Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ungesehen hin- und zurückgelangt.«
    »Hm.« Alvarez nickte und zeichnete die Buchstaben der Botschaft mit ihrem rechten Zeigefinger nach. »Bergwanderer? Skifahrer? Jagd- oder Angelführer? Jemand, der im Wald arbeitet?«
    »In der Forstverwaltung?«
    Alvarez hob den Kopf. Ihre dunklen Augen schauten sie eindringlich an. Pescoli lief ein Schauer, so kalt wie der Tod, über den Rücken, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie senkte die Stimme. »Du denkst an jemanden in der Behörde?«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll«, sagte Alvarez. »Aber wer auch immer dahintersteckt, ist schlau, gut organisiert, kennt die Gegend wie seine Westentasche und ist uns immer einen Schritt voraus. Schlimmer noch, er ist im Begriff, wieder zuzuschlagen. Wenn er es nicht schon getan hat.«
    Pescoli war entnervt. Wer auch immer für diese Greueltaten verantwortlich zeichnete, welcher perverse Verstand auch immer dem Zwang folgte, Frauen einzufangen und auf diese grausame Weise zu töten, es konnte nie im Leben jemand sein, mit dem sie zusammenarbeiteten! In einer halben Sekunde schossen Bilder aller Deputys der Behörde ihr durch den Kopf. »Ausgeschlossen«, flüsterte sie, bemerkte jedoch, wie ihre Finger den Henkel ihres Bechers umklammerten, so dass die Knöchel weiß hervortraten.
    Alvarez bemerkte kurz angebunden: »Ich will damit nur sagen, dass wir niemanden ausschließen können. Noch nicht.«
    Regan nickte. Alvarez hatte recht. Das war ja das Schlimme. Sie traf genau ins Schwarze. Jeder Einzelne war verdächtig. Sogar die Männer im Dezernat, denen sie beide ihr Leben anvertrauen würden.
     
    Jillians Zähne klapperten unkontrollierbar, ihre Haut war stellenweise taub. Sie war für ein paar Minuten eingeschlafen, oder etwa doch länger? Inzwischen war es ein wenig dunkler geworden; der Mond ging auf, und die Sonne schickte sich an unterzugehen. Ihre Scheinwerfer leuchteten jetzt nur noch schwach gelblich.
    Das war’s also? Sie sollte in ihrem zehn Jahre alten Subaru in einer vereisten Schlucht erfrieren?
    Welch ein unwürdiges Ende!
    Jillian, dieses Mal steckst du tief in der Klemme.
    Und du bist ganz auf dich allein gestellt.
    Sie dachte angestrengt nach, versuchte, sich an den Unfall zu erinnern oder an das, was zu dem Unfall geführt hatte, aber in ihrem Kopf gähnte ein schwarzes Loch. Vor Kälte zitternd, kämpfte sie um die Erinnerung, während sie den Türgriff betätigte. Nichts rührte sich. Sie griff über den Sitz hinweg, drückte den Griff der Beifahrertür. Auch die war fest verschlossen, entweder zugefroren oder durch den Unfall verklemmt.
    Sie könnte sich durch das zerbrochene Fenster stemmen. Wenn sie den Schmerz aushalten und den eingeklemmten Fuß befreien könnte. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte noch einmal, ihren Knöchel herauszuziehen. Heißer, wahnsinniger Schmerz schoss erneut durch ihren Fuß. Sie rang nach Luft, spürte wieder die Kälte und biss in Vorbereitung auf einen weiteren Versuch die Zähne zusammen. Sie konnte hier nicht bleiben. Sie musste sich befreien.
    Los, Jillian, tu was!
    Das Handy! Wo war es? In ihrer Handtasche? Musste ihre Handtasche nicht irgendwo hier liegen? … Auf dem Beifahrersitz war sie nicht, aber dort, auf dem Boden unter dem Handschuhfach. Sie reckte sich, streckte den Arm aus, so weit sie konnte, und versuchte, den grellen Schmerz in ihrem Knöchel und in der Brust zu ignorieren. Wenn sie nur ihre Handtasche zu fassen bekäme … Der Riemen war nur noch Zentimeter von ihren Fingern entfernt. Sie stieß sich ab, hing über der Konsole, reckte sich, sosehr sie konnte … streckte die Finger … streifte den Riemen. »Mach schon«, drängte sie, Entschlossenheit in der Stimme. Ihr Atem stand wie Nebel in der Luft. »
Mach
schon.« Sie gab ihr Letztes. Mehr noch. Spürte, wie etwas in ihrem Knöchel knackte. »Au! Uuuh …« Zähneknirschend krümmte sie den Mittelfinger um den Riemen und zog die Handtasche zu sich heran. Das unglückselige Handy fiel heraus! Auf den Boden.
    »Nein!«
    Es lag in Reichweite. Sie bekam das schlüpfrige Gerät zu fassen, bevor es wegrutschte. Keuchend hielt sie das Handy umklammert, als hätte sie Angst, es könnte ihr aus der Hand springen.
    »Bitte, lass mich Empfang haben«, flüsterte sie. Das Pochen im Knöchel, den Schmerz hinter den Augen, das Blut auf den Wangen und der Stirn beachtete sie nicht. Das Handy war eingeschaltet, aber man sah keine Balken für die Empfangsstärke, und auf dem Display stand:

Weitere Kostenlose Bücher