichen Minwanabi aus –, konnte sie der Wirklichkeit nicht entfliehen. Desio und Tasaio mochten Hunderte Tode auf dem Holzboden sterben, ganz zu Ayakis blutrünstiger, kindlicher Freude, doch es war nur zu gut möglich, daß der Junge, der im Spiel seine Feinde vernichtete, selbst ein Opfer des Roten Gottes wurde, ein Opfer der Intrigen, die sein Haus überschatteten.
Wenn Mara nicht über ihre Feinde grübelte, suchte sie nach Ablenkung von ihrem Kummer. Nacoya hatte ihr versichert, daß ihre Begierden und Wünsche im Laufe der Zeit nachlassen würden. Die Tage vergingen, und der Staub der Trockenzeit erhob sich in kleinen Wölkchen vom Boden, als die zum Verkauf anstehenden Needras dieser Saison zum Markt getrieben wurden. Immer noch wachte Mara mitten in der Nacht auf und fühlte sich unglücklich; sie sehnte sich nach dem Mann, der sie gelehrt hatte, daß Liebe auch sanft und zärtlich sein konnte. Sie vermißte seine Gegenwart, sein Feingefühl, seine merkwürdigen Gedanken und am meisten sein intuitives Verständnis jener Momente, wenn sie am dringendsten Zuneigung benötigte, aber viel zu sehr Herrscherin war, um ihr Bedürfnis zeigen zu können.
Seine Freundlichkeit und seine Bereitwilligkeit, ihr Kraft zu geben, waren wie Regen auf ihrer vor Sorgen ausgedörrten Seele gewesen. Verfluchter Mann! dachte sie. Er hatte sie hilfloser in einer Falle gefangen, als es jeder Feind geschafft hätte. Vielleicht hatte Nacoya allein aus diesem Grund recht. Er war eine größere Gefahr für ihr Haus als der hinterhältigste ihrer Feinde, denn irgendwie hatte er ihren persönlichsten Schutzschild durchbrochen und sich tief in ihrem Innern eingenistet.
Zwei Wochen vergingen. Mara bat die Cho-ja-Königin um ein Treffen und wurde zu einer Besichtigung der Höhlen eingeladen, in denen die Seidenmacher unermüdlich arbeiteten, um zu gewährleisten, daß die Handelsverträge eingehalten werden konnten. Ein
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