Der Skorpion
aufschloss, dachte sie an ihre kahle Wohnung; in diesem Jahr hatte sie sogar auf einen kleinen Weihnachtsbaum verzichtet. Leer und kalt würde es sein.
Sie setzte sich hinters Steuer und beschloss, sich tatsächlich ein Haustier zuzulegen.
»Ein Vier-Sterne-Hotel«, bemerkte Jillian und betrachtete die prachtvolle Fassade. »Willst du bei mir Eindruck schinden?«
»Man lebt nur einmal«, sagte MacGregor und reichte einem Hoteldiener die Wagenschlüssel.
Der Marmorboden und die Kristalllüster im Rezeptionsbereich sahen aus, als wären sie über hundert Jahre alt. MacGregor hatte keine Kleider zum Wechseln bei sich, nur den Laptop, den er sich von seinem Freund Chilcoate ausgeliehen hatte. Zwar reiste MacGregor mit leichtem Gepäck, doch Jillian hatte einen kleinen Koffer mitgenommen, und beide trugen eine Waffe in der Jackentasche. Es war ein sonderbares Gefühl, dieses stattliche alte Hotel mit einer Waffe zu betreten – noch dazu eine illegale verborgene Waffe. Doch anscheinend bemerkte niemand die großen Ausbuchtungen in ihren Taschen und auch nicht die Spuren von Blutergüssen in Jillians Gesicht.
Ihr Zimmer befand sich im vierzehnten Stock und war elegant ausgestattet, mit Himmelbetten, Gaskamin, hohen Decken und Blick auf den Spokane River, der, Hochwasser führend, unten dunkel vorbeirauschte.
Hochfloriger Teppich bedeckte den Boden einschließlich einer Nische beim Kamin, die mit einem Schreibtisch, einem kleinen Tisch und zwei Sesseln als gemütlicher Wohnraum eingerichtet war. Die beiden Himmelbetten standen vor einem Schrank, der aussah wie aus dem neunzehnten Jahrhundert, aber einen Fernseher und ein komplettes Spielsystem beherbergte. Hinter Fenstertüren befand sich das Bad mit glänzendem Marmor, einem Whirlpool und einer Duschkabine mit Glastür.
»Ich dachte, wir hätten mal eine Pause nötig«, sagte MacGregor und schaute sich im Zimmer um. »Außerdem sind wir hier in Sicherheit. Es gibt einen Sicherheitsdienst und Überwachungskameras.«
»Du glaubst, jemand verfolgt uns?«, fragte Jillian nervös.
»Ich meine, wir müssen an deine Sicherheit denken. Chilcoate meint das ebenfalls. Wie es aussieht, könnte Spokane dir gefährlich werden.« Er ging zu ihr, legte einen Arm um ihre Schultern und lehnte die Stirn an ihre, so dass sich ihre Nasen fast berührten.
So nah. So vertraut. So männlich.
»Muss ich Angst haben?«, fragte sie.
»Ich bin nur auf der Hut.«
»Und gibst ein Vermögen aus.«
Seine Lippen, so nah, dass er Jillian hätte küssen können, verzogen sich zu einem breiten Lächeln. »Ich konnte dich doch nicht in einer Absteige unterbringen, oder?«
»Nein, nicht nach dieser Spitzenbar, in die du mich heute Nachmittag ausgeführt hast. Wie hieß sie noch gleich?«
»Elbow Room, und zufällig gehört sie zu meinen Lieblingslokalen, wenn ich mal ein Bier trinken will.« Er sah ihr in die Augen, und einen Moment lang glaubte sie, er würde sie einfach küssen, seine Lippen würden wenigstens für eine Sekunde die ihren berühren. Er zögerte, wich dann zurück, durchquerte das Zimmer und schloss die Tür ab. »Bestell den Zimmerservice. Ich möchte ein großes Steak und eine gebackene Kartoffel mit allem Drum und Dran.«
»Möchte wetten, hier gibt es auch was Schickeres, Fasan oder Kalb oder …«
»Ein Steak, medium gebraten.« Zane war auf dem Weg ins Bad. »Ich bin in der Dusche.« Einladend zog er eine Braue hoch. »Du könntest mitkommen …«
Vor ihrem inneren Auge sah sie sich und ihn zusammen, nasse, nackte Körper, glitschig von Seife, auf die heißes Wasser prasselte.
»Ich, hm, ich bestelle lieber das Abendessen.«
»Dein Pech.«
Jillian spürte ein leises Flattern im Magen, als sie daran dachte, was hätte sein können.
»Ach«, rief er durch die offene Tür, »und könntest du das hier bitte zur Reinigung geben?« MacGregor warf ihr seinen Pullover, die Jeans und die Boxershorts zu, und sie wusste, dass sie ihn hinter der Tür durch die Glasscheibe hindurch wahrscheinlich nackt sehen könnte, wenn sie wollte.
Sie räusperte sich. Fuhr sich über die plötzlich trockenen Lippen. »Wenn ich recht verstehe, spielt Geld wohl keine Rolle.«
»Heute nicht, Liebling«, rief er mit lockendem Tonfall durch die offene Tür. »Ich finde, heute Abend dürfen wir uns mal gehenlassen. Das sind wir uns schuldig.«
»Das sind wir uns schuldig?«
»Das hat mein Dad immer gesagt. Rufst du bitte das Zimmermädchen?«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, spottete
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