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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Kein Empfang«.
    Jillian stöhnte. »Toll«, flüsterte sie und sagte sich, dass es kaum noch schlimmer werden konnte. Trotz allem versuchte sie anzurufen, in der Hoffnung, dass ihr Handy den nächsten Funkturm erreichte und irgendjemand sie irgendwie dank des GPS -Chips in dem Ding fand. Wenn das Signal einen Funkturm fand … falls überhaupt einer in der Nähe war.
    Sie weigerte sich, auch nur daran zu denken, dass in dieser abgelegenen Gegend vielleicht im Umkreis von Meilen kein einziger Funkturm stand und dass sich außerdem niemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte in diesem Schneesturm draußen aufhielt, öffnete ihre Handtasche und sah im weichenden Licht, dass ihre Brieftasche, ihre Sonnenbrille, ihr Make-up-Etui und ihr Scheckbuch unversehrt geblieben waren. Sie fand eine Quittung von einer Tankstelle in Wildwood, Montana. Wo zum Kuckuck war das? Mit der spärlichen Beleuchtung ihres Handys prüfte sie das Datum. Siebter Dezember. War das heute?
    Sie hatte keine Ahnung. Aber sie fand mehr als dreihundert Dollar in ihrer Brieftasche, viel mehr, als sie gewöhnlich bei sich trug, und ein halbvolles Röhrchen Ibuprofen. »Gott sei Dank«, flüsterte sie und schüttelte mit zitternder Hand zwei Tabletten heraus, überlegte es sich und gab noch eine dritte dazu, schob sie in den Mund und schluckte sie trocken. »Und jetzt lasst euren Zauber wirken.« Sie verschloss das Plastikröhrchen, betete, dass das Schmerzmittel wirkte, und stopfte Brieftasche und Röhrchen wieder zurück in die Handtasche.
    »Okay, und jetzt …«
    Bibbernd warf sie einen Blick in den gesprungenen Rückspiegel und sah ihr eigenes Gesicht. Sie zuckte zusammen. Ihr Gesicht war nicht nur durch die Sprünge im Glas verzerrt und im schwindenden Licht dunkel, sondern sah so aus, als hätte es eine blutige Schlacht hinter sich. Schnitt- und Platzwunden verfärbten ihre Haut, um ihre Nase herum befand sich eingetrocknetes Blut von einer Verletzung auf der Stirn, und das Weiße ihrer Augen wirkte glitschig und war rosa gefärbt. Schon zeigten sich Blutergüsse, und ihr braunes Haar, kinnlang und stufig geschnitten, klebte blutig an ihrem Schädel.
    Sie wandte sich schnell wieder ab. »Nur nicht daran denken«, sagte sie leise zu sich und versuchte erneut zu telefonieren. Nichts. Kein Empfang. Sie konnte niemanden anrufen. Mit klappernden Zähnen rief sie: »Hilfe!«, und noch einmal: »Hilfe!« So laut sie konnte. War es möglich, dass sich jemand in der Nähe aufhielt? Wenn ja, musste er dann nicht gehört haben, wie der Wagen von der Straße schleuderte und in die Bäume krachte?
    Wo waren die Rettungstrupps? Die Polizei? Die Feuerwehrmänner? Irgendjemand?
    Sie hatte von Autos gehört, die im Winter von Bergstraßen abgerutscht, von kleinen Flugzeugen, die abgestürzt waren. Die Leichen der Passagiere in den Wracks wurden oft erst im nächsten Frühling gefunden, wenn das Tauwetter einsetzte. Wenn überhaupt. Heftig zitternd dachte sie über ihr Schicksal nach. Es war ihr doch wohl nicht bestimmt, in dieser unbekannten Schlucht, eingesperrt in ihrem eigenen Auto, mutterseelenallein zu sterben?
    »Ruhe bewahren, nicht daran denken«, ermahnte sie sich. Auf dem Boden entdeckte sie einen Pappbecher und vergossene Kaffeereste. Der Becher war mit einem braunen Logo versehen, ein Bild von einem Elch vor einer Bergkulisse. Unter dem Logo standen die Worte: »Chocolate Moose Café, Spruce Creek, Montana«.
    Offenbar hatte sie das Café aufgesucht, doch sosehr sie sich auch bemühte, sie erinnerte sich nicht daran. Lag es nur eine Meile entfernt? Fünf? Zwanzig?
    Es können genauso gut Millionen sein.
    Sie schloss die Augen. Versuchte, sich trotz des Dröhnens in ihrem Schädel und des pochenden Schmerzes im Bein zu konzentrieren. Wie konnte sie sich retten?
    Spruce Creek, Montana? Warum um alles in der Welt war sie dort gewesen? Was hatte sie aus ihrem Zuhause hinaus in diese eiseskalte Waldwildnis getrieben? Es wollte ihr gerade nicht einfallen, aber irgendetwas verband sie mit diesem Bundesstaat … etwas, was sie störte, was ihr Unterbewusstsein nicht preisgeben wollte. Was war das nur? Ihr Puls raste. Sie kannte tatsächlich jemanden in Montana, aber um ihn zu besuchen, dessen war sie sicher, wäre sie bestimmt nicht mitten im Winter überstürzt aufgebrochen.
    Mason Rivers. Ihr Ex-Mann.
    Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie versuchte, sich Masons Gesicht vorzustellen – ohne Erfolg. Sie meinte verschwommen zu wissen, dass er

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