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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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durch die Berge.“ Er reichte ihr den Krug, den der Soldat eben noch mit einer Kappe aus frischem Lehm versehen hatte, um das Wasser darin zu schützen, und den kleinen Korb mit Brot. Die junge Frau dankte, verstaute die Gaben am Sattel und klopfte dann ihrem Pferd mit den nackten Fersen in die Seite. Das Tier schüttelte etwas unwillig den Kopf, als ahnte es die neuen Strapazen und setzte sich dann in Bewegung. Pennut streckte sich erleichtert und schob die Finger unter seinen Schwertgurt. Ja, es war gut, dass sie fort war! Aber fast im selben Moment fragte er sich, ob das flammenhaarige Geschöpf nicht nunmehr den Hauch des Unglücks zu Amenemhat und seinen Truppen tragen würde. Er fluchte leise vor sich hin. Sich über diese Dinge Gedanken zu machen, sollte Sache der Priester sein, nicht seine!

Kapitel 20

    Die Hände des Gaufürsten waren so feucht von nervösem Schweiß, dass ihm der Ledergurt seines Brustpanzers zum wiederholten Mal aus den Fingern rutschte. Der Unmut, der sich in ihm in den letzten Tagen angestaut hatte, galt der Lage im Allgemeinen und dem Oberpriester des Ptah insbesondere.
    „Deinen Sohn zu Amenemhat zu entsenden, war eine unüberlegte Entscheidung, mein Fürst“, sagte dieser gerade – zum wiederholten Male im Verlauf der letzten Stunden, nachdem ihm Smendes eben diesen Entschluss mitgeteilt hatte. 
    „Nun, aber es war meine Entscheidung! Ebenso wie die, die ich eben getroffen habe! Ich darf dich darauf hinweisen, dass deine Ratschläge bisher nicht sonderlich fruchtbar gewesen sind in dieser Angelegenheit!“ Endlich gelang es dem Gaufürsten, seinen Panzer zu befestigen.
    „Du folgst dem falschen Weg, Smendes!“ fuhr der Priester fort. „Dem Weg, der dich in den Rachen der Großen Verschlingerin führen wird!“
    „Gehe zurück nach Men-Nefer!“ war alles, was er noch zur Antwort erhielt, dann verließ der Gaufürst das Zelt. Draußen erwarteten ihn bereits seine Soldaten abmarschbereit.

    Die Schatten hatten sich ausgebreitet, waren von Violett in Schwarz übergegangen, bis das letzte Licht des Tages gewichen war und die Felsen eins mit ihnen wurden. Debora war geritten, bis es zu dunkel wurde, den schmalen Pfad genau zu erkennen und lose Steine und Sand zur Gefahr für Pferd und Reiter geworden wären. Nun saß sie in eine breite Felskluft gekauert und versuchte, in der rasch kühler werdenden Nacht warm zu bleiben. Sie rieb sich über Arme und Beine und musste dabei feststellen, dass ihr Sonnenbrand schlimmer geworden war. Auch ihre Lippen fühlten sich an wie trockenes Holz, als sie mit der Zungenspitze darüber fuhr. Debora trank ein paar Schluck Wasser, aß einen der aufgerollten Brotfladen und lauschte in die Dunkelheit. Sie drückte sich weiter in die Felsspalte, um dem aufkommenden Wind zu entgehen und versuchte, etwas Ruhe zu finden. Aber das gelang ihr heute so unvollkommen wie an den meisten Tagen zuvor, seit Amenemhat zu diesem Heerzug aufgebrochen war und sie zurück nach Ipet-Isut geschickt hatte. Jenseits der Berge in der Wüste heulten Schakale. Irgendwo raschelte Getier, kleine Wüstennager wahrscheinlich, die sich hier in den Felsen ihren Bau gesucht hatten. Sie hatte keine Angst. Nicht davor. Als Kind war sie manchmal heimlich des Nachts durch das Schilf gestreift und hatte den verschiedenen Geräuschen von Nachtvögeln, Insekten und Kröten gelauscht, die ganz eigene Geschichten von der Welt erzählten. Nein, davor hatte sie keine Angst. Auch nicht, den Weg zu verlieren. Einzig und allein, am Ende des Weges Amenemhat nicht zu finden, oder ihn tot zu finden! Oder ihn auf irgendeine andere Weise zu verlieren… Ihr Innerstes war in Aufruhr. Am Liebsten wäre sie aufgesprungen und weiter gerannt. Sie konnte nicht zu spät kommen und nur noch Tod vorfinden… Sie brauchte Amenemhat! Und ihr Kind brauchte seinen Vater!

    Bei Sonnenaufgang hatten die Kundschafter das Heer der Libyer und ihrer Bündnistruppen aus dem Delta erspäht. Es marschierte rasch, und es war groß. General Sobekemsaf schätzte, dass der Feind über ein Viertel mehr Kämpfer verfügte, als ihnen zur Verfügung standen. Ganz zu schweigen davon, wenn Smendes von Men-Nefer anstatt ihnen den Rücken frei zuhalten ihnen in den Rücken fiel… Womöglich waren die wenigen am Fluss zurück gebliebenen Kämpfer und die Besatzungen auf den Booten bereits überwältigt worden und der Gegner sogar schon auf dem Weg nach Waset… An diesem Morgen, während die kalte Nachtluft noch zwischen den

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