Der Skorpion
war. Sie verschwieg nichts. Sie war überzeugt davon, dass MacGregor ihr das Leben gerettet hatte. Sie glaubte zudem, am Tag des Unfalls eine weitere Person im Schatten der Bäume gesehen zu haben, und später hatte MacGregor Beweise dafür gefunden, dass jemand die Hütte beobachtete. MacGregor hatte ihr nicht nur ein geladenes Gewehr angeboten, sondern zu ihrem Schutz auch seinen Hund bei ihr zurückgelassen.
Pescoli und Alvarez unterbrachen sie ein paar Mal, hörten jedoch größtenteils zu, als sie berichtete, dass MacGregor genauso verzweifelt wie sie auf eine Möglichkeit hoffte, in die Stadt zu gelangen. Er war in Sorge um sie gewesen, er wollte sie zu einem Arzt bringen.
Jillian glaubte MacGregor zu helfen, wenn sie nichts als die reine Wahrheit sagte. Doch da hatte sie sich getäuscht.
Nach der Vernehmung wurde ihr klar, dass Pescoli und Alvarez ihr umso weniger glaubten, je vehementer sie sie von Zane MacGregors Unschuld zu überzeugen versuchte.
Was Jillian zur Weißglut trieb. Das einzig Gute, wenn überhaupt, war, dass man ihr ihre Sachen gebracht hatte. Den Koffer mit ihrer Kleidung wie auch die Handtasche mit Brieftasche, Ausweis und Kreditkarten. Ihre Taschen wurden noch »bearbeitet«, was immer das heißen mochte. Nur ihr Handy fehlte noch, das man, wie Alvarez erklärt hatte, noch »einen Tag oder so« behalten wollte. Es ärgerte Jillian maßlos, ihr Handy nicht zur Verfügung zu haben. Darin waren nämlich sämtliche Telefonnummern ihrer Freunde, Verwandten und Geschäftsverbindungen und diverse SMS und Voicemails gespeichert.
Nach der Versicherung, dass sie das Handy »so bald wie möglich« freigäben, stellten sie noch ein paar Fragen und dankten ihr dann. Alvarez schaltete das Diktiergerät aus, und Pescoli stand bereits an der Tür.
»Moment noch«, rief Jillian, und beide Frauen hielten inne. »Ich möchte noch einmal betonen, dass Zane MacGregor nie etwas getan hat, was vermuten lassen könnte, dass er mich tot sehen wollte, und er hatte jede Gelegenheit dazu. Ich war bewusstlos, konnte nicht ohne Hilfe laufen, war dank meiner Rippenprellungen nahezu bewegungsunfähig. Wenn er mich hätte umbringen wollen, glauben Sie mir, dann wäre ich jetzt tot.«
Die Cops sagten kein Wort, und unwillkürlich fügte Jillian hinzu: »Ich weiß, dieser Serienmörder ist ein ernstes Problem für Sie. Sie müssen ihn finden. Aber suchen Sie lieber weiter. Sie haben den Falschen.«
Alvarez sah sie an. »Wir überprüfen sämtliche Möglichkeiten, Ms. Rivers. MacGregor ist nur einer von vielen.«
»Aber ich sagte doch …«, setzte sie an, las dann aber etwas in den Augen der zierlichen Frau, was ihr nicht gefiel. Zwar hatte Detective Selena Alvarez, die Polizistin, der Jillian vertraute, versucht, es zu verbergen, doch sie hatte ihr die Geschichte nicht ganz geglaubt.
»Vielleicht haben wir später noch ein paar Fragen an Sie«, sagte Alvarez und kam zurück an Jillians Bett. »Falls Ihnen noch etwas einfällt oder Sie selbst Fragen haben, rufen Sie uns bitte an.« Sie legte ihre Karte auf das Tischchen neben Jillians Wasserglas. »Hier«, sagte sie und tippte mit einem schlanken Finger darauf, »haben Sie meine Durchwahl im Büro des Sheriffs und meine Handynummer. Noch einmal vielen Dank.«
Jillian schob die Karte in ihre Brieftasche. Sie hatte geglaubt, die Vernehmung wäre jetzt abgeschlossen, doch das war ein Irrtum. Im Verlauf der nächsten Stunde schickte das FBI Halden und Chandler zu einem weiteren Vernehmungsgespräch zu Jillian. Als ob ihr inzwischen etwas Neues eingefallen wäre.
Sie gingen die gleichen Informationen noch einmal durch, doch die Agenten waren reservierter und konnten ihre Empfindungen besser verbergen als die ortsansässigen Polizistinnen.
Was nicht hieß, dass sie Jillian lieber waren.
Stephanie Chandler, groß, blond und sportlich, ohne die Spur eines Lächelns in den blauen Augen, leitete die Vernehmung, während ihr Partner mit seinem leichten Südstaatenakzent und dem bereitwilligen Lächeln ein paar Fragen einflocht. Craig Halden wirkte entschieden entspannter und zugänglicher. Doch Jillian vermutete, dass sein Charme nur eine Masche war, und sie hatte die ewigen Fragen sehr satt.
»Okay«, sagte sie schließlich und fixierte Chandler. »Ich habe den Detectives Pescoli und Alvarez bereits alles gesagt, was ich weiß. Wenden Sie sich an die beiden. Sie haben alles aufgezeichnet.« Sie wechselte ihre Lage im Bett. Die Tropfbraunüle an ihrem Handgelenk
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