Der Skorpion von Ipet-Isut
ihm eine gute Waffe sein. Die letzten Neuigkeiten, die dieser Flohsack Khenti ihm berichtet hatte, als er wieder einmal des Nachts am Bitt-Tor auftauchte, fielen ihm ein.
Itakaiet wühlte gereizt in ihren Schmuckkästen, hielt sich einige Stücke an und warf sie wieder zurück. Nach Kahoteps letzten Geschenken waren ihre Besitztümer umfangreich genug, um eine Königin glänzen zu lassen. Doch sie war überzeugt, dass nur Eines ihr Auftreten noch retten konnte: das mit Glasfluss verzierte Diadem eines syrischen Händlers, das sie am Morgen gesehen hatte. Und je länger sie daran dachte, umso unerträglicher schien ihr, noch einen Tag darauf zu verzichten. Sie musste es einfach haben!
Aber natürlich taten sich da gewisse Möglichkeiten auf… Heute war der Tag der Woche, an dem Kahotep sie zu besuchen pflegte. Eigentlich hatte sie vorgehabt, ihn heute auszuladen, denn ein anderer freigiebiger Kunde hatte seinen Besuch avanciert. Aber so spendabel wie der junge Oberpriester des Ptah war keiner – sie musste es nur richtig anstellen! Und Itakaiet wusste genau, wie sie ihr Opfer in einen willenlosen Zustand der Hörigkeit versetzen konnte. Bei Kahotep war es besonders leicht, und so erregend wie eine Begräbniszeremonie. Sie seufzte und bereitete sich auf das Unausweichliche vor.
Als Kahotep einige Stunden später bei ihr auftauchte, lag Itakaiet auf ihrem Bett und trug Unglückseligkeit zur Schau.
„Alle sehen sie auf mich herab in Waset!“ schluchzte sie. „Alle!“
„Aber was ist denn passiert?“
„Ach, mein Geliebter…“ Sie verbarg das Gesicht in den Händen und beobachtete dabei durch die Finger seine Reaktion. Oh, es war so vorhersehbar, so langweilig! Wie konnte ein Mann einfach so ein Trottel sein?! Ohne Zweifel würde er ihr das ersehnte Diadem schenken. Dafür lohnte es, ihm die Nacht zu opfern...
Als Kahotep am nächsten Morgen erwachte, konnte er sich nur mehr undeutlich an die berauschenden vergangenen Stunden erinnern. Allein das Versprechen, Itakaiet mit einem syrischen Diadem zu beschenken, war ihm noch bewusst. Mit der morgendlichen Kühle kroch bei diesem Gedanken Entsetzen in seine Glieder. Er hatte nicht die mindesten Mittel, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Es sei denn… die Gabe des Pharaos, die für die neuen Weihrauchschalen im Tempel bestimmt waren…
Kahotep warf sich zur Seite und starrte auf Itakaiets Schminktischchen in der Ecke des Raumes. Ihr Duft schwebte noch immer hier und ließ ihn spüren, wie sehr er nach ihr verlangte. Ich kann den Schmuck nicht kaufen, dachte er und wusste doch, dass er nie den Mut aufbringen konnte, ihr das zu sagen. Viel zu sehr bangte er um ihre Gunst. Er verabscheute sich jedes Mal, wenn er sich auf den Weg zu ihr machte, und noch mehr, wenn er am Morgen von ihr zurückkehrte. Trotzdem zog es ihn immer wieder an diesen Ort.
Die Weihrauchschalen oder das Diadem.
Er entsann sich der Totenfeierlichkeiten für Senmut und an sein eigenes Versprechen, den Tempel des Ptah reich auszustatten. Die Weihrauchschalen sollten der Anfang dazu sein. Aber das hatte er nicht vorbringen können, während er in Itakaiets abgrundtiefe Augen blickte und darin unterging...
Du bist nicht besser als Amenemhat, begann eine hässliche Stimme in ihm zu flüstern, kein bisschen besser! Und du willst den Pharao auf den Wegen Ptahs leiten? Zornig sprang er auf und griff seine Kleider. Wenig später verließ er die Schenke durch die Hintertür wie stets.
So entging ihm die Konversation, die Itakaiet unten vor dem Eingang gerade führte…
„Du bist jene, die man Itakaiet nennt?“ fragte ein älterer Mann in der Gewandung der Tempeldiener von Ipet-Isut soeben. Dabei gab er sich nicht die geringste Mühe, seine Abscheu vor diesem Ort und ihr zu übertünchen.
„Ja“, antwortete sie leicht irritiert.
„Der erhabene Erste Diener Amuns erwartet dich im Tempel, zur zweiten Stunde der Nacht. Trage eine Kleidung, die des Ortes würdig ist, Frau!“
Auf diese Worte hin drehte er sich um und schritt die Straße hinunter.
Itakaiet blickte ihm verwundert nach, nicht ganz sicher, was sie davon halten sollte. Aber allmählich begann sich erregende Vorfreude in ihr auszubreiten. Der Hohepriester des Amun befahl sie zu sich – SIE! Ihr Ruf war also weit gedrungen! Mit stolz erhobenem Kopf trat sie in ihre Schenke zurück, eine glänzende Zukunft vor sich sehend. Mätresse Amenemhats, was konnte eine Frau wie sie sich sonst noch wünschen?
Am folgenden Abend
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