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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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mit einem schreienden Kind, versuchte dabei, nichts von dem Wasser in dem Krug zu verschütten, den sie in der anderen Hand balancierte. Debora bot ihr Hilfe an und beugte sich zu dem bockig brüllenden Kind. Sie musste ganz einfach etwas tun, sich hier nützlich machen! Vielleicht konnte sie auf diese Weise das Schuldgefühl abarbeiten, das sich in ihr ausgebreitet hatte! Oder wenigstens so müde werden, dass sie nicht mehr darüber nachdachte!
    Die Frau reagierte überrascht und dann erleichtert. Der rotznasige kleine Junge hörte auf zu brüllen, begann stattdessen in der Nase zu bohren und intensiv das ungewöhnlich aussehende Mädchen zu mustern, das da vor ihm hockte. Mit einiger Anstrengung hob Debora den Kleinen auf den Arm und folgte seiner Mutter zu einem der Schilfmattenverschläge. Dort starrten sie zwei weitere Kinder mit großen Augen an. Hier würde es gewiss etwas zu tun geben, das sie ablenkte… Hier oder bei einer der anderen Flüchtlingsfamilien. So lange, bis Amenemhat aufhörte, nach ihr zu suchen. Bis  sie es wagen konnte, nach Hause auf ihren Hof zurück zu kehren!

    „Kahotep! Weißt du, was du getan hast?“ rief der alte Zeremonienmeister bestürzt, als der Oberpriester zurückkehrte ins Innere des Tempels.
    „Wie konntest du solche widerwärtigen Dinge über den Ersten Gottesdiener aus Ipet-Isut behaupten?“
    „Du weißt, dass es mehr sind als bloße Behauptungen! Du weißt, dass Senmut Recht hatte! Amenemhat ist seit Jahren Nefertaris Geliebter! Du weißt, wie sie die Heiligen Ordnung mit Füßen treten!“
    „Senmut...“ Der Zeremonienmeister begann, die liturgischen Geräte zu säubern und mit besonderer Sorgfalt zu ordnen, um Kahotep sein Missfallen nicht sehen zu lassen. „Senmut trug Zorn in sich, seit er sein Amt bei Hofe verloren hatte. Und Zorn ist kein guter Ratgeber.“
    „Du willst sagen, er hat gelogen?!“ Kahotep war zu sehr in Aufruhr, um irgendeinen Zweifel an den lauteren Absichten seines geliebten Lehrmeisters zu dulden. „Es war Amenemhats Schuld, dass er vom Hof verbannt wurde! Er hat Senmut immer gehasst, weil er ihm im Wege stand bei all seinem Treiben!“
    Der Zeremonienmeister seufzte. „Mir steht nicht zu, über jemanden zu urteilen, der den Weg nach Westen gegangen ist, Erhabener. Ich sage nur, der Erste Diener Ptahs von Men-Nefer wird bestürzt sein über deine Rede! Jetzt bist du es, der die Ma’at verletzt!“
    „Ich verletzte die Ma’at?“ entgegnete Kahotep heftig. „Ich folge ihr, indem ich Amenemhat und seine ganze Bande von habgierigen Dieben und Hurenböcken vom Boden der Heiligen Stadt verjage! Er entweiht das Haus Amuns! Er entweiht ganz Kemet und der Zorn der Götter wird sich über uns alle entladen! Sehen wir es nicht alle schon?“
    „Du folgst deinem Willen, Erhabener und nicht Ptah, wenn du mir erlaubst, das zu sagen!“
    „Mein Wille ist der Wille Ptahs! Ich bin der höchste Priester Ptahs von Ober-Kemet! Er spricht durch mich!“
    Der Zeremonienmeister nickte kurz und zog sich fügsam zurück. Schon bereute Kahotep die harten Worte, aber für eine Entschuldigung war es zu spät. Er stand allein in der Säulenhalle. Mit einem unterdrückten Seufzer senkte er den Blick auf den Boden. Staub tanzte in den einfallenden Sonnenstrahlen. Er dachte an Senmut, an das Versprechen, das er ihm in der Stunde des Todes gegeben hatte. Amenemhats Machtmissbrauch ein Ende zu bereiten, den Zorn der Götter auf Kemet abzuwenden! Aber in diesem Moment sehnte sich Kahotep nur nach der Zeit zurück, als er ein Schüler im Haus des Lebens gewesen war und die Wahrheit so einfach zu erlangen: indem er fleißig lernte, die Götter und die Heilige Ordnung ehrte. Mit Fragen konnte er sich stets an Senmut wenden, der weise Worte für ihn fand, auch wenn er sie nicht immer genau deuten konnte. Aber heute stand er selbst an Senmuts Platz und nicht nur die Schüler im Tempel, sondern die Flüchtlinge und die Armen ganz Wasets sahen auf ihn! Sie wollten Wahrheit und Weisung...
    Kahotep setzte seine ruhelose Wanderung durch den Tempelhof fort. Das fremde Mädchen mit den Feuerhaaren, das gestern gekommen war, stand an einer der Säulen und starrte dem Flug der Gänse hinterher. Woher mochte sie stammen? Sie wirkte so allein hier, noch mehr als all die anderen entwurzelten Menschen!
    Gerade wandte sie den Kopf und er versuchte, ihr aufmunternd zuzulächeln. Ob sie es überhaupt gesehen hatte, wer wusste das schon.
    Die Wächter am Tor gaben dem jungen

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