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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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braunes Haar und braune Augen hatte und sich ziemlich gut in Form hielt, doch an seine Züge erinnerte sie sich nicht, jedenfalls nicht im Moment. Außerdem war er Anwalt in Helena, besser gesagt, Verteidiger.
    Zwar entsann sie sich nicht, warum, aber sie war sich ziemlich sicher, dass Mason zumindest zum Teil ein Grund dafür war, dass sie sich überhaupt in Montana aufhielt.
    Die Kälte wurde zu einer tröstlichen Decke, legte sich über sie, während sie weiter zitterte.
Nicht aufgeben. Kämpfe, Jillian, kämpfe!
    Sie zwang sich, die Augen zu öffnen. »Hilfe!«, schrie sie noch einmal, entschlossen, einen Ausweg aus dieser Zwangslage zu finden. »Hört mich denn niemand? Hier unten bin ich! Hilfe!« Erneut drückte sie auf die Hupe.
    Doch die Worte hallten durch die Schlucht zurück an ihre Ohren, verspotteten sie in ihrer Naivität und Angst, die Scheinwerfer leuchteten immer schwächer, während die Batterie sich leerte, die Hupe gab kaum mehr als ein leises Quaken von sich.
    Sie hörte nicht auf, doch binnen Minuten war die Batterie leer. Jillian hieb auf die Hupe, doch die blieb still, und auch ihre Stimme war nur noch ein verzweifeltes, heiseres Flüstern, während die Scheinwerfer nur noch trübe Lichtkegel warfen.
    Sie war allein in der Dunkelheit.
    So erschöpft, wie sie war, konnte sie nichts mehr tun außer warten und beten und versuchen, wach zu bleiben, die Kälte und die Bewusstlosigkeit in Schach zu halten, bis da nur noch Stille war.
    Dunkle, beunruhigende Stille.
    Sie dachte über ihr Leben nach und über die, die sie liebte. Würde sie sie jemals wiedersehen? Oder war dies das Ende? War ihr Leben tatsächlich vorbei?
    Ein Schatten im gesprungenen Rückspiegel bewegte sich. Er schien weit entfernt zu sein und war doch merkwürdig fehl am Platz, ein huschender dunkler Fleck in dieser weißen Landschaft.
    Ihr Herz machte einen Satz. Sie drehte den Kopf. Suchte mit Blicken die sich verdunkelnde Gegend ab. Hatte jemand sie gefunden?
    Bildete sie es sich nur ein? Oder war da draußen jemand oder etwas? Vielleicht war es nur der fallende Schnee, eine optische Täuschung.
    Schon öffnete sie den Mund, um zu rufen, hielt sich aber zurück, bevor ihr ein Ton entschlüpft war.
    Es bestand die Möglichkeit, dass da gar nichts war. Dass ihr Bewusstsein ihr etwas vorgaukelte.
    Mit bis zum Zerreißen gespannten Nerven spähte sie in die Nacht hinaus, und ihr Herz hämmerte.
    Ein Retter hätte doch nach ihr gerufen. Jemand, der hier unten suchte, hätte ihr Auto entdeckt. Oder?
    Und warum sonst sollte sich jemand in dieser einsamen, eisigen Schlucht aufhalten?
    Wieder eine Bewegung in dem gesprungenen Spiegel. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Wieder wollte sie um Hilfe rufen, und wieder klappte sie den Mund zu und biss sich auf die Zunge. Verzweifelt versuchte sie, die Bewegungen in der Dunkelheit auszumachen.
    Halluzinierte sie?
    Oder …
    Du musst das Risiko eingehen. Ob Freund oder Feind, du brauchst Hilfe! Wenn du mit dem Leben davonkommen willst, darfst du nicht hier im Auto bleiben.
    Und doch … Sie rührte keinen Muskel, und die Welt begann, sich um sie herum zu drehen, als stünde sie kurz vor einer Ohnmacht. Mühsam hielt sie die Augen geöffnet und blickte wachsam um sich.
    Eingeklemmt in ihrem Wagen, nicht in der Lage, sich zu befreien, und völlig allein, war sie ein so leichtes Opfer. Lähmende Angst befiel sie.
    Zum ersten Mal seit dem Unfall fühlte sie sich so verletzlich, dem ausgeliefert, der oder das da draußen war. Die Haut im Nacken prickelte, und sie wehrte sich gegen den Drang zu schreien. Mit angespannten Muskeln starrte sie durch die geborstene Scheibe.
Sei bitte harmlos. Bitte … ach, bitte …
    Wieder eine Bewegung.
    Sie schnappte nach Luft, hätte beinahe geschrien, riss sich aber zusammen. Sie griff nach einer Scherbe, schnitt sich dabei in die Hand, doch sie brauchte etwas, was sie als Waffe benutzen konnte.
    Sei nicht blöd,
sagte sie zu sich selbst, doch mit dem pulsenden Blut raste Angst durch ihre Adern, und immer noch spürte sie eine Welle von Dunkelheit, die sie zu überrollen drohte.
Fall nicht auf deine eigenen wilden Einbildungen und auf deine Angst herein. Du hast zu viele Serienkiller-Filme angesehen. Ruf nach dem Menschen da draußen. Du brauchst Hilfe. Du benötigst ärztliche Behandlung, sonst stirbst du.
    Dennoch widerstand sie dem Drang zu schreien und gab nicht einmal ein Flüstern von sich.
    Weil sie es wusste.
    Tief im Inneren wusste sie es.
    Sei es

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